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17.01.09 / Memels Burg soll wiedererstehen / Litauens Wirtschaftsministerium bewilligt 20 Millionen Litas für die erste Baustufe des Nationalprojekts

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-09 vom 17. Januar 2009

Memels Burg soll wiedererstehen
Litauens Wirtschaftsministerium bewilligt 20 Millionen Litas für die erste Baustufe des Nationalprojekts

Litauens Wirtschaftsministerium hat 20 Millionen Litas (rund 5,8 Millionen Euro) für die erste Wiederaufbaustufe der Memelburg bewilligt. Vorausgegangen war dem die Grundsatzentscheidung der litauischen Regierung für die Rekonstruktion der ehemalige Burganlage in Memel als einem Projekt von nationaler Bedeutung.

Der umfängliche Bauzustand aus dem 17. Jahrhundert gibt die Vorlage für die Rekonstruktion der Anlage. Aufgrund einer intelligenten Raumteilung soll ein multifunktionales Objekt zur vielfältigen Nutzung entstehen. So sollen in dem Gebäude unter anderem die Stadtgeschichte Memels betreffende Teile des „Museums für die Geschichte Kleinlitauens“, Räume für historische Bildung, ein Konferenzzentrum und Repräsentationsräume der Stadtverwaltung ein Touristeninformationszentrum, sowie ein Zentrum für historische Handwerkkünste und Verkaufstände für Erzeugnisse des Handwerks untergebracht werden.

Die Gesamtkosten des Wiederaufbaues belaufen sich nach einem ersten Kostenvoranschlag insgesamt auf 141416708 Litas (gut 41 Millionen Euro). Dieser Betrag setzt sich größtenteils zusammen aus 2818452 Litas (etwa 820000 Euro) für archäologische Forschungen, 70725095 Litas (zirka 21 Millionen Euro) für den Wiederaufbau des Burggebäudes, 21375621 Litas (rund sechs Millionen Euro) für den Wiederaufbau der Bastionen und Kasematten, 43444729 Litas (fast 13 Millionen Euro) für die Rekonstruktion des Burggrabens und 3052811 Litas (über 890000 Euro) für die Vorbereitung des Areals für öffentliche Veranstaltungen.

Als Ergebnis einer Machbarkeitsstudie in Verbindung mit einer Rentabilitätsprüfung wurde ein Vorentwurf der Ausführungsplanung erstellt, danach ist zuerst der Wiederaufbau ohne Rekonstruktion des Burggrabens vorgesehen. Der erste Bauabschnitt, der bereits kommendes Jahr beginnen soll, beinhaltet die Gestaltung zum einen der rekonstruierten Bastionen für die museale und öffentliche Nutzung und zum anderen der Burgräume als Konferenzzentrum mit einem Empfangssaal der Stadtverwaltung.

Geplant ist, diesen ersten Bauabschnitt bis zum Jahr 2013 abzuschließen, da gerade die repräsentativen Räumlichkeiten bereits für offizielle Veranstaltungen im Rahmen der litauischen EU-Präsidentschaft im Jahr 2013 vorgesehen sind.

Auf baufachliche Risiken in Verbindung mit der Erreichung des zeitlich sehr ambitionierten Ziels sowie auf die Sicherung und Erforschung von bau- und kunsthistorisch wertvollen Teilen des Areals wurde unter anderem von Archäologen und Historikern hingewiesen. Hier heißt es, möglichst wenig Kompromisse eingehen. Eine abgestimmte Vorgehensweise, die eine Erforschung auch noch in der Nutzungsphase zuläßt, erscheint akzeptabel. Ähnliche Projekte mit Überbauungen historischer Grabungen sind bereits aus Hamburg und Riga bekannt. Der Verzicht auf eine intensive und sicherlich langwierige Grabung und Sicherung vor dem Wiederaufbau ist aus Sicht der Bodendenkmalpflege ein gewisses Risiko und wird zur Zeit diskutiert und wohl bewußt in Kauf zu nehmen sein.

Aus Sicht aller Beteiligten gilt es nun zu versuchen, dem Projekt „Wiederaufbau der Memelburg“ Unterstützungen auf allen Ebenen zu verschaffen. Hierbei ist insbesondere eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den archäologischen Forschungen, der Projektierung des Bauvorhabens, dem technologischen Know-how beim Wiederaufbau sowie der Sicherstellung der Finanzierung zu nennen.

Nicht nur in Memel hofft man, daß die älteste Stadt Ostpreußens auf ihrem Gründungsterrain wieder die ehemals stolze Memelburg als Wahrzeichen zurückerhält.         

H.-J. Froese / Vladas Zulkus

Weitere Informationen beim Heimatkreisvertreter Memel-Stadt, Hans-Jörg Froese, Phoebener Chausseestraße 10, 14542 Werder-Phöben, E-Mail: hjfroese@web.de.

 

Die Geschichte der Memelburg

In der nur dünn besiedelten Region um die spätere Stadt Memel, bis etwa zum heutigen Heydekrug lebten ursprünglich livländische und kurische Stämme. Südlich davon befand sich das Siedlungsgebiet der Prußen. Östlich der Kuren und Schalauer waren litauische Stämme seßhaft. Diese Landschaften zu beiden Seiten der unteren Memel waren dann später der nordöstlichste Zipfel des Deutschen Reiches, ein Teil Ostpreußens.

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts begann der Schwertbrüderorden mit der Eroberung von Livland. Erst drei Jahrzehnte später erschien der Deutsche Orden. Er begann seine Eroberung im späteren Westpreußen, im Kulmer Land, und eroberte bis 1283 das nur dünn besiedelte Prußenland bis zur Memel. Anfangs war ein gemeinsames abgestimmtes Vorgehen beider Orden wohl nicht geplant, doch ist es verständlich, daß beide schließlich eine Verbindung zwischen dem livländischen Gebiet und dem in Eroberung befindlichen Prußenland herstellen wollten. Der livländische Ordenszweig errichtete daher 1252 mitten in der Wildnis eine hölzerne Burg als Brücke zwischen den beiden Ordensländern. Die Burg stand am Haffufer, etwa am heutigen Festungsgraben, wo der Fluß Dange in mehreren Armen einmündete. Das Haff wurde als breite Mündung des Memelstromes angesehen und so nannte man die Burg „Mummelburgk“.

Bereits 1253 wurde die Holz- durch eine Steinburg ersetzt, die man wegen des schlechten Untergrundes etwas weiter landeinwärts setzte. In der Nähe der Burg entstand eine Siedlung, die „Memel“ genannt wurde. Diese Siedlung bekam als Stadt im Jahre 1257 lübisches, später kulmisches Recht. Ebenfalls 1253 bestimmte der Bischof von Kurland und der Orden die Grenzen des Memeler Stadtgebietes. Nach der Unterwerfung der Schalauer konnte über einen schmalen Küstenstreifen eine Landverbindung zwischen dem nördlichen und südlichen Ordensgebiet hergestellt werden. In den Folgejahren kam es immer wieder zu Angriffen. So belagerten die Samen 1255 die Burg erfolglos, und 1323 eroberte der litauische Fürst Gedmin die Stadt Memel, konnte aber die Burg nicht überwinden.

Im Jahre 1328 trat der Schwertbrüderorden die Stadt Memel samt Burg und umliegenden Ländereien an den Deutschen Orden ab. Es erfolgte nun auch hier eine neue Siedlungstätigkeit. Da aber nur wenige deutsche Bauern in das entlegene Gebiet kamen, wurden Kuren herangezogen und germanisiert. Die wenigen Litauer, die im 13. und 14. Jahrhundert einwanderten, waren Flüchtlinge, die wegen ihres Übertritts zum christlichen Glauben aus dem damals noch heidnischen Litauen vertrieben wurden.

Stadt und Burg wurden 1379 durch litauische Stämme zerstört. Der Deutsche Orden verlor 1410 gegen eine Übermacht der seit 1386 vereinigten Polen und Litauer die Schlacht bei Tannenberg, nach einem weiteren Krieg wurde im Jahr 1422 der Frieden am Melno-See geschlossen. In diesem Friedensvertrag wurde die nördliche und östliche Grenze des Ordensstaates festgelegt, wie sie fortan bis zum Jahre 1919 Bestand hatte. 1459 eroberten wiederholt Polen, Litauer und auch Szameiten Memel, während gleichzeitig Danziger die Küste blockierten. Vere­inig­te Königsberger, Danziger und Elbinger plünderten 1464 die Stadt, nicht jedoch die Burg, von der Seeseite her.

Nach der Säkularisierung des Ordensstaates wurden die Hauptämter Memel, Tilsit und Ragnit eingerichtet, wobei die Stadt Memel zum Regierungsbezirk Königsberg  gehörte. 1626, im schwedisch-polnischen Krieg wurde Memel Garnison des preußischen Herzogs, der als polnischer Lehnsmann gegen die Schweden kämpfen mußte. 1629 wurden die Stadt und nunmehrige Zitadelle, vormals als Burg bezeichnet, auf sechs Jahre den Schweden überantwortet. In Europa wütete zu dieser Zeit der Dreißigjährige Krieg. Im Nordischen Krieg 1678 griffen die Schweden Memel erneut an. Die Stadt wurde eingeäschert, die Zitadelle konnte sich behaupten. Im Siebenjährigen Krieg (1757) wurde die Festung Memel nach mutiger Gegenwehr von den Russen erobert und erst 1762 wieder preußisch.

Anschließend büßte die Burg mehr und mehr ihre strategische Bedeutung ein und verfiel zusehends. 1821 waren noch zwei der fünf Türme erhalten, am Ende des 19. Jahrhunderts wurden die letzten Mauerreste abgerissen, zumal man im Jahre 1865 mit dem Bau einer neuen Festung in Süderspitze auf der schräg gegenüberliegenden Kurischen Nehrung begonnen hatte.   H.-J. Froese

Foto: Memels Burg: So soll sich der Bau nach seiner Wiederherstellung in das Stadtbild einfügen.


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