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17.01.09 / Crash der Staatsanleihen befürchtet / Niedriges Zinsniveau macht Schuldenpolitik für die Regierungen einfach – Neue »Blase« droht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-09 vom 17. Januar 2009

Crash der Staatsanleihen befürchtet
Niedriges Zinsniveau macht Schuldenpolitik für die Regierungen einfach – Neue »Blase« droht

In Zeiten der Unsicherheit sind Staatsanleihen begehrt, und so können die Regierungen problemlos Kredite bekommen. Vorausschauende Beobachter befürchten bereits die nächste Spekulationsblase.

Weitere zehn Milliarden Euro für die Commerzbank, 50 Milliarden Konjunkturpaket II für die Bürger, 100 Milliarden Schutzschirm für die Unternehmen ... Und das sind nur die staatlichen Antworten der letzten beiden Wochen auf die Weltwirtschaftskrise. Ende Januar will Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) einen Nachtragshaushalt mit einer Neuverschuldung von „nur“ 20 Milliarden Euro zu den bereits vorgesehenen 18,5 Milliarden vorlegen. Das benötigte Kapital erhält der Bund zunächst über die Banken, die unmittelbare Abnehmer von Bundeswertpapieren sind. Endanleger sollen jedoch wie seit jeher üblich institutionelle Investoren – Versicherungen und Investmentfonds – sowie Sparer sein, die bei den Banken Bundeswertpapiere ordern, um ihr Geld beim Bund sicher anzulegen.

Derzeit bleiben jedoch nicht wenige Staatsanleihen im Wertpapierbestand der Banken, die angesichts ihrer Verluste der letzten Monate und der Unsicherheit in der Wirtschaft ihr Geld zu beachtlichen Anteilen in sichere Staatsanleihen anlegen. Damit wird der Bund zum Konkurrenten der Unternehmen um das Geld der Banken, die nach dem Willen der Regierung eigentlich dringend ihre Mittel in Form von Krediten an die von der Krise bedrohten Unternehmen ausleihen sollten. Das Ganze ist insofern schizophren, als der Bund die Wertpapiere nur auflegt, um Geld zu bekommen, das er direkt den Unternehmen oder den Banken zur leichteren Vergabe von Krediten zur Verfügung stellt.

Gerade in der aktuellen Unsicherheit an den Kapitalmärkten ist das Interesse an Bundeswertpapieren hoch, so hoch, daß sich womöglich schon wieder eine neue Spekulationsblase anbahnt.

„Run auf Bonds: Die neue Blase kurz vor dem Knall?“, betitelte der Sender n-tv bereits einen Beitrag. Denn da Schuldenmachen derzeit für Staaten äußerst günstig ist, ist ihre Hemmschwelle, sich Geld zu leihen, gering. Deutschland plane für das Jahr 2009, Schuldpapiere von 323 Milliarden Euro am Kapitalmarkt zu plazieren, heißt es, die USA wollen sogar Anleihen in Höhe von umgerechnet 1500 Milliarden Euro anbieten. Und da private wie institutionelle Anleger derzeit Aktien, Unternehmensanleihen, Hedgefonds und Immobilien scheuen wie der Teufel das Weihwasser, ist die Nachfrage nach den vermeintlich risikolosen Staatspapieren enorm groß. Die Schweiz, Deutschland und die USA gelten als die sichersten Schuldner der Welt – noch. Aber ab dem Moment, in dem der Eindruck entsteht, daß die Staaten mit ihrer Verschuldungsorgie irgendwann in Zahlungsschwierigkeiten kommen, dürfte die Nachfrage ins Bodenlose stürzen. 2008 sind bereits einige kleinere Staaten nur knapp dem Bankrott entgangen. Sollten Island, Ungarn, Griechenland und andere im Jahr 2009 erneut in eine derartige Notlage geraten, könnten auch andere Staatsanleihen an Attraktivität verlieren.

Vermutlich bricht die Nachfrage aber schon vorher ein. Denn die Staatspapiere profitieren davon, daß die Risikofreude der Kapitalanleger nach den Milliarden vernichtenden Erlebnissen der letzten Monate sehr gering ist. Daher können die Staaten ihre Wertpapiere auch mit ganz niedrigen Zinssätzen absetzen. Skeptiker fragen sich, ob angesichts explodierender Staatsschulden – vor allem in den USA – die ängstlich gewordenen Investoren hier überhaupt eine wirksame Politik der Risikominimierung verfolgen, oder ob sie vom Regen in die Traufe wechseln. Ohnehin sind US-Anleihen mit Zinsen nahe Null Prozent nur in einem Umfeld niedriger (und weiter sinkender) Inflationsraten attraktiv. Experten befürchten indes, daß genau das nicht mehr lange der Fall sein könnte. Da die Zentralbanken die Kapitalmärkte durch niedrige Zinsen mit einer unglaublichen Liquidität fluten, sei es nur eine Frage der Zeit, bis diese Politik zur Bekämpfung der Weltwirtschaftskrise zu Geldentwertung führt. Doch wenn die Teuerungsrate wieder steigt, sinkt auch das Interesse an niedrigverzinsten Wertpapieren. Die Anleger werden diese nicht mehr neu nachfragen und sogar versuchen, ihre Bundesschatzbriefe, -obligationen und ähnliches zu verkaufen. Spätestens wenn die Inflationsrate deutlich über dem Zinsniveau der Staatspapiere liegt, ist diese Reaktion geradezu unausweichlich, da ein weiteres Halten einen direkten Vermögensverlust bedeuten würde. Aber auch der Verkauf führt dann zum Verlust, da mit der abnehmenden Nachfrage die Kurse sinken, der Anleger also nicht mehr den vollen Anlagebetrag bekommt.

Sollte ein solcher „Anleihencrash“ eintreten, wäre fast jeder Bürger betroffen, denn da Staatsanleihen als sichere Anlage gelten, gehören neben konservativen Privatanlegern vor allem Pensionskassen und Lebensversicherungen zu den wichtigsten Käufern dieser Wertpapiere.      Rebecca Bellano

Foto: Wie der Staat Schulden macht: Diese Grafik zeigt, auf welche Weise und in welcher Form Bund, Länder und Gemeinden Kredite aufnehmen und Wertpapiere am Kapitalmarkt plazieren.


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