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17.01.09 / Marsch in die Staatswirtschaft / Der 100-Milliarden-Euro-Schutzschirm für deutsche Unternehmen birgt erhebliche Gefahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-09 vom 17. Januar 2009

Marsch in die Staatswirtschaft
Der 100-Milliarden-Euro-Schutzschirm für deutsche Unternehmen birgt erhebliche Gefahren

Noch ein Rettungsprogramm: Diesmal spannt die Große Koalition einen Schirm von 100 Milliarden Euro über den deutschen Unternehmen auf. Doch die Kritik wächst:  Übereilte Geldverschwendung, planwirtschaftlicher Irrweg, öffentliche Finanzierung privatnütziger Übernahmen lauten nur einige der Vorwürfe.

Der Staatsgast konnte der Kanzlerin wenig Erfreuliches berichten. Britanniens Premier Gordon Brown, der diesen Mittwoch Angela Merkel in Berlin besuchte, hatte bereits einige der konjunkturstützenden Maßnahmen, an denen derzeit in allen großen Volkswirtschaften der Welt gebastelt wird, schon vor Monaten umgesetzt. Er kann erste Erfahrungen vorweisen. Und die sind ernüchternd.

So senkte er die Mehrwertsteuer befristet von 17,5 auf 15 Prozent. Britische Top-Manager bezeichnen die Maßnahme mittlerweile als Flop. Auch bei den Banken mischt London in großem Stil mit, ohne sichtbare Erfolge für den stockenden Kreditmarkt.

Doch offenbar schrecken die trostlosen Erfahrungen der Briten in Berlin nur wenige. Nach diversen Milliarden-Injektionen für die Banken soll der neue 100-Milliarden-Rettungsschirm nun auch Unternehmen der übrigen Branchen stützen.

Damit greift der Staat unmittelbar in das Wirtschaftsgeschehen ein, was angesichts der schlimmen Resultate staatlicher Wirtschaftsplanung in sozialistischen Ländern die Kritiker aufhorchen läßt.

Die Hilfen bewilligen soll ein Ausschuß aus Vertretern des Wirtschaftsministeriums, des Finanzministeriums und der staatlichen Bank KfW. Vertreter der Finanzwirtschaft sollen beratend hinzugezogen werden. Mit anderen Worten: Repräsentanten des Staatsapparats und der durch ihre eigenen gigantischen Fehlspekulationen von Anfang an im Zentrum der Finanzkrise stehenden KfW werden darüber befinden, ob ein Betrieb unterstützungswürdig ist oder nicht.

Für die Kritiker ist das bereits ein Schritt in Richtung einer staatlichen Plankommission. Zwar beteuert Berlin, die Ausschußmitglieder mischten sich doch gar nicht direkt in die Unternehmenspolitik ein. Wohl aber bestimmen sie nolens volens über das Vehikel staatlicher Unterstützungsgelder indirekt entscheidend mit. Noch bevor der erste Cent fließt, müssen sie schließlich beurteilen, ob die Vorhaben einer Firma zukunfts­trächtig sind oder nicht. Andernfalls müßten sie die Steuergelder ja bewußt wahllos in die Runde werfen, was erst recht nicht vertretbar wäre.

Gegner solcher direkten Eingriffe stören sich nicht nur am planwirtschaftlichen Beigeschmack dieser konkreten Maßnahme, sondern überhaupt an der schnellen Abfolge immer neuer milliardenteurer Programme. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) sieht in dem 100-Milliarden-Schirm für Unternehmen vor allem das Eingeständnis, daß der Ban­kenrettungsschirm vom vergangenen Herbst nicht funktioniert habe. Hätte er gegriffen, so Oettinger, könnten sich die Betriebe ihre Kredite ja wieder bei den Banken holen, statt daß der Staat nun für die Geldinstitute einspringen müsse. Daher solle man zunächst beim Bankenschirm nachsteuern. Oettingers niedersächsischer Amtskollege und Parteifreund Christian Wulff warnt zudem davor, daß der Staat sich mit seinen vielen Schutzzusagen verheben könnte.

Der stellvertretende FDP-Chef Andreas Pinkwart bemängelt den „massiven Systembruch“ weg von den Regeln der Marktwirtschaft und warnt, es könne zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen kommen, wenn Staatsgelder einige Betriebe retteten und so gegenüber Konkurrenten stärkten.

Die Verteidiger des jüngsten wie aller anderen staatlichen Eingriffe räumen zwar ein, daß ihre Maßnahmen sich zumindest am Rande dessen bewegen, was marktwirtschaftlich zulässig ist. Sie wenden jedoch stets ein, daß wir uns in einer „besonderen Lage“ befänden, die außergewöhnliche Schritte erfordere. Das Schreckbild eines neuen „1929“ wird regelmäßig an die Wand gemalt.

Stefan Homburg, ein renommierter Finanzwissenschaftler, hält alle Vergleiche mit 1929 für „unverantwortlich“, weil völlig übertrieben. Homburg setzt in der „Frankfurter Allgemeinen“ zur Generalkritik an: Schon der Rettungsschirm für die Banken sei nichts als der Keim für die nächste Krise, denn: „Der Rettungsschirm setzt enorme Fehlanreize. Bankmanger wissen jetzt, daß letztlich der Steuerzahler haftet, und werden daher noch größere Risiken eingehen. Weder bei der Commerzbank noch bei der Dresdner Bank habe es Anzeichen für eine drohende Insolvenz gegeben.“ Per Milliardenhilfe habe der Steuerzahler bloß die Übernahme der Dresdner Bank finanziert.

Genauso werde es bei dem Rettungsschirm für Unternehmen laufen. Hier würden die Steuerzahler beispielsweise die Übernahme des Reifen-Herstellers Continental durch die Schaeffler-Gruppe finanzieren. „Der Steuerzahler steht jetzt ungewollt für die Finanzierung privatnütziger Übernahmen ein, die man einfach hätte absagen können“, meint Homberg.

Die allgemeine Hysterie stelle für jede unternehmerische Fehlentscheidung „eine Ausrede dar, nämlich die angeblich einmalige Finanz- und Wirtschaftskrise“, schimpft Homberg. Letztlich sei jede Krise an sich „einmalig“, der Vergleich der jetzigen mit der von 1929 führe nur dazu, daß öffentliche Gelder in übereilten Projekten vergeudet werden.      Hans Heckel

Foto: Gehört jetzt mit dem Bund: Die Zentrale der Commerzbank          


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