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17.01.09 / Müde vom Flügelstreit / Brandenburg: CDU-Parteitag an diesem Sonnabend soll die Selbstzerfleischung beenden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-09 vom 17. Januar 2009

Müde vom Flügelstreit
Brandenburg: CDU-Parteitag an diesem Sonnabend soll die Selbstzerfleischung beenden

Zank, Streit, endlose Flügelkämpfe: Die Brandenburger CDU galt lange als Meisterin der Selbstzerfleischung. Für Außenstehende überraschend haben sich die märkischen Christdemokraten nun doch offenbar zusammengerauft.

Vor wenigen Monaten galt es noch als undenkbar, daß sich die Brandenburger CDU mit einem von der ganzen Partei unterstützten Kandidaten in die Landtagswahl geht. Doch jetzt sieht es so aus, als würden beide Flügel geschlossen hinter Kultur- und Wissenschaftsministerin Johanna Wanka stehen, die auf einem Landesparteitag am kommenden Sonnabend in Potsdam zur neuen Vorsitzenden und Spitzenkandidatin gekürt werden soll.

Johanna Wanka gilt schon seit einiger Zeit als die beliebteste CDU-Politikerin im Land. Manch einer sieht in der 57jährigen, die familiäre Wurzeln in Königsberg hat, sogar die stärkste Ministerin im Kabinett von Matthias Platzeck (SPD).

In ihrem Fachbereich verkündet sie Erfolgsmeldungen: Der Studienstandort Brandenburg ist bei Studenten beliebter denn je. Um 14,5 Prozent wuchs die Zahl der neueingeschriebenen Studenten im vergangenen Jahr, was natürlich auch daran liegt, daß das Land keine Studiengebühr verlangt. Zudem ist das Land stets bemüht, EU-Fördermittel für die neun Hoch- und Fachhochschulen aufzutreiben.

An diesem Sonnabend wird Wanka für den zurückgetretenen Ulrich Junghanns in die Bresche springen. Doch Wanka ist kein Lückenbüßer. Sie ist mehr, als es der glücklose Wirtschaftsminister Junghanns je sein konnte.

Zur Eröffnung des Parteitags wird CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla eine Rede halten, in der er die Basis zur Geschlossenheit aufruft. Dann will sich Wanka direkt an die Delegierten wenden. Die Parteitagsregie ist sehr zuversichtlich, daß ihr ein herzlicher Empfang bereitet wird.

Viele dürften sich indes fragen: War es wirklich so einfach? Haben tatsächlich beide Seiten das Kriegsbeil begraben? Manch einer in der märkischen Union reibt sich noch immer verwundert die Augen, weil er nicht glauben kann, daß die eben noch zutiefst zerstrittene Partei auf einmal keine Selbstzerfleischung mehr betreibt.

Vorangegangen war ein zermürbender Streit. Im Kern ging es um die Nachfolge von Jörg Schönbohm, der sich wahrscheinlich nach der Landtagswahl aus der aktiven Politik  zurückziehen wird. Zehn Jahre lang war er der bestimmende Mann. Um die Nachfolge balgten sich Ulrich Junghanns und der Nachwuchspolitiker Sven Petke.

Der Diadochenkampf war hart. Die unterschiedlichen Lager zettelten Stellvertreterkriege bis hinunter zur Basis an. In der Geschäftsstelle wurden persönliche E-Mails von anderen gelesen – das Mißtrauen in der ganzen Partei war groß. Da die Medien genüßlich über diese Vorgänge berichteten, litt das Ansehen der märkischen Union beträchtlich.

Vor zwei Jahren kam es zur Entscheidungsschlacht. Auf dem Parteitag, der den neuen Vorsitzenden benennen sollte, setzte sich Junghanns mit einer einzigen Stimme Mehrheit gegen Petke durch. Danach beschimpfte er die enttäuschten Anhänger seines Rivalen. Damit war der Keim fortdauernder Zwistigkeiten gelegt. Petke setzte seinen Feldzug gegen Junghanns fort. Und der wurde immer unglaubwürdiger, je mehr Details über seine DDR-Vergangenheit bekannt wurden. Er hatte noch 1989 die Mauer gelobt.

Bei der Kommunalwahl im vergangenen September stürzte die CDU von 27,8 auf 19,5 Prozent ab und landete  auf dem dritten Platz hinter SPD und Linkspartei. „CDU-Chef Ulrich Junghanns wird in schweres Fahrwasser kommen“, prognostizierte ihm der Chef der Linkspartei, Thomas Nord, nach der Wahlniederlage, und das entsprach der Wahrheit. Nach einigem Hin und Her trat Junghanns zurück und empfahl seiner Partei Johanna Wanka als Nachfolgerin.

Dabei war anzunehmen, daß die Petke-Fraktion in dieser Situation nach der Macht greifen würde. Doch das ist nicht geschehen. Auch die Petke-Anhänger kamen zu der Einsicht, daß sie der ständige innerparteiliche Streit nicht vorwärtsbringt: In Potsdam, wo Sven Petkes Frau Katherina Reiche den Ortsverband führt, war die Union schließlich auf beschämende elf Prozent abgesackt.

Das Signal der Petke-Faktion war eindeutig: Einstimmig wurde Johanna Wanka im Parteivorstand zur Kandidatin gekürt. Öffentlich erklärte der 41jährige Petke danach: „Wir haben mit der designierten Parteichefin und Wissenschaftsministerin Johanna Wanka eine kompetente und sympathische Spitzenkandidatin.“ Soviel Einigkeit war nie.         Markus Schleusener

Foto: Sie soll die verfeindeten Lager wieder einen: Nach der Schlappe bei den Kommunalwahlen in schweres Fahrwasser geraten, umwirbt auch Brandenburgs CDU-Chef Ulrich Junghanns die neue Hoffnungsträgerin Johanna Wanka.


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