© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-08 vom 13. Dezember 2008

Armes Europa
von Konrad Badenheuer

Am 1. Januar übernimmt die Tschechische Republik die EU-Ratspräsidentschaft. Ungewöhnlich große Aufgaben sind im darauffolgenden Halbjahr zu lösen, von der Vorbereitung der Wahl zum Europäischen Parlament im Juni über den Fortgang des Prozesses der Ratifizierung des Lissabon-Vertrages bis zum Klimaschutz. Mit dem Amtsantritt Barack Obamas Ende Januar ist auch das Verhältnis der 490-Millionen-Gemeinschaft zu Wa-shington neu zu justieren, während zugleich der Dialog mit

Moskau der EU diplomatische Spitzenleistungen abverlangt. Alle diese Herausforderungen stehen im Schatten der Wirtschaftskrise, bei der die künftige EU-Ratspräsidentschaft angesichts unterschiedlicher nationaler Problemlagen und Sichtweisen eine schwierige Koordinierungsaufgabe zu meistern hat.

Das Land, das diese Herkulesaufgabe meistern soll, wird von einem Präsidenten geführt, der aus seiner Ablehnung der EU kein Geheimnis macht. Václav Klaus mischt dabei anders als etwa der deutsche Präsident weiterhin in der Parteipolitik mit. Einer hochrangigen Delegation des Europäischen Parlaments hat Klaus vor wenigen Tagen einen Vorgeschmack gegeben, wie sich Europa unter tschechischem Vorsitz gerieren könnte. Tschechien steht selbst im Vorwahlkampf und wer das Land kennt, weiß, daß tschechischen Politikern das böhmische Hemd allemal näher ist als der Brüsseler Rock. Die EU hat schwierige Monate vor sich.