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22.11.08 / Blutiger Machtkampf droht / Nordkorea: Kim Jong-ils Schwager Jang Song strebt an die Spitze

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-08 vom 22. November 2008

Blutiger Machtkampf droht
Nordkorea: Kim Jong-ils Schwager Jang Song strebt an die Spitze

Schon seit mehr als drei Monaten ist Kim Jong-il nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten. Obwohl vom Norden schrill bestritten, steht mittlerweile für alle Beobachter der nordkoreanischen Politik fest, daß Kim (66) Mitte August einen schweren Schlaganfall erlitten hat, von dem er sich – wenn überhaupt – nur langsam erholt. Seine Krankenvertretung wird von seinem Schwager Jang Song Taek (62) ausgeübt. Er nimmt die Befehle Kims entgegen und leitet sie an die Staatsorgane weiter, so heißt es. Damit könnte Jang der neue starke Mann werden. Doch in der nordkoreanischen Machtelite, deren Mitglieder schon beim vergangenen Wechsel von Kim Il-sung, dem Senior, zu Kim Jong-il, dem Junior, meist mit tödlichem Ausgang gegeneinander ausgespielt wurden, traut niemand dem anderen.

Jang selbst hat eine steile Parteikarriere gemacht, wurde an deren Kaderschmiede in Pjöngjang ausgebildet, studierte dann drei Jahre in Moskau, heiratete Kims jüngere Schwester Kim Kyong Hui und wurde Chef der Organisations- und Führungsabteilung der Arbeiterpartei. 2004 fiel er vorübergehend in Ungnade, angeblich wegen seines luxuriösen Lebensstils, und wurde in die Provinz verbannt. Doch schon ein Jahr später ernannte ihn Kim zu seinem Geheimdienstchef. Formell ist Jang in der Partei für die Kontrolle der Polizei, Richter und Staatsanwälte zuständig. Ein Bruder Jangs ist als General für den Militärbezirk Pjöngjang und die Verteidigung der Hauptstadt verantwortlich. Auch ein zweiter Bruder ist Armeegeneral. Seine Familie ist also in Partei, Armee und Geheimdienst bestens positioniert. Es wird angenommen, daß er sich zusammen mit seiner Frau Kyong Hui und Kims ältesten Sohn, dem vom Vater verstoßenen Kim Jong-nam (37), für eine Fortsetzung der Dynastie verbünden könnte. Jang selbst hat wenig überlebende Feinde in der Partei. Er läßt Rivalen nämlich lieber umbringen, als sie in die Provinz oder in Arbeitslager zu verbannen. Meist sterben sie bei Lkw-Unfällen. Dennoch sieht man in Südkorea Jang als intelligenten und brutalen Machthaber, der aber vorhersehbar agiert, lieber als die Armeegeneräle, von denen etliche regelmäßig mit Waffengängen in den Süden drohen. Tausende von Geschützen sind in Grenznähe mit Zielrichtung Seoul, das nur 20 Kilometer von der Demarkationslinie entfernt liegt, in Bunkerstellungen eingegraben.

Auch reaktiviert Nordkorea wieder sein nukleares Rüstungsprogramm. Die Siegel der Atominspekteure der Internationalen Atomenergiebehörde hat es im September brechen lassen, die Inspektoren des Landes verwiesen und wieder Anreicherungsprogramme aufgenommen. Möglicherweise will Nordkorea damit wie in der Vergangenheit höhere Nahrungsmittelhilfen und Energielieferungen erpressen. Wahrscheinlich wollen die Verantwortlichen auch die neue Regierung in Washington auf die Probe stellen. Im Gegensatz zum hartgesottenen McCain halten sie Obama für ein außenpolitisch unbedarftes  Weichei, dem man größere Konzessionen abzutrotzen hofft. Doch droht Nordkorea gleichzeitig ab 1. Dezember mit der Schließung seiner Grenzen, auch gegenüber Geschäftsreisenden und Touristen aus China. Auch der lukrative Betrieb seiner von Südkorea finanzierten neuen Industriestadt Kaesung nahe der Demarkationslinie wäre damit gefährdet. Grenzschließungen hatten in Nordkorea stets wenig mit dem Ausland zu tun. Sie waren stets Zeichen eines blutigen Machtkampfes, bei dem man keine Zeugen wünschte.            A. Rothacher


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