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29.11.08 / Ost-Deutsch (93): jugoslawisch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-08 vom 29. November 2008

Ost-Deutsch (93):
jugoslawisch
von Wolf Oschlies

Wenn die journalistische Faustregel zutrifft, daß man kritische Leserbriefe mit hundert, lobende mit tausend multiplizieren muß, um repräsentative Lesermeinung zu eruieren, dann – stehe ich ganz gut da. Nicht wenige PAZ-Leser äußerten sich beifällig über „Ost-Deutsch“, zuletzt Hildegard Hägi-Modersbach aus Zürich, Gründerin und Leiterin des „Freundeskreises Ostpreußen-Schweiz“. Zwei Fragen hatte sie noch. Wo die Slawen denn nun herkämen? Das wüßten ich und die Fachwelt auch gern, nachdem wir seit Jahrhunderten darüber rätseln. Und: Was „jugoslawisch“ sei?

„Jugoslawisch sollte Unwort des Jahres sein“, fauchte vor 15 Jahren ein in Deutschland heimischer Kroate. Ihm könnte das wohl passen, uns nicht, denn das Adjektiv „jugoslawisch“ – von allslawisch „jug“ (Süden) abgeleitet – ist deutsche Wertarbeit! Geprägt hat es der geniale Polyhistor August Ludwig von Schlözer (1735–1809), dem die Russen heute noch ob seiner Wiederentdeckung der altrussischen Nestor-Chronik dankbar sind. Der Slowene Kopitar, milder Oberzensor der Habsburger Monarchie, hat es 1816 aufgegriffen und Jakob Grimm, Mentor und Briefpartner des größten südslawischen Sprachreformers Vuk Karadzic, hat es 1824 zum europäischen Allgemeingut gemacht. Die Südslawen selber mußten sich an den Begriff erst gewöhnen, ab 1837 tauchte er bei ihnen auf – häufig in Debatten, ob man „Jugoslavjan“ oder „Jugoslav“ sei –, und als 1843 Fürst Metternich den bis dahin frequenten Begriff „Illyrer“ verbot, gab es nur noch „Jugoslawen“.

Hauptpromotor „jugoslawischer“ ethnokultureller Einheit war Josip Juraj Stroßmayer (1815–1905), genial-eigenwilliger Bischof der Kroaten, die ihn ob seiner deutschen Herkunft nur „kleiner Schwabe“ nannten. 1866 gründete Stroßmayer eine „jugoslawische Akademie“, die südslawische Kulturarbeit förderte. 1918 entstand das „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“, das sich 1929 in „Jugoslawien“ umbenannte. Die Herrschaftsform änderte sich, der Name blieb, bis 1991 Jugoslawien zerbrach und 2003 auch die restliche „Bundesrepublik Jugoslawien“ (Serbien und Montenegro) unterging. Es blieben nur „Jugonostalgiker“, als Schimpfwort geprägt, für mich ein Ehrentitel.


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