29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
17.01.09 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-09 vom 17. Januar 2009

Feiern tröstet / Was das »Dschungel-Camp« über die Wahrheit verrät, warum die SPD Merkel den Spaß nicht gönnt, und was wir gegen Germanen haben
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Wir hatten uns eigentlich vorgenommen, dieses penetrante Spektakel mit Nichtachtung zu strafen. „Dschungel-Camp“ ist kein Thema für eine seriöse Zeitung. Ende!

So der gute Vorsatz. Es geht aber nicht, die Propaganda-Woge des ausstrahlenden TV-Kanals, die er mit Hilfe seiner zu diesem Zweck zwangsprostituierten „Partnersender“ entfesselt hat, spülte unsere Prinzipien hinweg. Zeitung ist nunmal Zeitung, da muß auch das Schlechte hinein, selbst wenn es den pikierten Redakteur ekelt.

Der Nepp ist einfach frech. Von wegen „Dschungel“: Der Drehort befindet sich in der lieblich mediterranen Landschaft des australischen Neu-Süd-Wales, ganz in der Nähe der dicht besiedelt Ostküste. Dort haben die Macher ein kleines Waldstück mit Hilfe von Teichfolien und Topfpflanzen auf „grüne Hölle“ geschminkt und ziehen da nun ihre grenzwertigen Aufführungen ab, um unsere geile Schaulust zu bedienen.

Dann der Anspruch „Promi-Show“. Gut: Die Frage, was jemanden überhaupt zum Promi qualifiziert, die stellen wir uns sowieso nicht mehr. Prominente sind dafür bekannt, daß sie bekannt sind, mehr nicht. Aber wer kannte diese Leute denn, bevor sie mit dem Würmerfressen angefangen haben?

Was für ein Blech, das ganze. Die blühende Pracht ist bloß Fassade, die Stars sind gar keine, echt ist nur das Ungeziefer. Darüber dröhnendes Endlosgeschwätz, das uns ablenken soll. Indes: Kommt uns diese Szenerie nicht  ziemlich vertraut vor? Ist die Dschungel-Show gar nur ein etwas überzüchtetes Abbild unserer realen Gegenwart?

Klar doch freuen wir uns über die Pracht, die der neueste Berliner Milliarden-Segen blühen läßt. Natürlich sind die Politiker, die solch „gewaltige Anstrengungen“ nur uns zuliebe unternehmen, unsere Stars. Erst wenn uns die Frage sticht, wo das alles herkommt, wer es wann zu begleichen hat, dann beginnt die Kulisse zu bröckeln. Dahinter jedoch wartet nicht allein die Ernüchterung, daß alles nur Show ist, dahinter rasseln die Ketten künftiger Schuldsklaverei. Vor allem die heute ein- bis 18jährigen sollten sich an das Eisen gewöhnen, in das wir sie heute legen.

Ach was, kontert die Koalition: Sobald die jetzige Krise vorüber ist, quietscht die „Schuldenbremse“, so gegen 2015 wird alles wieder ganz solide im Staatsschiff. Ja, sicher doch: „Morgen sind wir in New York“, sagte der Kapitän der „Titanic“, bevor die Gläser zu wackeln begannen.

Der erfahrene Seemann ließ damals die Bordkapelle fröhliche Weisen anstimmen, um die etwas nervöse Stimmung der Passagiere zu stabilisieren. Angela Merkel möchte 2009 auch schön feiern. Es ist glücklicherweise ein Jubiläumsjahr für eine Reihe von Ereignissen, mit denen man die Deutschen aufrichten könnte.

Das Grundgesetz wird 60, die Bundesrepublik auch, und Revolution und Mauerfall sind genau 20 Jahre her. So weit, so erbaulich. Doch die fröhlichste Hausfrau kann nicht in Ruhe feiern, wenn’s dem neidischen Partner nicht gefällt. Und dem gefällt die Sause überhaupt nicht: Die SPD fühlt sich ausgebootet.

Das Grundgesetz wird um den 23. Mai herum gleich drei Tage lang begossen werden, wenn es nach Merkel geht. Es gibt Feuerwerk und Reden – und wer hält die? Na die Kanzlerin, Bundespräsident Horst Köhler und Bundestagspräsident Norbert Lammert natürlich. Zu Merkels Gaudi sind diese drei höchsten Repräsentanten des Staates alle­samt CDU-Mitglieder, daher der Groll der Sozialdemokraten.

Als Rache wollen die Sozis mit dem 50. Jahrestag ihres Godesberger Programms gegenfeiern. (Das sollen die mal machen, wird  Merkel kichern, und dann jemanden in Greifswald oder Bautzen fragen, wo Godesberg liegt.)

Dem Gemoser könnte die CDU kühl entgegnen, daß es ja nicht die Schuld der Christdemokraten ist, wenn die SPD bei den wirklich großen Ereignissen der jüngeren deutschen Geschichte immer gerade nicht so viel zu sagen hatte. Ganz gemein wäre es von der CDU, wenn sie ein paar Zitate einwürfe, die führende SPD-Politiker 1989 zur deutschen Einheit in die Atmosphäre entließen. In Erinnerung ist das feine Diktum des SPD-Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl 1990, daß ihm die Mailänder viel näher seien als die Leipziger. Der Mann hieß Oskar Lafontaine.

Da hat die CDU mal wieder Glück gehabt. Dabei kommt ihr entgegen, daß sich das historische Gedächtnis der meisten Deutschen irgendwo in den 1920er Jahren totläuft. Was davor war, ist vergessen, was danach kam, ist entweder düster Nazi oder blutrot oder hat irgendwie mit CDU zu tun.

Das größte Jubeldatum dieses Jahres liegt indes viel, viel weiter zurück, als jeder Parteihistoriker blicken kann. Im Spätsommer jährt sich zum 2000. Male die Schlacht im Teutoburger Wald, die den Beginn der deutschen Geschichte überhaupt markiert.

Das Datum war lange verpöhnt. Kam es trotzdem zur Sprache, war der Abend jedoch gerettet, es gab allerbeste Unterhaltung. Da konnte man nämlich ganz erstaunliche ideologische Polsprünge erleben: Ausgewiesene Linke schimpften, daß die tumben Germanen sich damals dem „Fortschritt“ verweigert hätten. Außerdem hätten die blonden Feiglinge die offene Feldschlacht verweigert.

Die so fabulierten, merkten gar nicht, daß sie genauso argumentierten wie die borniertesten Kolonialisten des 18. oder 19. Jahrhunderts: Wir wollten den Wilden die Zivilisation bringen! Und wie haben es uns diese Bestien gedankt? Sie haben sich nicht einmal an die von uns vorgegebene Kampfordnung (in der wir sie problemlos hätten niedermachen können) gehalten. Aufschlußreich, wie umstandslos manche Leute die Fronten wechseln, wenn es nur irgendwie gegen Deutschland geht.

Fest steht, daß der Sieg über das römische Heer gewaltige Folgen hatte. Wären die Germanen römisch geworden, hätten sie sich wohl zu dem entwickelt, was der römische Chronist Tacitus knapp ein Jahrhundert nach der Schlacht mäßig taktvoll als „gallisches Gesocks“ abkanzelte. Stattdessen gebar das freie Germanien Generationen nach den Römerkriegen unter anderem das Frankenreich, an dem im 8. Jahrhundert die bis dahin ungebremste mohammedanische Expansion brechen sollte. Und aus dem das heutige Deutschland hervorging.

Staatsfeiern sind trotz alledem keine vorgesehen. Warum? Diese Leute haben einen Krieg gewonnen, aber nicht gegen unser Land, sondern für uns. Das ist uns unheimlich. Das letzte militärschwangere Datum vor dem 20. Jahrhundert, das in jüngerer Zeit offiziell zelebriert wurde, war 1998 der 350. Jahrestag des Westfälischen Friedens. Bei dem wurden die geschundenen Reste des Römisch-Deutschen Reiches in Fetzen gerissen. Nie wieder lag Deutschland so lange und so gründlich am Boden. Die deutschen Honoratioren würdigten jenen Frieden 1998 als großen Tag der europäischen Geschichte.

Auch macht die Widerborstigkeit, die Unbelehrbarkeit unserer germanischen Ahnen bange. Die hatten so etwas Plebiszitäres mit ihren Thing-Versammlungen, auf denen alles beschlossen wurde, statt sich von weisen Gremien leiten zu lassen.

Gerade erst hat Staatssekretär Peter Hintze (CDU) wieder klargestellt, was er von Volksabstimmungen hält. CSU-Chef Horst Seehofer hatte vorgeschlagen, die Deutschen wie die Iren oder Franzosen über wichtige EU-Reformen abstimmen zu lassen. Laut Hintze aber haben gerade die Beispiele anderer EU-Länder gezeigt, „daß Volksabstimmungen über Europa sehr häufig an der eigentlich gestellten Frage vorbeigehen“. Eine reizende Formulierung: Wenn das Volk nicht so entscheidet, wie es die Mächtigen verlangen, dann sind die Leute eben „an der Fragestellung vorbeigegangen“ und haben sich damit für weiteres Mitbestimmen disqualifiziert. Wie die Germanen, die Roms Frage „Wann werdet auch ihr endlich römische Provinz“ mit dem Schwert beantworteten.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren