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06.12.08 / Gegen die Besatzer / Jürgen Todenhöfer fragt Iraker, warum sie im Widerstand sind

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-08 vom 06. Dezember 2008

Gegen die Besatzer
Jürgen Todenhöfer fragt Iraker, warum sie im Widerstand sind

„Warum tötest du, Zaid?“ fragte Jürgen Todenhöfer den jungen Iraker Zaid auf seiner Reise in das vom Krieg zerstörte Land. „Warum tötest du, Zaid?“ lautet auch der Titel des vorliegenden Buches, das neben der bewegenden Geschichte des jungen Mannes noch weitere Schicksale erzählt.

Leider beginnt der „Medienmanager“, wie Todenhöfer sich selbst bezeichnet, sein Buch mit einem 30seitigen, allgemeinen Vorwort, das unmotiviert das Tempo aus dem Lesefluß nimmt. „Warum tötest du, Zaid“ ist dabei eigentlich die Antwort, die den Leser brennend interessiert, der sich nun erst einmal durch allgemeine Informationen zur Versöhnung zwischen Juden, Christen und Moslems sowie Berichte über andere Reisen des Autors kämpfen muß.

Da der ehemalige Bundestagsabgeordnete der CDU nicht als „embedded journalist“ der US-Truppen den Irak bereisen will, reist er als eingebetteter Journalist mit dem irakischen Widerstand – von einem Extrem ins andere also. Wie er genau Kontakt zum Widerstand bekommen hat und inwieweit die Namen der Betroffenen geändert wurden, um sie vor Festnahmen durch die US-Truppen oder die irakische Regierung zu schützen, ist dem Buch nicht eindeutig zu entnehmen. Stattdessen weist der Autor darauf hin, daß man ihn in Deutschland bestimmt verurteilen werde, weil er außer mit irakischen Widerständlern – wenn auch eher ungewollt – sogar mit einem Al-Kaida-Kämpfer spricht. Verurteilen? Bestimmt werden einige einwenden, daß man nicht mit Terroristen verhandele, wobei die meisten der Personen, mit denen er spricht, keine Terroristen sind, sondern nur frustrierte Einheimische, die mit passivem Widerstand im kleinen gegen die US-Besatzer aufbegehren. Jedenfalls sehen sie sich so.

Häufig ist ihre Sicht auch nachvollziehbar geschildert – so mancher Deutscher hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg ähnlich gefühlt – allerdings macht sich Todenhöfer zum Sprachrohr dieser Personen und zeigt sogar Verständnis für echte Attentäter. Geradezu gerührt reagiert Todenhöfer auf Zaids Bericht, daß er bei einem Attentat den Zünder nicht aktivieren konnte, da in der Nähe der zu tötenden US-Soldaten auch ein alter Iraker gewesen sei. Spätestens mit dieser Reaktion verläßt Todenhöfer den Standpunkt des objektiven Berichterstatters: Daß Iraker – anders als die meisten aus dem Ausland eingeschleusten Al-Kaida-Kämpfer – einheimische Opfer bei ihrem Terror nicht akzeptieren, macht ihr Tun keineswegs weniger kriminell.

Die Willkür, mit der die US-Amerikaner im Irak agieren, ist indes wirklich erschreckend. Es ist grauenhaft, daß ein Mensch wie Zaid nach dem gewaltsamen Tod seiner jüngeren Brüder jeglichen Lebensmut verloren hat, ja, daß bald jede große Familie mindestens einen Toten zu beklagen hat. Und obwohl der Kampf offiziell beendet ist, sterben täglich Zivilisten oder verschwinden zum Teil auf Nimmerwiedersehen ohne Gerichtsverfahren in Gefängnissen. Es ist schrecklich, daß so viele Menschen täglich um ihr Überleben kämpfen müssen und zumindest in der bereisten Region um Ramadi ohne Freiheiten leben. Überall sind Militärabsperrungen, überall können US-Soldaten Irakern befehlen und beschneiden somit deren Würde und Selbstbestimmung. Aber ist Terror die richtige Antwort? Ist Moral nur etwas, was sich Menschen, die in Wohlstand und Frieden leben, leisten können? Todenhöfer übergeht derartige Fragen weitgehend, gibt nur wieder, was ihm die befragten Iraker, deren Aussagen ihm von einem Englisch sprechenden Widerständler übersetzt wurden, erzählt haben. Selbst wenn nur die Hälfte davon stimmt, so ist es unglaublich, welches Leid den Menschen im Irak widerfährt. Und doch ist beklemmend, wie offen der Autor auch mit gewalttätigen Irakern sympathisiert.

Er hat zwar recht, wenn er beklagt, daß man in Europa den Irakkrieg viel zu oft nur aus Sicht der USA betrachtet, nur sehr selten die Lage der Iraker berück-sichtigt, doch sein vorliegendes Buch ist den Irakern trotz aller wertvoller Informationen keine Hilfe, da ihm die Objektivität fehlt.

Am Ende wird noch deutlicher, daß hier kein seriöser Experte schreibt. Ohne nähere Differenzierung zitiert der Autor seitenweise aus der Bibel und dem Koran, um zu belegen, daß beide grausame und frauenfeindliche Passagen haben. Dabei erwähnt der Autor nicht, daß die Christen mit ihrer Bibel heute anders umgehen als die meisten muslimischen Länder mit dem Koran: Kein Christ im Westen tötet heute unter Hinweis auf das Alte Testament Ketzer oder Zauberer, während Steinigungen und Amputationen in etlichen arabischen Ländern unter Hinweis auf Scharia und Koran weiterhin üblich sind.             Rebecca Bellano

Jürgen Todenhöfer: „Warum tötest du, Zaid?“. C. Bertelsmann, München 2008, geb., 335 Seiten, 19,95 Euro


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