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22.11.08 / Grüne für Totalausstieg / Öko-Partei will auch alle Kohle- und Gaskraftwerke abschalten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-08 vom 22. November 2008

Grüne für Totalausstieg
Öko-Partei will auch alle Kohle- und Gaskraftwerke abschalten

Mit für Beobachter erstaunlicher Härte haben die Grünen auf ihrem Bundesparteitag darüber gestritten, ob die Abschaltung aller Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke schon in 20, 30 oder erst in 40 Jahren abgeschlossen sein soll. Auf Empfehlung von Ex-Umweltminister Jürgen Trittin einigten sich die Delegierten schließlich darauf, die Abschaltung „möglichst“ bis 2030, aber „spätestens“ bis 2050 in die Tat umzusetzen.

Wie realistisch solche Szenarien sind, spielte auf dem Parteitag offenbar weniger eine Rolle als die Symbolkraft eines Ausstiegsbeschlusses. Auch Union und SPD nutzen die Energiefrage als Munition im anschwellenden Wahlkampf 2009, wie der jüngste Schlagabtausch zwischen Niedersachsens CDU-Ministerpräsident Christian Wulff und SPD-Bundesumwelt- und -energieminister Sigmar Gabriel gezeigt hat.

Die großen Energiekonzerne nehmen den Politikerstreit eher gelassen hin. Ihnen geht es nicht um Punktsiege in Symboldebatten als vielmehr um echte wirtschaftliche Vorteile in einem sehr realen Markt. Einem Markt, der seit der Liberalisierung des deutschen Strommarktes 1998 und des Gasmarktes 2004 hart umkämpft ist. Dabei haben die Anbieter weniger die kleinen Privatkunden im Blick als die Großabnehmer in der Industrie. Die Wechselquote bei Kleinkunden ist bislang gering. bei der Industrie sieht das schon anders aus. Am Strommarkt lag die Wechselquote laut Bundesnetzagentur 2006 bei Privathaushalten nur bei 2,2 Prozent, bei Großkunden jedoch zwischen zehn und elf Prozent.

Dabei produzieren die vier großen Stromerzeuger Eon, EnBW, RWE und Vattenfall zusammen rund 80 Prozent des Stroms. Und sie wollen, oder wollten zumindest, noch mehr: Bei der angestrebten Ausdehnung zielten sie auf die Stadtwerke, die sich von den Grenzen ihres einst vom Staat festgelegten Versorgungsbezirks gelöst haben und weiträumig ihre Dienste auch fernab ihrer Heimatgemeinden anbieten.

Doch nun schob der Bundesgerichtshof (BGH) erstmals einen Riegel vor die weitere Ausdehnung der Stromriesen. Eon wurde eine Minderheitenbeteiligung an den Stadtwerken Eschwege verboten. Begründung: Der Erwerb von Minderheitsbeteiligungen sei bloß eine „Salamitaktik“, mit der die Stromriesen eine marktbeherrschende Stellung anstrebten, um Preise diktieren zu können. Schon jetzt ist Eon an 134, RWE an 70 der insgesamt rund 900 Stadtwerke beteiligt.

Wie Eon auf das Urteil reagiert, blieb bis Redaktionsschluß unklar. Als eine mögliche Variante wurde sogar diskutiert, daß der Konzern alle seine Stadtwerke-Anteile wieder verkaufen könnte.

Auch am Gasmarkt dominieren wenige große Anbieter. Daß der  Endverbraucherpreis trotz Einbruch der Weltmarktpreise kaum gefallen ist, führen Kritiker auf die Vormacht der Wenigen zurück. Doch auch hier sind Gerichte auf der Hut: Vergangene Woche wurde dem Gasversorger EWE vom Landgericht Gera der Erwerb der Geraer Anteile am Gasversorger VNG untersagt. VNG ist der zweitgrößte Konzern der neuen Bundesländer.          Hans Heckel


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