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29.11.08 / Sein Einfluß erstreckte sich auf halb Europa / Im Dezember 1718 fiel Schwedens junger König Karl XII. – »Schwedisch-Pommern« teilweise verloren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-08 vom 29. November 2008

Sein Einfluß erstreckte sich auf halb Europa
Im Dezember 1718 fiel Schwedens junger König Karl XII. – »Schwedisch-Pommern« teilweise verloren

Durch sein exzentrisches Auftreten, seinen zeitweise halb Europa beherrschenden Einfluß und seinen jähen Tod beschäftigte der Schwedenkönig Karl XII. zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Gemüter aller aufgeschlossenen Zeitgenossen.

Karl wurde als Sohn des schwedischen Königs Karl XI. am 27. Juni 1682 geboren. Als sein Vater 1647 unerwartet mit 42 Jahren starb, setzte der damals schon energische 15jährige Königssohn bei den zögernden schwedischen Ständen durch, daß er nach wenigen Monaten für volljährig erklärt wurde. Er hatte viele vorteilhafte Anlagen, zu denen eine ungewöhnliche Sprachbegabung und ein reges, umfassendes Interesse gehörten, die während seines Heranwachsens von ausgewählten Lehrern hervorragend gefördert wurden.

Allerdings fielen bereits früh sein ungestümer, stolzer Charakter und eine ausgeprägte Beratungsresistenz unangenehm auf. Er war sich sehr bald seiner Position als schwedischer Thronfolger bewußt und spielte schon als Kind virtuos auf dem Instrument der absoluten Macht.

Was sich im 18 Jahrhundert noch öfter wiederholen sollte, geschah auch in diesem Fall: Die Jugend und militärische Unerfahrenheit des Thronerben verführten fremde Mächte zu den Versuch, sich auf Kosten des von einem scheinbar unbedarften Herrscher geleiteten Staates zu bereichern. Im Falle Karls XII. waren das die anderen nordischen Mächte Dänemark, Polen und Rußland, die sich im Jahre 1699 gegen König Karl XII. verbündeten und Schweden den Krieg erklärten.

Im März 1700 begann der Große Nordische Krieg mit einem Angriff der Dänen auf den Schwager Karls, den Herzog von Holstein-Gottorp. Karl kam seinem angeheirateten Verwandten – selbstverständlich nicht nur aufgrund freundschaftlicher Gefühle – mit einer Flotte, die bei Kopenhagen landete, zu Hilfe. Schon im August 1700 wurde mit Dänemark ein Frieden geschlossen.

Karl wandte sich unmittelbar danach gegen die beiden anderen Mächte, die ihm den Krieg erklärt hatten, landete in Estland und erfocht am 20. November 1700 zum Erstaunen Europas bei Narwa mit 8000 schwedischen Soldaten einen Sieg über 40000 Russen. Statt sich aber dann der endgültigen Ausschaltung der Russen zuzuwenden, ließ sich Karl in die unübersichtlichen Verhältnisse in Polen hineinziehen und bekämpfte den von ihm gehaßten Kurfürsten von Sachsen, August den Starken, der damals König von Polen war.

Zwar erreichte Karl XII. durch seine militärischen Erfolge in Polen, daß der Woiwode Stanislaus Leszinski im Juli 1704 zum polnischen König gewählt wurde. Aber inzwischen hatte Zar Peter der Große sein Heer neu organisiert und 1703 auf damals noch schwedischem Gebiet seine neue Hauptstadt Sankt Petersburg gegründet. Karl wollte aber zunächst Sachsen völlig in die Knie zwingen, verheerte das ganze Land und zwang August den Starkem im Frieden von Altrandtstädt am 24. September 1706, selbst dem Thron zu entsagen, den neuen König von Polen anzuerkennen und sich von Rußland zu lösen.

Jetzt glaubte Karl XII., sich gegen Rußland wenden zu können. Am 22. August 1707 brach er mit 45000 Mann nach Rußland auf. Der Zar praktizierte erstmals die auch später immer wieder erfolgreiche russische Taktik, sich immer weiter ins Land zurückzuziehen, die Nachschublinien des Gegners zu beeinträchtigen und ihn durch kleine Gefechte zu schwächen.

Im Juni 1708 ließ sich Karl XII. von dem Kosakenhetman Iwan Mazeppa dazu überreden, in die Ukraine einzufallen, deren Abfall von Rußland ihm in Aussicht gestellt wurde. Davon konnte aber keine Rede sein, so daß Karl mit dem Rest seiner Truppen Winterquartiere weit entfernt von seiner Heimat beziehen mußte. Anstatt im nächsten Frühjahr den Rück­zug anzutreten, belagerten die Schweden die Stadt Poltawa, wo sie am 8. Juli 1709 eine verheerende Niederlage einstecken mußten.

Der König rettete sich mit 500 Mann über die osmanische Grenze nach Bender im heutigen Moldawien. Im Herbst November 1714 verließ Karl XII. nach Aufforderung des Sultans das Osmanische Reich. In Verkleidung und nur von einem Obersten begleitet, ritt er in 16 Tagen durch Ungarn, Österreich, Bayern, Westfalen und Mecklenburg bis ins damals schwedische Stralsund, wo er am 17. November 1714 ankam.

Wer nicht schon Gegner war, den bewog sein undiplomatisches Verhalten, sich gegen ihn zu wenden, wie den Vater Friedrichs des Großen, König Friedrich Wilhelm I., der 1715 Stralsund eroberte. Karl XII., der vier Tage vor der Einnahme der Stadt nach Schweden fliehen konnte, gab aber nicht auf, reorganisierte vielmehr sein Heer und seine Flotte. Gegenstand seiner Begierde war nun Norwegen, das er zweimal überfiel, um aus dem Lande Ressourcen für die eigenen Pläne zu ziehen. Aber bei der Belagerung der Festung Fedrikshald traf ihn, als er sich unvorsichtigerweise zu weit über die Brüstung eines Laufgrabens gebeugt hatte, am 11. Dezember 1718 ein tödliches Geschoß.

Schweden verlor in den Friedensschlüssen der Jahre 1720 und 1721 fast alle Gebiete südlich der Ostsee. Durch Interventionen des Kaisers konnte der preußische König allerdings nur das Gebiet östlich der Peene seinem Reich einverleiben, obwohl er ganz Schwedisch-Pommern erobert hatte.         Jürgen Ziechmann

Foto: Karl XII. im Jahre 1697: Gemälde von David Klöcker Ehrenstrahl (1628–1698)


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