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29.11.08 / Raus aus der irakischen Todesfalle / Abzug der US-Truppen bis Ende 2011 – Neues Abkommen mit dehnbaren Bestimmungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-08 vom 29. November 2008

Raus aus der irakischen Todesfalle
Abzug der US-Truppen bis Ende 2011 – Neues Abkommen mit dehnbaren Bestimmungen

Das am 17. November von Iraks Außenminister Hoschyar Zebari und US-Botschafter Ryan Crocker unterzeichnete Abkommen heißt neutral „Status of Forces Agreement“, kurz SOFA. Zum Ausruhen dürfte dieses „Abkommen über den Status der Truppen“ aber kaum geeignet sein. Denn für die Iraker ist es ein Abkommen über den „Truppenabzug“ und für die US-Regierung ein „Stationierungs-“ oder „Sicherheitsabkommen“.

Die Besatzungstruppen – derzeit 150000 Mann – sollen gemäß SOFA bis Mitte 2009 aus den irakischen Städten und bis Ende 2011 aus dem Land abgezogen sein. Bis dahin sind sie – wenigstens theoretisch – mit Beschränkungen ihres Handlungsspielraums konfrontiert: Bei militärischen Operationen stehen sie „unter irakischem Kommando“ und Razzien dürfen sie nur nach Anordnung durch irakische Gerichte durchführen. Theoretisch behindert SOFA auch den vielfach erwarteten israelischen, amerikanischen oder gemeinsamen Angriff auf den Iran. Und ebenfalls theoretisch muß die Türkei für Militäroperationen gegen Kurden im Nordirak künftig in Bagdad statt in Washington um Erlaubnis anfragen.

Das Dekret Nr. 13303, mit dem Präsident Bush einst allen Militärangehörigen sowie dem Personal der ausländischen Firmen einschließlich der von „Sicherheitsfirmen“ beschäftigten Söldner Straffreiheit für alle im Irak begangenen Taten zugesichert hatte, wird zwar nicht aufgehoben. Doch billigt SOFA den irakischen Behörden die Strafverfolgung von Taten zu, die dieser Personenkreis „in der Freizeit“ begehen sollte.

Beide Regierungen standen unter Zeitdruck, denn der Präsenz fremder Truppen im Irak drohte das völkerrechtliche Deckmäntelchen abhanden zu kommen. Dieses war nach der völkerrechtswidrigen US-Invasion im März 2003 durch eine UN-Sicherheitsrats-Resolution im Mai 2003 nachgeliefert worden. Sie bestätigte im Grunde nur die laut Völkerrecht ohnehin eindeutige Verantwortlichkeit der Besatzungsmacht für die innere und äußere Sicherheit des besetzten Landes, enthielt aber auch eine Befristung bis Ende 2007. Diese wurde vom UN-Sicherheitsrat bis Ende 2008 gestreckt, doch eine weitere Verlängerung hätte Komplikationen mit den Veto-Mächten Rußland und China gebracht.

Der schiitische Ministerpräsident Nuri Al-Maliki hat es mit dem Abzug der US-Truppen nicht eilig, denn sie garantieren den Fortbestand seiner bunt zusammengewürfelten Koalitionsregierung und schützen ihn vor einem etwaigen Putsch des Militärs oder der Miliz des Schiiten-Führers Moktada Al-Sadr. Auch die Verbesserung der Sicherheitslage in den letzten Monaten steht nur auf tönernen Füßen: Erstens gibt es nach Flucht oder Vertreibung von 4,7 Millionen Irakern weniger Reibungsflächen in einst gemischten Gebieten. Und zweitens haben die USA im Kampf gegen den Untergrund zuletzt mit Erfolg sunnitische Stammesmilizen eingesetzt, deren Angehörige nach einem US-Abzug mit Racheakten rechnen müssen – so wie ja auch die laufende Christenverfolgung wesentlich damit zu tun hat, daß die USA mit Vorliebe irakische Christen für Hilfsdienste angeheuert haben.

Gegen die Ratifizierung des Abkommens durch das irakische Parlament regt sich vielfältiger Widerstand, vor allem von radikalen Schiiten, die einen sofortigen Abzug fordern. In den USA ist hingegen keine Ratifizierung nötig – und die Regierung kann SOFA jederzeit wieder kündigen. Der künftige US-Präsident Obama hat zwar einen beschleunigten Truppenabzug versprochen, doch dies unter der selbstverständlichen Annahme, daß die Vereinigten Staaten von Amerika weiterhin Militärbasen im Irak behalten werden – unbefristet.         R. G. Kerschhofer


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