26.04.2024

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13.12.08 / Ost-Deutsch (95): Haus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-08 vom 13. Dezember 2008

Ost-Deutsch (95):
Haus
von Wolf Oschlies

In ganz Rußland gäbe es keine sauberen, gemütlichen Kneipen, mäkelte 1912 der „Rußland-Baedeker“. Knapp 100 Jahre später kann ich Besserung vermelden: In Petersburg fand ich ein ganzes Rudel kuscheliger Gast-häuser, alle unter dem Signet „kofe chaus“, was nicht nur sprachlich ans geruhsame Wiener „Kaffeehaus“ erinnern soll.

Das deutsche „Haus“ geht auf die indogermanische Wurzel „skeu“ zurück, die „umhüllen, bedecken“ bedeutete und bis heute in der „Scheune“ fortlebt. Das Haus kennen auch die Slawen, zum Beispiel die Bulgaren, bei denen vor Zeiten ein schöner Witz umlief: Honecker kommt nach Sofia, sieht den neuen Nationalen Kulturpalast und lobt „goljama kaschta“ (großes Haus). Kurz darauf ist KP-Chef Shiwkow in Ost-Berlin, sieht den Palast der Republik und lobt: „großes chaos …“

Bei den Russen heißt das Haus „dom“, bei den Tschechen „dum“, aber tschechische Dialekte kennen auch „hauz“ nebst Komposita wie „hausarest“, „hauzmajstor“ und ähnliche. Solche Wörter finden sich bei Südslawen gehäuft, wie beim Bäcker Insanic aus Banja Luka, „cija pekarna mirisase hljebom iz haustora“ (dessen Bäckerei aus dem Haustor nach Brot duftete). Im bosnischen Banja Luka leben Serben, in Zagreb Kroaten, die durchs „haustor“ gehen. Den Serben in Serbien ist hingegen „Haustor“ nur als Name einer Band geläufig. In mazedonischen Anzeigen wird ein „hauzmajstor“ gesucht, und auf tschechischen Gewässern findet sich immer häufiger ein „hausbót“.

Weiter geht’s bei der tschechischen Polizei und ihren Kenntnissen gewisser Jargons: „Hausparty – V kruzich lidi zneuzivajicich drogy se tim mysli na vecirek, kde se berou drogy“ (Hausparty heißt bei Drogenabhängigen eine Abend-Fete, bei der man Drogen nimmt). Oder die Zagreber Wochenzeitung „Globus“ vor einigen Jahren: „HTV jos cvrsce privezao pregacu stranacke hausfrajle, pa glanca li, glana“ (Das Kroatische Fernsehen hat noch fester den Dress eines Partei-Hausfräuleins angezogen zum ewigen Schönfärben). „Hausfrajla“ ist ein „Agramerismus“, ein Germanismus aus Zagreb, das zu Habsburger Zeiten Agram hieß. Wie auch „hausfrau“ oder „hauserica“, letztere das Zagreber Pendant der Pariser „concierge“.  


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