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24.01.09 / »Alles besser als die Hölle Berlin« / Papst Pius XII. mochte die Deutschen, aber nicht ihre Hauptstadt – Neue Ausstellung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-09 vom 24. Januar 2009

»Alles besser als die Hölle Berlin«
Papst Pius XII. mochte die Deutschen, aber nicht ihre Hauptstadt – Neue Ausstellung

Pius XII. war der deutschfreundlichste Papst des 20. Jahrhunderts. Gerade in der Not der Nachkriegszeit stand er zu den geschlagenen Deutschen und namentlich zu den Vertriebenen. Dennoch wurde Pius XII. ausgerechnet von linken Publizisten aus Deutschland übel verleumdet. Jetzt ist ihm eine Ausstellung im Schloß Charlottenburg gewidmet – fast ein Akt der Wiedergutmachung.

Eugenio Pacelli war der erste gebürtige Römer seit Innozenz XIII. (1721–1724), der zum Papst gewählt wurde – und der bislang letzte. Am 2. März 1939, seinem 63. Geburtstag, wählte das Konklave Pacelli zum Papst, er nannte sich fortan Pius XII.

Pacelli war aber nicht nur Römer, er war in gewisser Hinsicht auch Berliner, denn dort verbrachte er eine längere Zeit als päpstlicher Nuntius (Botschafter). In Berlin-Zehlendorf gibt es deswegen eine Pacelli-Allee.

Seine Karriere im Dienst der katholischen Kirche begann mit der Promotion zum Doktor der Theologie 1901. Ein Jahr danach wurde er auch noch Doktor der Rechtswissenschaft. Pacelli  durchlief daraufhin eine Reihe von Ämtern im diplomatischen Dienst des Vatikans. Von 1909 bis 1914 war er Professor für kirchliche Diplomatie an der päpstlichen Diplomatenakademie.

1917 wurde Pacelli von Papst Benedikt XV. zum Bischof geweiht und als Apostolischer Nuntius ins Königreich Bayern entsandt. Er wurde Zeuge der Umbrüche in Bayern und später in ganz Deutschland: Kriegsende, Kaisersturz, Ausrufung der Republik, Besetzung des Ruhrgebies, Inflation, schließlich die jahrelange Instabilität der Weimarer Zeit – Pacelli bekam das alles aus eigener Anschauung mit.

Ab 1920 war er päpstlicher Nuntius in ganz Deutschland. 1925 mußte er nach Berlin ziehen, jetzt war er auch noch Nuntius in Preußen. Doch Berlin mochte er nicht. Lieber wäre er in der bayerischen Hauptstadt geblieben, die ihm zur „zweiten Heimat“ geworden war.

„Berlin war für ihn ein Moloch, in der es nur wenige Katholiken gab“, erklärt der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf. Tango-Seligkeit, gewagte Mode, Vielfalt der Medien, Frauensport – das alles war dem katholischen Bischof fremd.

1923 schrieb Pius einem Freund: „Ich tue alles, damit ich nicht von München nach Berlin umziehen muß. Zur Not würde ich auf das Kardinalamt verzichten, mich mit einer kleinen Rente ins Privatleben zurückziehen oder eine kleine italienische Diözese übernehmen, alles besser als die Hölle Berlin.“ So sprach einer, der später Papst wurde.

Trotzdem war Pacelli ein Freund der Deutschen. Die Deutschen lieben die Italiener, achten sie aber nicht; die Italiener achten die Deutschen, lieben sie aber nicht – so lautet ein bekanntes Bonmot. Es trifft wohl auch auf Eugenio Pacelli zu: Er war fasziniert von deutscher Effizienz und Technik, deutschen Flugzeugen oder Zeppelinen und sprach von seinem „wunderschönen Benz“.

1929 kehrte Pacelli nach Italien zurück. Er dürfte aber ein wichtiger Berater seines Amtsvorgängers Pius XI. bei der Aushandlung des 1933 mit der neuen Reichsregierung abgeschlossenen Reichskonkordats gewesen sein.

Hier setzt oft die Kritik an Pacelli ein. Denn obwohl er an seiner grundsätzlichen Ablehnung des Nationalsozialismus nie einen Zweifel ließ, 1937 an der Veröffentlichung der NS-kritischen Enzyklika „Mit brennender Sorge“ beteiligt war und 1939 die Besetzung Polens kritisierte, wird ihm vorgeworfen, er habe nicht genug gegen das NS-Regime getan und zu dessen Verbrechen geschwiegen. Die Polemik gegen Pacelli gipfelt in dem Vorwurf, er sei Antisemit und Kollaborateur der Nationalsozialisten gewesen. Vor allem Rolf Hochhuths Drama „Der Stellvertreter“ von 1963 hat ganz wesentlich zur Verbreitung dieser Schmähung in Deutschland beigetragen.

Diese Vorwürfe sind allerdings haltlos beziehungsweise naiv. Die Achsenmächte hatten ganz Europa unterworfen. Wie hätte der Papst regieren sollen? Was hatte ein offener Aufruf zum offenen Widerstand eingebracht? In Holland hat die Kirche lautstark protestiert gegen die Deportationen von Juden. Mit dem Ergebnis, daß sie noch beschleunigt wurden, schreibt Gernot Facius in der „Welt“.

Zum anderen befürchtete der Heilige Stuhl, daß eine Niederlage Deutschlands auch einen Triumph des Stalinismus bedeuten würde. Hundert Millionen Christen würden so in die Sklaverei Moskaus geraten – wie es nach 1945 tatsächlich geschah.

Golda Meir, damals israelische Außenministerin, würdigte ihn nach seinem Tod 1958 als wichtigen Freund des jüdischen Volkes. Er habe viele Juden gerettet, bestätigt auch der jüdische Unternehmer Gary Krupp, nachdem er die Fakten der neusten Forschung in Augenschein genommen hatte. Krupp ist Gründer einer amerikanischen Stiftung (Pave the way) und setzt sich für die „Rehabilitierung“ von Pius XII. ein. Schon vor mehreren Jahren hatte der jüdische Theologe und Historiker Pinchas Lapide die Zahl der während des Holocaust von der katholischen Kirche geretteten Juden mit mindestens 700000, wahrscheinlich aber sogar 860000 beziffert. Papst Benedikt XVI. will seinen Vorgänger seligsprechen lassen.           Harald Fourier

Vom 23. Januar bis zum 7. März wird im Schloß Charlottenburg „Die Papstausstellung“ über Pius XII. gezeigt. Eintritt fünf Euro, ermäßigt drei. Besucher mit der Eintrittskarte der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg erhalten den ermäßigten Preis.

Foto: Nur ungern zog er nach Berlin, „diesen Moloch, in dem es nur wenig Katholiken gab“: Der spätere Papst Pius XII. 1926 in der deutschen Hauptstadt, als er noch päpstlicher Nuntius für Deutschland war.


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