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17.01.09 / Der Niedergang als Erbe / Der neue US-Präsident wollte eigentlich die USA verändern, jetzt muß er sie retten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-09 vom 17. Januar 2009

Der Niedergang als Erbe
Der neue US-Präsident wollte eigentlich die USA verändern, jetzt muß er sie retten

Für die meisten US-Bürger hat er den Nimbus eines Erlösers. Doch vor der Umsetzung jeglicher Visionen muß Barack Obama zunächst den freien Fall der US-Wirtschaft aufhalten.

Am 20. Januar werden dem neuen US-Präsidenten Barack Obama bis zu fünf Millionen Amerikaner vor Ort in Washington zujubeln. Wenn er nach seiner Antrittsrede und Vereidigung vor dem Westportal des Kongresses die 2,5 Kilometer zum Weißen Haus zurück-legt, wandelt er auf den Spuren, die bereits 43 Mal von US-Präsidenten vor ihm beschritten wurden. Eine traditionelle Parade aus Militäreinheiten, Schulklassen, historischen Vereinen, Sozialverbänden, Feuerwehr und Polizei wird Barack Obama durch die Pennsylvania Avenue begleiten. Doch obwohl Obama also noch nicht offiziell im Amt ist, hat ihn der Washingtoner Alltag jedoch längst erreicht. Ähnlich gigantisch wie die Inszenierung seiner Amtseinführung sind die Staatsausgaben, die der neue US-Präsident für die Einlösung zumindest eines Teils seiner Wahlversprechen und die verschiedenen Programme zur Unterstützung der angeschlagenen US-Wirtschaft vorsieht. 1,2 Billionen US-Dollar wird voraussichtlich das Etatdefizit der größten Volkswirtschaft der Welt für das Haushaltsjahr 2008/09 betragen. Dieses Minus entspricht 8,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und ist dreimal so hoch wie das ebenfalls schon beachtliche Staatsdefizit des Vorjahres. Zum Vergleich: In Europa gelten drei Prozent als gerade noch akzeptabel.

Eigentlich war Barack Obama angetreten, um die Führung einer geschwächten Weltmacht zu übernehmen und das Land zu verändern. Jetzt allerdings hinterläßt George W. Bush seinem Nachfolger eine Weltmacht im freien Fall. Gestaltungsspielraum hat der Neue im Weißen Haus kaum, um seine so ambitionierten Pläne zur Modernisierung der US-Gesellschaft umzusetzen. Er muß jetzt all seine Kraft darauf verwenden, zu retten, was zu retten ist. Noch setzen die Menschen in den USA auf ihn: Nach einer CNN-Umfrage trauen 80 Prozent der Befragten dem 47jährigen zu, die tief in der Krise befindliche US-Wirtschaft zu kurieren.

Barack Obama steht also unter einem enormen Erfolgsdruck. Die selbstgerechten Aussagen seines Vorgängers bei dessen letzter Pressekonferenz werden bei dem Demokraten Obama erneut so manchen Groll freigesetzt haben. Groll, den er nicht immer verbergen kann. Bisher galt, daß der scheidende und der zukünftige Präsident einander nach den Wahlen Respekt und Achtung entgegenbringen. Dieses ungeschriebene Gesetz hat Barack Obama allerdings durchbrochen. So hat er angekündigt, juristische Schritte gegen die Regierung von George W. Bush wegen möglicher Menschenrechtsverletzungen nicht auszuschließen. „Niemand steht über dem Recht“, erklärte er in einem Interview. Bush unterstellte Obama jedoch gleich eine weltfremde Einstellung: Man „muß einen schonungslosen Blick auf die Realitäten in der Welt und die Instrumente werfen, die derzeit verwendet werden, um die USA vor weiteren Angriffen zu schützen“. Bush glaubt also immer noch, daß die größte Gefahr, die den USA droht, von außen kommt, dabei war er es, der zugelassen hat, daß sich eine gewaltige Spekulationsblase von der Wall Street aus über die ganze Welt ausgebreitet hat und nun überall die Volkswirtschaften ins Chaos versetzt. China, Japan, Europa, ja die ganze Welt, weiß, was sie der Bush-Regierung und ihrer allzu gierigen Finanzelite zu verdanken haben. Obama muß das Vertrauen jetzt zurück-holen, doch ein Land, das einen Schuldenstaat mit noch mehr Schulden zu bekämpfen versucht, den Kapitalmarkt mit zinslosen Krediten überflutet und von Maßlosigkeit in noch größere Maßlosigkeit übergeht, hat eine schlechte Ausgangsposition, um Achtung in der Welt zu erlangen.

Drei Billionen US-Dollar soll der bereits fünf Jahre andauernde Irakkrieg die Amerikaner gekostet haben. Rechnet man den Verlust des Ansehens in der Welt und die traumatisierten Soldaten und ihre Familien im Land hinzu, tritt Obama allein in diesem Bereich ein abschreckendes Erbe an. Doch er kann es nicht ausschlagen, sprich schnell aus dem Irak abziehen. Derzeit sind 150000 US-Soldaten dort stationiert, ihr Abzug wird mindestens drei Jahre dauern. Ein Monat Irakkrieg kostet den US-Steuerzahler aber 20 Milliarden US-Dollar, die er derzeit für die Stabilisierung der Lage im eigenen Land bitter nötig hätte.

„Wir befinden uns in einer düsteren Wirtschaftslage“, stimmte Obama die Amerikaner bereits vor seinem Amtsantritt ein. Anstelle wie erhofft die langfristigen Probleme der USA zu lösen, muß Obama nun erst einmal Milliarden in die Hand nehmen, um kurzfristig die Wirtschaft und den Konsum zu stützen. Neben Steuerrückzahlungen für die Bürger verspricht er Steuererleichterungen für Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen. Insgesamt verspricht der Neue im Weißen Haus vier Millionen Jobs bis 2010 zu schaffen oder zu erhalten. 500000 neue Jobs sollen allein durch Investitionen in saubere Energie geschaffen werden. Weitere 400000 sollen in der Baubranche entstehen.

Während Obama vollmundig verspricht, den Konsum wiederzubeleben, nahm er ganz nebenbei das erste seiner Versprechen, nämlich das Gefangenenlager Guantánamo in den ersten 100 Tagen seiner Amtsübernahme zu schließen, zurück. Es gebe juristische Probleme und deswegen würde die Schließung sich verzögern. Doch nicht nur diese wird sich verzögern, auch der von Obama versprochene „Wechsel“ zu einem neuen Amerika wird nicht allzu bald eintreffen. Obama ist vorerst damit beschäftigt, den freien Fall abzubremsen.

Rebecca Bellano

Foto: „Wir befinden uns in einer düsteren Wirtschaftslage“: Barack Obama sieht viel Schatten und kaum Licht.


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