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13.12.08 / Motor der Industrialisierung / Die bewegende Geschichte der Eisenbahnen in Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-08 vom 13. Dezember 2008

Motor der Industrialisierung
Die bewegende Geschichte der Eisenbahnen in Deutschland

Die deutsche Eisenbahngeschichte begann an einem Montagmorgen: Am „7. December 1835, Punct 9 Uhr“ setzte sich in Nürnberg ein mit 200 Personen besetzter Festzug „wie von selbst, wenn auch nicht pfeilgeschwind“ in Bewegung, um nach nur neun Minuten das sechs Kilometer entfernte Fürth zu erreichen. Angetrieben wurde das neuartige Schienengefährt vom „Adler“, der Dampflokomotive Nummer 118 aus der Produktion der Firma Stephenson & Co im englischen Newcastle.

Mit dieser historischen Fahrt nahm die „Kgl. privilegierte Ludwigsbahn“ als erste deutsche Eisenbahngesellschaft den Betrieb auf. Das königliche Privileg beschränkte sich neben der amtlichen Zulassung allerdings darauf, daß Seine Majestät zwei Aktien im Nennwert von je 100 Gulden erwerben ließ – dabeisein war alles, von Börsenzockerei konnte bei 132000 Gulden Stammkapital dieser allerersten Bahn AG keine Rede sein.

Die ersten Jahre des rasanten Eisenbahnbaus in Deutschland waren fast ausnahmslos von privatwirtschaftlichen Kapitalgebern geprägt. Die erste – privat betriebene – Fernstrecke über 115 Kilometer von Dresden nach Leipzig wurde am 7. April 1839 eröffnet, in Preußen stand die ebenfalls private Strecke Berlin–Potsdam am 29. Oktober desselben Jahres erstmals unter Dampf.

Ende 1840 waren gerade einmal 550 Bahnkilometer in Betrieb, ein Jahrzehnt später bereits 6044 km. Und es ging zügig weiter: Ende 1870 dampfte und fauchte es auf 19575 km. Zur Jahrhundertwende war das deutsche Streckennetz auf über 50000 km angewachsen.

Lange Zeit glich das Streckennetz einem Flickenteppich, spiegelte also die politische Lage Deutschlands wider. 1835 zählte der Deutsche Bund noch 39 souveräne Staaten. Daß sie just zu dieser Zeit wenigstens eine deutschlandweite Zollunion zustande brachten, beflügelte den  Waren- und Personenverkehr. So wurde die Eisenbahn zum Motor der Industrialisierung.

Und nicht nur das. Die neu gewonnene Mobilität ging einher mit tiefgreifendem sozialen und politischen Wandel. Der Unternehmer Friedrich Harkort, bekannt als „Vater des Ruhrgebiets“, sah die Eisenbahn als „Leichenwagen des Absolutismus und Feudalismus“. Folgerichtig befand König Ernst August von Hannover: „Ich will keine Eisenbahn in meinem Lande, ich will nicht, daß jeder Schuster und Schneider so rasch reisen kann wie ich!“ Lange hielt diese Abwehrposition nicht, das Königreich Hannover eröffnete bereits 1843 eine eigene Staatsbahn.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war es nicht Karl Marx, sondern Otto von Bismarck, der eine vollständige Verstaatlichung des Eisenbahnwesens forderte. Zu mehr als einem Artikel in der Reichsverfassung kam es jedoch nicht, erst am 1. April 1920 entstand die Reichsbahn. Am 7. September 1949 benannten sich die Bahnen in der aus den drei Westzonen entstandenen Bundesrepublik in Deutsche Bundesbahn um, in der DDR blieb es bis zu deren Ende beim Namen Reichsbahn.             H.J.M.


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