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17.01.09 / Ohnmächtige Appelle der UNO / Gaza-Konflikt schwächt moderate arabische Kräfte – Das Mandat von Abbas lief bereits am 9. Januar aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-09 vom 17. Januar 2009

Ohnmächtige Appelle der UNO
Gaza-Konflikt schwächt moderate arabische Kräfte – Das Mandat von Abbas lief bereits am 9. Januar aus

Die letzten Tage waren gekennzeichnet durch hektische Reisetätigkeit westlicher Politiker, hohle Appelle an die Konfliktparteien und eine lahme – und nur deswegen nicht durch US-Veto verhinderte – UN-Sicherheitsrats-Resolution, die zur sofortigen Waffenruhe aufrief. In Gaza selbst gehen die Kampfhandlungen und die Leiden der Bevölkerung unvermindert weiter.

Aber was kann denn herauskommen, wenn man mit der einen Konfliktpartei nicht einmal reden will? Man plaudert lieber mit „Palästinenserpräsident“ Mahmud Abbas, der keine Basis und nun auch kein Amt mehr hat. Denn sein Mandat ist am 9. Januar abgelaufen, und neue Wahlen erfordern einen Parlamentsbeschluß, aber das Parlament ist beschlußunfähig, weil zu viele Hamas-Abgeordnete von Israel verschleppt oder durch „gezielte Tötungen“ ausgeschaltet wurden.

Wie üblich kritisiert die Uno die „Unverhältnismäßigkeit“ der von Israel eingesetzten Mittel. Aber man weiß ohnehin, daß Israel keine Resolutionen respektiert, die nicht genehm sind: Israel hat seriösen Zählungen zufolge seit 1948 mehr solcher Papiertiger ignoriert oder nur verspätet erfüllt als alle anderen Staaten zusammen. Sich darüber „enttäuscht“ zu zeigen, gehört natürlich zu den Amtspflichten eines jeden UN-Generalsekretärs.

Daß auch die Hamas die UN-Resolution nicht akzeptiert, liegt auf der Hand. Denn das wäre erstens ein Eingeständnis der Niederlage, und zweitens würde sich am grundsätzlichen Problem in Gaza überhaupt nichts ändern: Die Abriegelung des 360 Quadratkilometer kleinen Areals für 1,5 Millionen Palästinenser bliebe bestehen – sogar mit europäischer „technischer“ Hilfe! Nur die Lebensmittelversorgung wäre gesichert, und die Leute könnten ungestört Ruinen betrachten, denn wegen der Weltwirtschaftskrise werden Spenden für den Wiederaufbau ziemlich rar bleiben.

Die Zahl der Todesopfer ist längst schon vierstellig, weil beileibe nicht alle Toten geborgen sind oder von Hamas-Seite zugegeben werden. Von den Toten und Verletzten sind laut UN-Angaben etwa ein Drittel Kinder. Zyniker ergänzen, weil es dort so viele Kinder gibt, und tatsächlich sind 45 Prozent der Bevölkerung jünger als 14 Jahre. Ein anderer Vergleich: In Vietnam war die „killing ratio“, das Verhältnis der US-Toten zu denen der Einheimischen inklusive Zivilisten, „nur“ 1:50, während man im Irak nach seriösen Schätzungen bereits mehr als 1:100 erzielte. Das dürfte Israel auch in Gaza erreichen – beim Libanon-Feldzug 2006 kam man auf höchstens 1:20.

Ob die Hamas politisch geschwächt oder eher gestärkt worden ist, bleibt vorderhand reine Spekulation. Mit Sicherheit läßt sich aber sagen, daß die Fatah weiter abgewirtschaftet hat. Jordanien hat dem nun Rechnung getragen und Mahmud Abbas faktisch abgeschrieben, die Beziehungen zur Hamas aber aufgewertet. Verständlich, denn die Massenproteste in arabischen Ländern gehen zwar primär gegen Israel und die USA, richten sich zunehmend aber auch gegen die eigenen Politiker und drohen in Ländern mit prowestlichen Regierungen wie Jordanien sogar zu Unruhen zu führen. (Mehr dazu auf Seite 6.)

Der Krieg gegen Gaza ist in hohem Maß auch ein Propagandakrieg, nicht zuletzt an der Heimatfront in Israel. Die israelische Zensur und die Aussperrung der Berichterstatter werden international heftig kritisiert. Die gewiß nicht israelfeindliche Wiener Tageszeitung „Der Standard“ etwa brachte am Sonnabend einen Artikel betitelt „Willkommen im Wahrheitsministerium Jerusalem“ – in Anspielung auf Orwells Roman 1984. Eine vom israelischen „Think Tank“ IICC produzierte Statistik über den Hamas-Raketenbeschuß ist mittlerweile vom Internet verschwunden, denn daraus war zu entnehmen, daß die Waffenruhe eigentlich erst in die Brüche ging, nachdem eine israelische „Razzia“ im November sechs Tote hinterlassen hatte.

Als „human“ wird hingestellt, daß israelische Flugblätter jeweils kurz vor Bombenangriffen die Gaza-Bewohner zur Flucht auffordern. Doch für die ist das blanker Hohn, ja Psychoterror, denn im mittlerweile dreigeteilten Gaza-Streifen kann man sich nirgends in Sicherheit bringen.

Zugleich verdichten sich die Hinweise, daß Israel selbst in dicht verbautem Gebiet Phosphorgranaten einsetzt. Islamisten sind jedenfalls weltweit aller Rekrutierungsprobleme enthoben.          Richard G. Kerschhofer


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