29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
06.12.08 / Zehn Milliarden einfach weg / Bayern muß seine Landesbank in letzter Minute retten: Jahrelange Sparanstrengungen zunichte gemacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-08 vom 06. Dezember 2008

Zehn Milliarden einfach weg
Bayern muß seine Landesbank in letzter Minute retten: Jahrelange Sparanstrengungen zunichte gemacht

Jetzt auch Bayern: Ausgerechnet die staatlich geleiteten Banken haben sich am schlimmsten verspekuliert. Die Bürger müssen hilflos zusehen, wie Milliarden an Steuergeldern in den schwarzen Löchern der Finanzmärkte verschwinden. Dabei dürften die bislang genannten Zahlen noch längst nicht das Ende der Fahnenstange markieren.

Der bayerische Landesverband des Bundes der Steuerzahler hat vergangenen Dienstag gegen den Vorstand der Bayern-LB Strafantrag gestellt. Vorwurf: Verdacht der Untreue.

Der Freistaat, eben noch stolz auf seine Rolle als Hort der fiskalpolitischen Stabilität und von vielen Deutschen außerhalb Bayerns dafür respektiert und beneidet, macht dieser Tage eine für seine jüngere Geschichte beispiellose Höllenfahrt durch.

Freitag vergangener Woche verkündete Ministerpräsident Horst Seehofer den dramatischen Ernst der Lage. Sie hätten den CSU-Chef noch nie so erschöpft, so  düster erlebt, sagen Beobachter. Dabei hoffte Seehofer zu diesem Zeitpunkt offenbar noch, daß von den zehn Milliarden, welche die Bayern-LB als direkte Nothilfe vor dem Untergang bewahren sollen, drei Milliarden vom Finanzmarkt-Stabilisierungsfonds der Bundesregierung, genannt Soffin, übernommen würden.

Daraus aber wurde nichts: Die vollen zehn Milliarden bleiben an Bayern hängen. Die Gesamtverschuldung des Freistaats schnellt damit von 22 auf 32 Milliarden Euro in die Höhe. Sämtliche schmerzhaften Konsolidierungsbemühungen, jahrelanges Sparen für einen ausgeglichenen Landeshaushalt gehen damit praktisch über Nacht zuschanden. Bayerns Bürger, welche die Sparbemühungen ihrer Landesregierung trotz aller Einschränkungen eisern unterstützt haben in dem Glauben, ihrem Freistaat damit aus der Schuldenfalle zu helfen, müssen den Eindruck gewinnen: Es war alles für die Katz, verjubelt in undurchschaubaren Finanzmarktpapieren irgendwo in der Welt.

Und es kann noch schlimmer kommen: Weitere 15 Milliarden Euro gewährt der Soffin der Bayern-LB als Ausfallbürgschaft. Darüber hinaus wird ein Risikoschirm für riskante Anlagepapiere der Bank in Höhe von sechs Milliarden Euro aufgespannt. Angesichts der nach wie vor völlig unklaren Lage an den Weltfinanzmärkten scheint beinahe sicher, daß die Bürgschaften nicht bloß theoretischer Natur sind. Mit weiteren Ausfällen ist zu rechnen.

Nachdem selbst die größte deutsche Landesbank, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) unlängst in Schieflage geriet, scheint keine der sieben Landesbanken mehr sicher zu sein. Die HSH-Nordbank (Hamburg, Schleswig-Holstein) und die West-LB Nordrhein-Westfalens haben bereits um Hilfe gerufen. Die He-laba von Hessen und Thüringen sowie die Nord-LB (Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und 92,5 Prozent der Bremer LB) beteuern zwar, auf fe-sten Grundlagen zu stehen. Aber das dachten die Marktbeobachter kürzlich auch von der LBBW noch.

Und Bayern? Noch im September, so kritisiert der bayerische Steuerzahlerbund, sei von Ausfallrisiken in Höhe von zwei Milliarden Euro die Rede gewesen. Vor nur einem Monat stieg die Summe auf 6,4 Milliarden und nun auf zehn. Mit dem Abbau von 5600 ihrer 19200 Stellen will sich die Bayern-LB bis 2013 konsolidieren, das Auslandsgeschäft wird stark eingeschränkt, das in Asien fast völlig eingestellt. Wobei sich allen Außenstehenden abermals die Frage stellt, was eine Landesbank, deren zentrale Aufgabe die Förderung des heimischen Mittelstands ist, auf all den fernen Finanzplätzen eigentlich zu suchen hatte.

Nun soll es wieder hauptsächlich um Bayern gehen; die Zusammenarbeit mit den Sparkassen wird nach dem Willen der Landesbanker verstärkt. Die bayerischen Sparkassen hatten ihren Anteil an der Bayern-LB zuletzt deutlich reduziert.

Diese Abkoppelung der Sparkassen von den Landesbanken sei genau der falsche Weg gewesen, findet der Finanzexperte und ehemalige CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz. Merz sprach sich zudem gegen Pläne aus, die sieben deutschen Landesbanken als Reaktion auf die Krise zu drei großen Instituten zusammenzuschließen: „Wenn man sieben Fußkranke zu dreien fusioniert, werden doch nicht drei Gesunde daraus.“

Statt dieser „horizontalen“ Verschmelzungen von Landesbanken mit Landesbanken schlägt Merz vor, „vertikal“ Landesbanken und Sparkassen zu integrieren. Von dieser Integration sollte man staatliche Beihilfen an die strauchelnden Institute zwingend abhängig machen, denn „sonst machen die Landesbanken morgen so weiter wie heute“, fürchtet Merz.

Kritiker sehen in den Landesbanken ohnehin vor allem ein Macht- und Postenversorgungsinstrument von Landespolitikern. Deshalb wachten sie trotz aller Ka-tastrophen nach wie vor argwöhnisch über ihren Einfluß in den angeschlagenen Häusern – buchstäblich koste es, was es wolle.

Im Falle Bayerns war eine Beteiligung des Bundes an der Finanzspritze zuletzt daran gescheitert, daß Bayern den Soffin nur als „stillen Teilhaber“ akzeptieren wollte, der zu zahlen, aber nicht mitzureden hatte. Das lehnten die Verantwortlichen des Bundesfonds postwendend ab, woraufhin Bayern auf den Milliardenkosten allein sitzenblieb.               Hans Heckel

Foto: Dunkle Schatten über München: Selbst der Bayerische Löwe vor der Zentrale der Bayerischen Landesbank scheint finster und kraftlos zu schauen.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren