29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
06.12.08 / Ein unwirklich ruhiger Parteitag / Harmonie bis an die Grenze der Langeweile bei der CDU – Merkel völlig unangefochten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-08 vom 06. Dezember 2008

Ein unwirklich ruhiger Parteitag
Harmonie bis an die Grenze der Langeweile bei der CDU – Merkel völlig unangefochten

Ohne Sensationen und Überraschungen verlief der CDU-Bundesparteitag in Stuttgart. Die von Angela Merkel unangefochten beherrschte Partei rechnet mit Wahl-erfolgen im Jahr 2009 und kennt derzeit kaum innere Konflikte.

Fragte man im Vorfeld des Parteitages mit seinen jeweils etwa 1000 Delegierten, Gästen und Journalisten nach möglichen Spannungsfeldern, so wurde am häufigsten die Steuerpolitik genannt. Nicht nur die CSU, auch mehrere Ministerpräsidenten der CDU hatten in den Tagen vor dem Treffen mehr oder weniger deutlich verlangt, die hoch belasteten Bürger nicht erst nach der Bundestagswahl 2009 steuerlich zu entlasten. Nicht nur die (von niemandem offen geäußerte) Ansicht, daß Wahlgeschenke mehr bewirken könnten als Wahlversprechen, sondern vor allem der Hinweis auf den empfindlichen Abschwung wurde als Argument für diese gewiß populäre Forderung genannt.

Doch Angela Merkel und ihre Unterstützer hatten genug Gründe für ihr Zögern. Genüßlich listete die Parteivorsitzende rund ein halbes Dutzend der geläufigsten Vorschläge zur Konjunkturbelebung auf und resümierte spitz: „Viele Vorschläge widersprechen einander. Manche widersprechen sogar sich selbst. Spätestens da sollten wir widersprechen.“

Im direkten Gespräch mit den Beratern der Kanzlerin, das am Sonntagabend beim Presseempfang im Neuen Schloß möglich war, wurden die Nachteile konjuktureller Schnellschüsse konkretisiert. Neben der Belastung der Staatsfinanzen bestehe die Möglichkeit, daß der Bund sein Pulver zu früh verschieße und mangels Masse nicht mehr wirksam agieren könne, falls sich die Lage noch einmal verschlechtern sollte – eine Sorge, die mehrfach mit Blick auf die riesigen Konjunkturprogramme der USA geäußert wurde. Ein weiterer Einwand  gegen rasche Steuersenkungen oder gar Konsumgutscheine sei, daß die Bürger ihre Ausgaben deswegen gar nicht erhöhten, sondern nur ohnehin geplante Ausgaben mit dem Gutschein finanzierten und ihre Ersparnis um den selben Betrag erhöhen würden. Da solche Überlegungen nicht nur von Kanzler-Vertrauten geäußert wurden, sondern auch von selbstbewußten und potentiell Merkel-kritischen Ministerpräsidenten, war bereits bei der Eröffnung des Treffens am Montagmorgen absehbar, daß trotz der politisch und vor allem wirtschaftlich so bewegten Zeiten ein ausgesprochen harmonischer Parteitag zu erwarten wäre. Am Ende fiel sogar die Wortmeldung des als Merkel-Kritiker geltenden Fried-rich Merz so moderat aus, daß das aufmerksam lauschende Publikum nur mit Mühe – manche sagen: mit Phantasie – Unterschiede zum Kurs der Vorsitzenden ausmachen konnte.

Tatsächlich gibt es in der CDU momentan weder Streit um inhaltliche Positionen noch um Ämter. In der Sache gibt es viel Konsens, und die Claims sind abgesteckt. Die Partei erwartet Zuwächse, aber eben nach außen, im Konflikt mit der SPD: Man rechnet fest mit dem Erfolg in Hessen am 18. Januar. Dort steht die CDU aktuell bei 41 Prozent, eine Koalition mit der FDP erscheint erreichbar, zumal sich die SPD des Landes in beispielloser Weise weiter demontiert: Eine Art öffentliche Unterschriftensammlung von SPD-Politikern gegen die eigene Landesvorsitzende und Fraktionschefin, nur sieben Wochen vor einer Landtagswahl – wann hat es das schon gegeben? Ministerpräsident Roland Koch, der in den vergangenen Monaten nach Einschätzung der CDU souverän agiert hat, wurde dagegen mit einem Ergebnis von fast 89 Prozent bei der Wahl zum Parteivize klar der Rücken gestärkt.

Auch bei der Europawahl im Juni 2009 rechnet sich die CDU gute Chancen aus, und erst recht bei der Präsidentenwahl im Mai. Hier ist eine klare Mehrheit für Horst Köhler inzwischen praktisch sicher, und die SPD hat sich die absehbare Niederlage selbst organisiert, indem sie gegen den überaus populären Bundespräsidenten Horst Köhler mit der umstrittenen Gesine Schwan eine eigene Kandidatin ins Rennen schickte.

Mit Blick auf den Herbst 2009 scheint es für die CDU fast nur noch darum zu gehen, ob die Große Koalition mit größeren CDU-Anteilen fortgesetzt werden kann oder ob es doch zu einer favorisierten schwarz-gelben Koalition reicht. Angesichts der großen und in den zurückliegenden, schwierigen Wochen weiter gestiegenen Popularität von Angela Merkel – gerade auch im direkten Vergleich der Spitzenpolitiker – scheint bei der CDU kaum mehr jemand eine Wahlniederlage zu befürchten. Allerdings hängt diese Sicherheit völlig davon ab, ob die derzeitige SPD-Führung wirklich von der rot-rot-grünen Option die Finger läßt. Denn bei den letzten Umfragen im November kamen Union und FDP im Bund zusammen auf etwa 48 Prozent, die drei linken Parteien hingegen in der Summe auf 46 beziehungsweise 49 Prozent. Tatsächlich sind die Umfragen für die Union im Bund mit Werten um die 36 Prozent keineswegs berauschend. Vor diesem Hintergrund hat das Fehlen von Kritik an der SPD schon überrascht. Da auch thematisch kaum Neues zu vernehmen war, blieb das größte Ereignis des Parteitags ein „Nicht-Ereignis“: Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit sprach der CSU-Vorsitzende kein Grußwort, Horst Seehofer blieb wegen der Krise der Bayerischen Landesbank fern. Auch das nahm dem Parteitag einen Höhepunkt. Die Balance zwischen CDU und CSU könnte sich dauerhaft verschoben haben.   K. Badenheuer

Foto: Hauptsache harmonisch? Angela Merkel, Günter Oettinger (l.) und Ronald Pofalla feierten die Geschlossenheit der CDU.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren