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© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-09 vom 17. Januar 2009
Europa lag ihm zu Füßen Der Maler Jakob Philipp Hackert (1737–1807) begriff Landschaften als Naturereignisse. Mit seinen präzisen Beobachtungen geologischer und atmosphärischer Phänomene markierte sein Schaffen einen Wendepunkt in der Landschaftsmalerei des 18. Jahrhunderts. Erstmals präsentiert die Hamburger Kunsthalle in Kooperation mit der Klassik Stiftung Weimar eine umfassende Ausstellung mit Werken des Künstlers, die neue Einblicke in die Landschaftskunst vor Caspar David Friedrich bietet. Etwa 70 Gemälde und Gouachen sowie 70 Zeichnungen und Druckgraphiken von privaten und öffentlichen Leihgebern aus Deutschland, England, der Schweiz, Italien und Rußland geben einen repräsentativen Überblick über das Werk Hackerts. Zu Lebzeiten berühmt und von Goethe besonders geschätzt, gehörte der in Prenzlau geborene Hackert lange zu den vergessenen Künstlern. Nach seiner Ausbildung in Berlin und Aufenthalten in Schweden und Frankreich arbeitete Hackert fast 40 Jahre in Italien. Dort etablierte er sich als international gefragter Künstler, der das Italienbild vor 1800 entscheidend prägte. 1768 war er zum erstenmal nach Italien gekommen, wo er Kontakt unter anderem zu dem aus Ragnit stammenden Kunstmäzen Johann Fried-rich Reiffenstein (1719–1793) bekam. Hackert schuf neben Veduten, Hafen- und Jagdszenen vor allem stimmungsvolle Landschaften aus der römischen Campagna, aus Süditalien mit Neapel und Sizilien sowie aus der Toskana. Zunächst ab 1769 in Rom tätig, arbeitete er ab 1786 als Hofmaler in Neapel, das er 1799 nach dem Einmarsch französischer Truppen verlassen mußte. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Jakob Philipp Hackert in der Toskana, wo er in der Nähe von Florenz am 28. April 1807 starb. „Hackerts Lebenswelt war noch vom feudalistischen Glanz des Ancien Régime geprägt, gleichzeitig verkörperte er aber bereits den Typus des äußerst effizienten, am Kunstmarkt orientierten Geschäftsmannes, der weitgehend unabhängig von den Hierarchien eines Hofes agieren konnte und damit moderne Positionen des 19. Jahrhunderts vorwegnahm“, erläutert der Kurator der Ausstellung Dr. Andreas Stolzenburg die Bedeutung des Malers. „Italienreisende aus ganz Europa, unter ihnen deutsche Künstler, englische Adlige und prominente fürstliche Auftraggeber wie das russische Thronfolgerpaar, steigerten seinen Bekanntheitsgrad und verbreiteten seine Werke auf dem ganzen Kontinent.“ Es sind ideal komponierte, mit historisierender Staffage oder antiken Stätten angereicherte Landschaften, die im Mittelpunkt seines Oeuvres stehen und Hackert zu einem wichtigen Wegbereiter und Repräsentanten der klassizistischen Kunstauffassung machen. Mit seinen topographisch exakten Versatzstücken und den präzisen Beschreibungen in der Natur beobachteter Details durchbrach er jedoch die Kriterien der zeitgenössischen, streng idealisierenden Kunstauffassung. So faszinieren vor allem auch die Darstellungen von Bäumen und Pflanzen, die einer wissenschaftlichen Untersuchung zu entstammen scheinen und oftmals lebendiger wirken als die Darstellungen von Menschen und Tieren. Natur-ereignisse wie Wasserfälle, Vulkanausbrüche oder Gebirgsschluchten fanden Hackerts besonderes Interesse. Doch auch die „lieblichen Landschaften“, die weiten Ausblicke auf das Mittelmeer hat er meisterhaft dargestellt. „So schön habe ich Italien noch nie gesehen!“ kann sich eine Besucherin denn auch nicht enthalten auszurufen, während eine andere verhalten seufzt: „Das nimmt ja gar kein Ende.“ Und in der Tat: Die Hamburger Ausstellung beeindruckt nicht zuletzt durch eine solche Fülle der Exponate, daß dem Besucher geradezu schwindelig werden könnte. Silke Osman Die Ausstellung „Jakob Philipp Hackert – Europas Landschaftsmaler der Goethezeit“ in der Hamburger Kunsthalle, Glockengießerwall, ist bis zum 15. Februar dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr zu sehen, Eintritt 8,50 / 5 Euro, Katalog aus dem Hatje Cantz Verlag, 368 Seiten, 267 farbige Abbildungen, geb., 49,80 Euro, im Museum 35 Euro. Foto: Jakob Philipp Hackert: Blick auf den Ätna (Öl, 1783; in Münchner Privatbesitz) |
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