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06.12.08 / Wie Otto IV. Herrscher wurde / Vor 800 Jahren ging der Welfe als Etappensieger aus dem Deutschen Thronstreit hervor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-08 vom 06. Dezember 2008

Wie Otto IV. Herrscher wurde
Vor 800 Jahren ging der Welfe als Etappensieger aus dem Deutschen Thronstreit hervor

Fast 18 Jahre lang, von 1198 bis 1217, rangen Staufer und Welfen um die Vorherrschaft im Heiligen Römischen Reich. Die Wahl des Welfen Otto IV. zum deutschen König im November 1208 war eine wichtige Etappe in dieser Auseindersetzung.

Den Machtkampf zwischen Friedrich Barbarossa und Heinrich dem Löwen hatte ersterer für sich entscheiden können. Der Welfe Heinrich wurde entmachtet, und Friedrich blieb bis zu seinem Tode im Jahre 1190 unumstrittener Herrscher des Heiligen Römischen Reiches mit dessen Kerngebiet Deutschland. Doch nach dem Tod von Friedrichs Sohn, Kaiser Heinrich VI., im Herbst 1197 im süditalienischen Messina brach der Konflikt wieder auf. Der Deutsche Thronstreit begann.

Heinrich VI. hatte mit seiner Ehefrau Konstanze von Sizilien einen Sohn, Friedrich. Dieser Knabe war beim Tode seines Vaters erst zwei Jahre alt, doch schon vor dem Tode seines Vaters auf dessen Druck hin 1196 zum römisch-deutschen König gewählt worden. Nach dem Tode Heinrichs VI. versuchte dessen Bruder Philipp von Schwaben, seinen Neffen aus Süditalien nach Deutschland zu holen, um ihn hier in Aachen zum König krönen zu lassen. Ein in Mittelitalien ausbrechender reichsfeindlicher Aufruhr hinderte ihn jedoch, zu seinem Neffen zu gelangen, und so zog er unverrichteter Dinge ohne den Jungen aus Italien wieder Richtung Deutschland ab.

Um seiner Familie den Thron zu sichern, ließ Philipp sich deshalb nolens volens selber am 8. März 1198 zum römisch-deutschen König wählen. Adolf I. von Altena kam es als Erzbischof von Köln nun zu, den gewählten König in dem zu seinem Erzbistum gehörenden Aachen zu krönen. Adolf war jedoch an einem starken Staufer-Herrscher nicht gelegen, und so suchte er nach einer Alternative. Er fand sie in Heinrichs des Löwen Sohn Otto von Poitou. Dieser Welfe wurde am 9. Juni 1198 von ihm samt fürstlichen Mitstreitern zum Gegenkönig gewählt. Einen guten Monat später, am 12. Juli 1198, krönte Adolf Otto in Aachen zum römisch-deutschen König. Am 8. September 1198 zog Philipp nach. Er ließ sich gleichfalls, allerdings in Mainz und vom Erzbischof von Tarantaise, zum König krönen.

Im Heiligen Reiche gab es nun ein Patt. Otto war am richtigen Ort, nämlich Aachen, vom richtigen Erzbischof, nämlich dem von Köln, gekrönt worden. Dafür war Philipp im Besitze der Reichsinsignien einschließlich Reichskrone und hatte die Mehrheit der Fürsten und Erzbischöfe hinter sich.

Wenn zwei sich streiten, freut sich nicht selten ein dritter. Das war in diesem Falle der Papst. Auf dem Heiligen Stuhl saß seit 1198 mit Innocenz III. ein Mann, der so machtbewußt war wie jung an Jahren. Erst 37 war Kardinal Lothar von Segni, als er auf den Apostolischen Stuhl kam. Um seine Gunst begann nun ein Wettrennen des Staufers und des Welfen, da es ihm zukam, den römisch-deutschen König zum Kaiser zu krönen. Dabei hatte Otto die Nase vorn, da er sich auf Kosten des Reiches zu noch größeren Zugeständnissen an den Papst bereit erklärte als Philipp. Und so ergriff Innocenz für den Welfen Partei.

Das nützte diesem allerdings wenig, da der Staufer auf militärischem Gebiete erfolgreicher war. Zu jenen, die nun die Fahne wechselten, gehörte auch der Erzbischof von Köln. Am 6. Januar 1205 krönte Adolf Philipp in Aachen zum König. Philipp war nun auch wie sein Widersacher Otto von rechter Hand am rechten Ort zum König gekrönt worden.

Um die Welfen zu versöhnen, sollte Otto eine der vier Töchter Philipps erhalten, und tatsächlich heirateten seine Älteste, die 1198 geborene Beatrix, und der 1175/76 zur Welt gekommene Welfe im Jahre 1212. Nun brauchte der Staufer nur noch den Papst von seinem Widerstand abzubringen, und der Weg zur Kaiserkrönung in Rom schien frei. Entsprechende Verhandlungen liefen bereits in der Ewigen Stadt. Auch hier sollte wohl eine der Töchter Philipps zur Versöhnung beitragen, indem sie einen Neffen des Papstes heiratete. Die Rechnung war jedoch ohne den bayerischen Pfalzgrafen Otto VIII. von Wittelsbach gemacht. Auf eine der Töchter Philipps erhob nämlich er Anspruch. Da Philipp diesen jedoch nicht anerkannte, griff der jähzornige Wittelsbacher in einer Audienz am 21. Juni 1208 in Bamberg zum Schwert und schlitzte dem Staufer-König die Halsschlagader auf.

Mit dem ersten deutschen Königsmord hatte der Deutsche Thronstreit eine unerwartete Wendung genommen. Die verabredete Hochzeit seiner ältesten Tochter Beatrix mit Otto, die eigentlich dazu hatte dienen sollen, die Welfen mit Philipps Herrschaft zu versöhnen, trug nun dazu bei, die Staufer mit Ottos Herrschaft zu versöhnen. Philipp hatte nämlich keinen Sohn, der sich als Nachfolger angeboten hätte. Am 11. November 1208 wurde deshalb Otto einmütig zum König gewählt.

Um sich der Unterstützung des Pontifex zu vergewissern, sicherte er diesem nicht nur weitere politische Zugeständnisse zu, sondern bezeichnete sich gar als König nicht nur von Gottes, sondern auch des Papstes Gnaden. Dem Stellvertreter Gottes auf Erden schrieb er: „Was wir bisher waren, was wir sind oder sein werden im Reich, verdanken wir nächst Gott ganz Euch und der römischen Kirche.“ Am 4. Oktober 1209 krönte Innocenz den König, den er als „den Mann nach meinem Herzen“, als „meinen Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe“ bezeichnete, in Rom zum Kaiser.     M. Ruoff

Foto: Otto IV. und Innocenz III.: Eifrigst umwarb der Welfe den Papst.


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