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03.01.09 / Auf See gilt das Gesetz des Stärkeren / Piratenbekämpfung vor Somalia – Parallelen mit Operationen des Deutschen Ritterordens

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-09 vom 03. Januar 2009

Auf See gilt das Gesetz des Stärkeren
Piratenbekämpfung vor Somalia – Parallelen mit Operationen des Deutschen Ritterordens

Die Deutsche Marine kann nach der Entscheidung des Bundestages auf Piratenjagd vor Somalia gehen. Mit bis zu 1400 Soldaten und der Fregatte „Karlsruhe“ beteiligt sich Deutschland an der EU-Mission „Atalanta“. Zu den Aufgaben der Soldaten gehört es, Hilfstransporte für das vom Bürgerkrieg zerrissene Somalia und zivile Schiffe zu schützen. Der Einsatz ist zunächst auf ein Jahr befristet.

Die Fregatte „Karlsruhe“ kreuzt derzeit als Teil des Anti-Terror-Einsatzes „Operation Enduring Freedom“ (OEF) gemeinsam mit der Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ im Golf von Aden. Künftig sollen je nach Bedarf Schiffe aus dem OEF-Einsatz herausgelöst und der EU-Piraten-Bekämpfung unterstellt werden. Dies soll auch für andere deutsche Schiffe gelten, die im Rahmen von Nato-Verbänden in der Region unterwegs sind. Insgesamt sollen sechs Schiffe und drei Flugzeuge im Rahmen der EU-Mission zum Einsatz kommen.

Die Piraten, die zuletzt Schlagzeilen durch die Kaperung eines großen Öltankers und eines Waffentransporters machten, müssen sich nun auf veränderte Verhältnisse einstellen. Die Quelle lukrativer Einnahmen – man spricht unter der Hand von über 150 Millionen Dollar gezahlter Lösegelder – dürfte nun bald versiegen. Denn die hochgerüstete Streitmacht der Koalition wird kaum lange fackeln, wenn ein Angriff droht oder erfolgt ist. Und jeder Seemann weiß: Auf dem Wasser ist die Beweislage schwierig und es gilt das Gesetz des Stärkeren. Die einfachen und oft nur aus Holz gefertigten Schiffe der modernen Seeräuber sind zwar schwer mit Radar zu orten, aber um so leichter zu versenken.

„Historisch“ kann man den militärischen Einsatz gegen die Piraten gleich in zweifacher Hinsicht nennen. Zum einen ist es das erste Mal in ihrer Geschichte, daß die Marine der Bundeswehr zum Schutz von Handelsschiffen vor Seeräubern eingesetzt wird. Zum anderen liegt der letzte große deutsche Einsatz gegen Piraten bereits mehr als 600 Jahre zurück. Im 14. Jahrhundert machte die berüchtigte Piratenbande des legendären Klaus Störtebeker vor der Nord- und Ostseeküste von sich reden. Störtebeker, der von manchen Linken bis heute als „Robin Hood der Meere“ verehrt wird, fügte den sogenannten „Pfeffersäcken“, den Besitzern der Handelsschiffe der Hanse, jahrelang empfindliche Verluste zu. Genauso wie die Reeder unserer Tage sahen die Kaufleute der Hanse seinem Treiben lange untätig zu und schrieben die verlorene Ladung beziehungsweise ganze Schiffe ab. Erst als die Seeräuber immer dreister wurden und sie schließlich im Jahr 1392 eine ganze Hansestadt, das durch dicke Mauern geschützte Visby auf Gotland, eroberten, besannen sich die vornehmen Hanseaten auf militärische Mittel. Denn Visby diente in ganz ähnlicher Weise als Operationsbasis für die Piraten wie das heutige Harardhere in Somalia, wo derzeit der gekaperte Öltanker auf Reede liegt.

Auf Initiative des im heutigen Ostpreußen residierenden Deutschen Ritterordens gelang schließlich die Operation. Der 25. Hochmeister des Ordens, Konrad von Jungingen (1355–1407), der sich für den Handel in der östlichen Ostsee verantwortlich fühlte, rüstete 1398 eine Kriegsflotte von 84 Schiffen mit 4000 Mann Besatzung aus. Mit dieser gewaltigen Streitmacht, gegen die selbst die heutige EU-Mission recht bescheiden wirkt, segelten die Ordensritter in Richtung Visby und konnten die verschanzten Seeräuber schließlich „ausräuchern“, einen Teil der Freibeuter gefangennehmen und den Rest vertreiben.

Störtebeker und seinem Kumpan Gödeke Michels gelang die Flucht aus Visby. Sie verlegten daraufhin ihr Tätigkeitsfeld in die Nordsee. Erst 1401 gelang es dann einer neuen Armada der Hanse, die Seeräuber vor Helgoland zu stellen. Störtebeker und 70 seiner Kumpane wurden schließlich auf dem Grasbrook in Hamburg geköpft und ihre Schädel in einer langen Reihe aufgespießt.

Sollten die Piraten der Gegenwart von Deutschen gefangengenommen werden, würde ihnen auch heute wieder in Hamburg der Prozeß gemacht. In der Strafprozeßordnung heißt es, daß für eine Straftat, die „außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes im Bereich des Meeres begangen wird, der Gerichtsstand Hamburg“ sei. Zwar wird dann auf dem Grasbrook, wo derzeit das große Neubaugebiet der „HafenCity“ entsteht, keiner mehr geköpft werden, aber das Ziel von Gefangennahme und Verurteilung von Piraten bleibt das gleiche: Der Welthandel soll auch weiterhin unbehelligt von Seeräubern florieren können.

Hinrich E. Bues


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