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10.01.09 / Experten suchen »Exit-Strategie« / Angesichts der Krise blähen die Notenbanken die Geldmenge auf – Viele Risiken und Nebenwirkungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-09 vom 10. Januar 2009

Experten suchen »Exit-Strategie«
Angesichts der Krise blähen die Notenbanken die Geldmenge auf – Viele Risiken und Nebenwirkungen

Auch diese Krise geht einmal vorüber. Aber was folgt ihr nach? Ein neuer, endlich wieder solider Aufschwung? Oder nur die nächste Blase, die noch größer und zerstörerischer ausfallen wird als die letzte? Experten warnen.

Militärs sprechen von der Notwendigkeit einer „Exit-Strategie“, abgeleitet vom englischen Wort „exit“ für Ausgang. Gemeint ist: Bevor man eine Operation beginnt, etwa den Einmarsch in ein Land, muß ein guter Plan aufgestellt sein, wie man da wieder herauskommt.

Das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Jürgen Stark hat den militärstrategischen Begriff in die Finanzmarktpolitik eingeführt. Seit über einem Jahr schon fluten die Notenbanken weltweit die Kapitalmärkte mit Billionen neuer Dollars, Euros und anderen Währungen, an ihrer Spitze der Chef der US-Notenbank, des „Federal Reserve Board“ (kurz: Fed), Ben Bernanke. Mit dem neu geschöpften Geld kaufte Bernanke unter anderem Anteile an gestrauchelten Immobilienfinanzierern oder die berüchtigten „Mortgage Backed Securities“. Das sind die Bündel aus großen­teils abzuschreibenden Hypothekenkrediten, die der US-Milliardär Warren Buffett als „Massenvernichtungswaffen“ auf dem Kapitalmarkt bezeichnet hat.

Auch wenn sich derzeit im Kreditwesen bedrohlich wenig tut, und die Unternehmen eine „Kreditklemme“ beklagen – Bernankes Milliarden sind auf dem Markt, wie auch die aus den Unterstützungsmaßnahmen der übrigen Notenbanken, und haben die Geldmenge entsprechend aufgebläht.

Klassischerweise folgt auf eine solche Aufblähung der Geldmenge ohne entsprechendes Wirtschaftswachstum („Geldmengen-Inflation“) mit Zeitverzögerung ein spürbarer Anstieg der Preise („Preis-Inflation“). Genau davor fürchtet sich Jürgen Stark. Angesichts der Ströme an frischem Notenbankgeld warnt er im „Managermagazin“: „Wir müssen sehr aufpassen, daß eine solche Politik nicht mittelfristig zu neuen Übertreibungen und zu steigender Inflation führt.“ Das Gegenteil von Inflation, die „Deflation“ (also die Spirale aus sinkenden Preisen, zurückgehender Produkion und wachsender Arbeitslosigkeit) gehöre „nicht zu meinen größten Sorgen“, so Stark.

Dem Laien gibt die derzeitige Politik von Regierungen und Notenbanken ohnehin Rätsel auf. Als Ursache des abrupten Abschwungs wird von allen Seiten das Platzen einer Blase ausgemacht, die aus zu billigen, kaum gesicherten Krediten und der damit angefachten uferlosen Verschuldung bestand. Eine Verschuldung, die als Finanzderivate verkleidet in den Kapitalmarkt geschoben und als „Wertpapiere“ (mit zweifelhaftem Wert) gehandelt herumgereicht wurde.

Nun soll der Ausweg aus der Krise ausgerechnet darin bestehen, die gigantischen Fehlspekulationen (vor allem der Banken) und eine falsche Investitionspolitik (etwa in der Auto-Industrie) durch eine noch viel höhere Verschuldung abzufedern? Kritische Fachleute nennen das „Feuer mit Feuer bekämpfen“ und warnen, daß am Ende nur verbrannte Erde übrigbleiben könnte.

Mit den Notenbank- und Regierungsmilliarden würde im ungünstigsten Fall nämlich nur die nächste, noch größere Blase aufgepumpt, mit deren unvermeidlichem Platzen später nach der Zerrüttung der Staatsfinanzen auch die Währungsstabilität und sogar  ganze Volkswirtschaften in die Brüche gehen könnten.

Hier setzt Starks „Exit-Strategie“ an. Der Zentralbänker räumt ein, daß es wohl kaum eine Alternative zur Politik der massenweisen Soforthilfen per Geldmengenaufblähung gebe, wollte man ein zweites 1929 verhindern. Es müsse aber sichergestellt sein, daß nach dem Abklingen der akuten Rezession und dem Lösen der Kreditklemme das ausgestreute Geld schnell wieder eingesammelt, die Zinsen erhöht und die öffentlichen Finanzen zügig wieder gestrafft werden.

Daß dies so kommen wird, erscheint allerdings zweifelhaft. Zunächst zur Geldmenge: Fed-Chef Bernanke verfolgt offenbar das Ziel, die aufgekauften Unternehmensanteile der gestrauchelten Banken, Versicherer, Autohersteller und so weiter sowie die übernommenen Kredite nach Abflauen der Krise wieder am Markt zu verkaufen und so das jetzt ausgestreute Geld vom Markt zu nehmen. Darin schwingt die Hoffnung mit, daß für die derzeit kaum handelbaren Produkte dann wieder achtbare Preise zu erzielen wären. Experten befürchten, daß genau das mißlingen könnte. Die Hilfe der Fed bestand schließlich darin, daß sie vom Markt zum „Sondermüll“ herabgestufte Papiere zu Preisen weit über dem aktuellen Marktwert aufkaufte. Würde sie diesen „Müll“ dereinst zu viel niedrigeren Preisen wieder abstoßen, bliebe die Differenz als überschüssige Geldmenge in Umlauf und würde zur Geldentwertung beitragen, weil zuviel Geld für zuwenig Güter im Markt verbliebe.

Auch daß Starks Mahnung erhört wird, die Zinsen nach Abflauen der Krise zügig zu erhöhen und die Staatsfinanzen wieder auf Linie zu bringen, scheint zweifelhaft: Höhere Zinsen dämpfen das Wachstum und erhöhen überdies die Kosten für die (nach all den Hilfspaketen) erheblich angewachsenen Staatsschulden. Man darf gespannt sein, ob und inwieweit die Notenbänker dem zu erwartenden Druck aus Politik und Wirtschaft standhalten und die Zinsen tatsächlich frühzeitig wieder anheben.            Hans Heckel

Foto: Riskante Politik: Ben Bernanke stellt den Banken fast zinslose Kredite zur Verfügung.


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