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29.11.08 / Der letzte Kaiser von China / Vor 100 Jahren bestieg Pu Yi den Thron des Reiches der Mitte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-08 vom 29. November 2008

Der letzte Kaiser von China
Vor 100 Jahren bestieg Pu Yi den Thron des Reiches der Mitte

Am 2. Dezember 1908 bestieg der letzte Kaiser von China den Thron. Später wurde Pu Yi Exilant, Präsident, abermals Kaiser, Gefangener, Gärtner und schließlich Archivar.

Chinas letzter Kaiser Pu Yi aus dem mandschurischen Fürstengeschlecht der Aisin Gioro wurde am 7. Februar 1906 in Peking geboren. Pu Yi wurde nicht Kaiser durch Vererbung – sein Vater Tschün II. war nämlich nur Prinz –, sondern weil ihn die Kaiserwitwe Ci-Xi hierzu bestimmte. Im November 1908 setzte ihn seine Großtante als Thronfolger ein und ließ ihn in die Verbotene Stadt bringen. Ci-Xi war die Nebenfrau von Kaiser Xianfeng und hatte mit ihm den Sohn Dzai Dschün, der seinem Vater 1861 als Kaiser Tongzhi auf den Thron folgte. Nach dem plötzlichen Tod von Tongzhi im Alter von 18 Jahren ernannte die Kaiserinwitwe ihren Neffen Dzai Tiän unter dem Regierungstitel Guangxu zum Kaiser. Doch dieser starb am 14. November 1908 kinderlos, und am darauffolgenden Tag die Kaiserwitwe. Es gab Gerüchte, daß Ci-Xi den Kaiser Guangxu hatte vergiften lassen, um Pu Yi den Weg frei zu machen.

Am 13. November 1908 erreichte Pu Yi die Verbotene Stadt, am 2. Dezember 1908 bestieg er als Kaiser Xuan den Thron und regierte bis 1912 sowie noch einmal im Jahre 1917 im Zuge einer knapp zweiwöchigen Restaurationsperiode das Kaiserreich China als letzter Machthaber der Qing-Dynastie, die seit 1644 das Land beherrschte. Getrennt von der Mutter wuchs Pu Yi in der Abgeschiedenheit der Palastanlage auf – umgeben von 3000 Eunuchen und gelenkt von Beamten, die eine korrupte Politik betrieben und den minderjährigen Kaiser von der Wirklichkeit im Land abschotteten.

Am 12. Februar 1912 wurde Pu Yi von Yuan Shikai und den Republikanern zur Abdankung gezwungen. In einem Edikt zur „Wohlwollenden Behandlung“ sagte man ihm weiterhin Titel und Würden zu, ebenso das Wohnrecht im Kaiserpalast in der Verbotenen Stadt. Außerdem erhielt er eine jährliche Apanage.

Als jedoch die Nationalisten die Forderung erhoben, das Edikt zu revidieren und von ihm verlangten, auf die meisten seiner Privilegien zu verzichten. verließ Pu Yi 1924 den Palast. Er wurde vor die Wahl gestellt, entweder das Leben eines gewöhnlichen wohlhabenden Staatsbürgers im Lande zu führen oder zu emigrieren. Pu Yi wählte die Emigration und ließ sich im japanischen Konzessionsgebiet Tianjin nieder.

Als Ergebnis der Mandschurei-Krise von 1931 schufen die Japaner 1932 den Staat Mandschukuo, und machten Pu Yi erst zu dessen Präsidenten und 1934 zu dessen Kaiser. Bis zu dessen Ende 1945 stand Pu Yi als Kaiser Kang Teh dieses lediglich von einigen wenigen Ländern – darunter Deutschland und Italien – anerkannten Staates.

Nach der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg am 14. August 1945, geriet Pu Yi in sowjetische Gefangenschaft. Von der Sowjetunion und der mit ihr verbündeten 1949 gegründeten Volksrepublik China wurde Pu Yi als Kriegsverbrecher behandelt. Bis 1950 saß er in Tschita und Chabarowsk im Gefängnis. Im August 1950 wurde er an die Volksrepublik China überstellt und war anschließend bis 1959 in der Mandschurei in Haft, wo er einer Umerziehung unterzogen wurde.

Nach seiner Begnadigung auf Anordnung Mao Zedongs im Jahre 1959 führte Pu Yi ein einfaches Leben, erst als Gärtner und später als Archivar an einem Institut für Geschichte der Universität in Peking. Im Jahre 1964 wurde er von der KP-nahen „Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes“ (PKKCV) in ihr Nationalkomitee gewählt. Im selben Jahr veröffentlichte Pu Yi in der Volksrepublik China eine dreibändige Autobiographie, die unter dem Titel „Ich war Kaiser von China“ 1973 auch in der Bundesrepublik Deutschland erschien. In diesen Memoiren stellt Pu Yi sich als neuen, geläuterten Menschen dar. Inwieweit die Memoiren authentisch oder diktiert sind, blieb unklar. Sein Vorhaben, auch den letzten Teil seines Lebens, jenen als Bürger in der Volksrepublik, darzustellen, konnte er nicht mehr verwirklichen. Durch die Kulturrevolution seelisch und körperlich gebrochen verstarb er am 17. Oktober 1967 in Peking an Nierenkrebs.   

Corinna Weinert

Foto: Szene aus „Der letzte Kaiser“: Bernardo Bertolucci verfilmte 1987 das Leben von Pu Yi (kleines Foto).


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