26.04.2024

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03.01.09 / Schlucht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-09 vom 03. Januar 2009

Schlucht
von Konrad Badenheuer

Das Lamento über den allgemeinen Niedergang eines Landes und seiner Moral ist fast so alt wie die Menschheit. Schon bei griechischen und römischen Autoren finden sich entsprechende Texte, und manche schließen daraus messerscharf: Den Niedergang kann es gar nicht geben, denn ein so lange andauernder, ständiger Verfall wäre eine Unmöglichkeit – so tief könnte keine Schlucht und kein Abgrund sein.

Doch dieser Schluß ist trügerisch, denn es gibt sehr wohl ein langfristiges Auf und Ab der politischen Kultur ganzer Gesellschaften und Länder. Man merkt es spätestens dann, wenn Staaten mit unterschiedlichem Stand an öffentlicher Moral friedlich oder im Konflikt aufeinandertreffen – etwa Ende der 1980er Jahre die als Staat verlogene DDR mit ihren 17 Millionen Insassen einerseits und die halbwegs integre Bundesrepublik unter dem braven Kanzler Kohl andererseits.

Seitdem ist es leider deutlich (weiter) abwärts gegangen. Viele Symptome und Belege dafür gibt es, vom Niedergang der Familie über die Auflösung tragender Bindungen und Überzeugungen bishin zu einem politischen Skandal wie dem auf Seite 4 dieser Zeitung dokumentierten.

Ziemlich alarmierend ist das Ausmaß, in dem die Bevölkerung in nicht ganz unwichtigen Fragen belogen wird – und zwar von Stellen, von denen man das nicht unbedingt erwarten würde.

Ein Beispiel: Anfang Dezember machte der Verlust von Millionen Kreditkartendaten der Landesbank Berlin die Runde – mitsamt PIN-Geheimzahl. Nun hat uns die Staatsanwaltschaft Frankfurt, eigentlich eine mit der Strafverfolgung befaßte Stelle, kurz vor Weihnachten eine Geschichte aufgetischt, die einem die Sprache verschlägt: Nein, es sei keine böse Absicht gewesen, vielmehr hätten zwei hungrige Mitarbeiter eines Kurierdienstes ein Päckchen aus Stuttgart an den Chefredakteur der „Frankfurter Rundschau“ geplündert und den darin befindlichen Christstollen verdrückt. Nach vollbrachter Tat sei ihnen dann eingefallen, daß dem Redakteur das ausbleibende Päckchen auffallen könnte. Ihre Lösung: Mit dem übrig gebliebenen Adresskleber wurde kurzerhand ein Paket eines Frankfurter Finanzdienstleisters umetikettiert, sagt jedenfalls die Staatsanwaltschaft. Die an die Landesbank Berlin adressierte Sendung enthielt nun just die Datensätze mit den verlorenen Kreditkartendaten, wobei nun statt wie bisher von mehreren Millionen Datensätzen plötzlich nur noch von „Tausenden“ die Rede ist.

Na, dann ist ja alles in Butter in Deutschland: Hier gibt es Kurierdienstmitarbeiter mit Röntgenblick, die den Inhalt ungeöffneter Pakete von außen erkennen. Leider sind sie aber debil, denn sie versuchen, einen Diebstahl dadurch zu „vertuschen“, daß sie aus zwei potentiellen Mitwissern vier machen.

Aber Hauptsache ist doch, daß es hierzulande keine ernsten Datenschutzprobleme bei den Banken gibt – genauso wenig wie beispielsweise bei der Telekom. Das beste aber: Unsere Strafverfolgungsbehörden, die arbeiten geradezu perfekt, um nicht zu sagen: wie geschmiert.

Genug des schwarzen Humors: Man muß sich um unser Land und seine Rechtspflege Sorgen machen. Leider haben auch nur wenige Medien ein Fragezeichen hinter die unglaubliche Christ-stollen-Geschichte gesetzt.

Sinnbild für unbedingten Freiheitswillen und die ersten Anfänge einer deutschen Identität: Das Hermannsdenkmal im Schnee auf dem Teutberg bei Detmold.     Bild: pa


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