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10.01.09 / Stunde der Wahrheit für Politiker / Das Jahr 2009 bringt insgesamt 16 Wahlen auf allen Ebenen – Deutschland im Dauerwahlkampf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-09 vom 10. Januar 2009

Stunde der Wahrheit für Politiker
Das Jahr 2009 bringt insgesamt 16 Wahlen auf allen Ebenen – Deutschland im Dauerwahlkampf

In diesem Jahr werden fünf Landtage, der Bundestag und das Europaparlament neu gewählt. Zudem stehen in acht Bundesländern die Kommunalpolitiker zur Wahl, und am 23. Mai läßt das Volk sein Staatsoberhaupt wählen.

Trotz Superwahljahr: Sofern wir Glück (oder auch Pech) haben, wird nebenher noch ein wenig Politik gemacht, allerdings wohl auch nur in Hinblick auf die jeweils anstehenden Wahltermine. Erst wenn nach dem Finale vom 27. September alle Stimmen ausgezählt, alle Elefantenrunden ausgestrahlt, alle Koalitionsoptionen ausgelotet und alle Plätze auf Regierungs- und Oppositionsbänken aufgeteilt sind, können wir, das Volk, der Souverän, darauf hoffen, daß wenigstens ein paar Monate lang unsere Politiker das machen, wofür wir sie gewählt haben – nämlich Politik, die von Sachargumenten bestimmt ist und nicht nur davon, womit man welchem Parteifreund bei welcher Wahl möglicherweise nützen oder schaden könnte. Allzu lange wird die Herrlichkeit der Daten und Fakten ohnehin nicht dauern – im Frühjahr 2010 stehen in Schleswig-Holstein und in Nord-rhein-Westfalen Landtagswahlen an, die Wahlkampf-Show muß weitergehen.

2009 konzentriert sich das Geschehen auf fünf Termine. Zum Auftakt sollen am 18. Januar die von Ypsilanti & Co. inszenierten hessischen Chaostage beendet werden. Am 23. Mai heißt es Köhler oder Schwan; bei der Bundespräsidentenwahl durch die Bundesversammlung ist das Volk allerdings nur Zuschauer. Am 7. Juni sind erstmals im Jahr 2009 alle 62 Millionen deutschen Wahlberechtigten zu den Urnen gerufen; sie sollen die 99 deutschen Mitglieder des Europaparlaments bestimmen. Zudem werden an diesem Tag in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Saarland, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg kommunale Parlamente neu besetzt. Am 30. August bestimmen Saarländer, Sachsen und Thüringer, wer sie für die nächsten fünf Jahre regieren soll. Am 27. September schließlich tritt Angela Merkel gegen Frank-Walter Steinmeier an; in Brandenburg wird parallel dazu ein neuer Landtag gewählt.

An diesen Tagen schlägt dann die Stunde der Wahrheit. Für die Politiker, die dafür einstehen müssen, was sie den Wählern vorher versprochen haben. Und nach dem hessischen Debakel darf man davon ausgehen, daß keine Partei sich weitere Glaubwürdigkeitsverluste dieses Kalibers wird leisten können.

Auch für die Meinungsforscher und Wahlpropheten schlägt dann die Stunde der Wahrheit. Längst wird in den einschlägigen Instituten nicht nur an raffinierteren Fragestellungen gefeilt, sondern auch an den Ausreden für den keineswegs unwahrscheinlichen Fall, daß der Wähler so souverän ist, wieder einmal anders zu entscheiden, als Allensbach oder Infratest, Forsa oder die „Forschungsgruppe Wahlen“ es vorausgesagt haben.

In diesem Jahr scheint das Risiko besonders hoch. Zwar gehört noch nicht viel prophetisches Talent dazu, für Hessen einen klaren Sieg des bürgerlichen Lagers anzusagen. Kochs CDU liegt stabil zwischen 41 und 43 Prozent, Ypsilantis sozialdemokratischer Scherbenhaufen bei 23 bis 25 Prozent. Da die FDP bei allen Instituten mit 13 Prozent veranschlagt wird, dürfte es sogar unerheblich sein, ob Honeckers Erben noch einmal die Fünf-Prozent-Hürde schaffen.

Überraschungen sind auch bei der Bundespräsidentenwahl kaum zu erwarten. Aus Sicht des Amts-inhabers gibt es nur einen Unsicherheitsfaktor: die Freien Wähler, die es in den bayerischen Landtag geschafft haben, eigentlich als eher dem Konservativen zugeneigt gelten, schon nach wenigen Monaten aber erste Anzeichen von Politikunfähigkeit offenbaren.

Dann aber beginnt das für Demoskopen verminte Gelände. Der 7. Juni – die Prognose sei gewagt – wird vermutlich alle bis dahin veröffentlichten Vorhersagen über den Haufen werfen. Bislang weiß niemand, wie die von Politikern und Meinungsmachern beschworene, vom Volk aber bislang hartnäckig ignorierte Wirtschaftskrise sich tatsächlich auswirkt. Die große Bandbreite der vom Wähler aussendbaren Signale zwischen Brüssel und Gemeinderat dürfte Voraussagen und Interpretationen zusätzlich erschweren.

Der Wahl im Saarland am 30. August kann Signalwirkung für den weiteren Urnengang der SPD mit der Linkspartei zukommen. Nach allen Umfragen der letzten Monate muß sich die SPD entscheiden zwischen der Rolle als Juniorpartner der CDU und der des knapp stärkeren Koalitions-Partners der Linken, die hier, in der Heimat von Oskar Lafontaine, bei über 20 Prozent steht.

Auch für die anderen zwei Landtagswahlen am 30. August (Sachsen, Thüringen) klaffen die Prognosen weit auseinander. Halbwegs sicher ist nur eines: Mit der Regierungsbildung wird man sich Zeit lassen, vor allem wo Rot-Rot droht. Da will sich vor der Bundestagswahl niemand eine Blöße geben, nicht einmal „Münte“, der zur Zeit damit beschäftigt ist, sich selbst sowohl links als auch rechts zu überholen.

Hans-J. Mahlitz

Foto: Rot-Rot auch im Westen? Auf den Chef der Saar-SPD, Heiko Maas, kommt eine heikle Entscheidung zu.


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