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24.01.09 / Verstärker des »Antiparteienaffekts« / Welches Potential haben die Freien Wähler? – Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-09 vom 24. Januar 2009

Verstärker des »Antiparteienaffekts«
Welches Potential haben die Freien Wähler? – Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung

In den Kommunen Baden-Württembergs sind die Freien Wähler die stärkste Kraft, bei den Landtagswahlen treten sie dort jedoch nicht an. Die bayerische Wahl am 28. September 2008 war für diese Gruppierung insofern ein besonderes Datum: Mit gleich 10,2 Prozent gelang ihr erstmals der Sprung in ein Landesparlament. Erwächst hier den „bürgerlichen“ Parteien CDU, CSU und FDP Konkurrenz?

Die Studie „Die Freien Wähler in Deutschland. Geschichte – Struktur – Leitlinien“, die jetzt im Auftrag der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) veröffentlicht wurde, untersucht diese Frage eingehend. Die Freien Wähler lassen sich laut Autor Florian Weitzker, der über dieses Thema seine Diplomarbeit geschrieben hat, „in Abgrenzung zu den Parteien als jene Gruppe definieren, die sich außerhalb der politischen Parteien in den kommunalen Gebietskörperschaften um Mandate“ bewirbt. In zwölf Bundesländern existieren derzeit Landesverbände, der Bundesverband dient vornehmlich der Repräsentation, Koordination und Information dieser Landesverbände. Die Freien Wähler geben sich betont ideologiefern und sachbezogen. Zu ihren Wählern gehören überdurchschnittlich viele Beamte, Selbständige und Angestellte.

„Je kleiner die Gemeinden sind, desto größer sind die Erfolge der Freien Wähler. Sie profitieren vom personenorientierten Wahlrecht sowie dem Nichtvorhandensein einer Fünf-Prozent-Hürde“, so Weitzker. Die Freien Wähler schließen ein Engagement auf Bundesebene nicht mehr aus, was freilich die Gründung einer Bundespartei voraussetzen würde und daher jedenfalls bei der Bundestagswahl 2009 sehr unwahrscheinlich ist.

Das Phänomen der Freien Wähler ist nicht neu, sie existieren seit der Nachkriegszeit. Heute profitieren sie von der Politik- beziehungsweise Politiker- und Parteienverdrossenheit. Mit Blick auf die Zahlen bezeichnen sich die Freien Wähler selbst gern als die „größte Bürgerbewegung unseres Landes“. Rund 270000 Personen gehören ihnen an.

Die KAS-Studie arbeitet heraus, daß sich die Freien Wähler vor allem als Multiplikator des Antiparteienaffekts verstehen. Ihrer Ansicht nach hat die etablierte Politik versagt. Im Gegensatz zum angeblich vorherrschenden Parteisoldatentum beschreiben sie sich selbst als unabhängige, nur ihrem Gewissen verantwortliche Persönlichkeiten in den Parlamenten.

Weitzker zufolge werden die Freien Wähler freilich ihrem eigenen Anspruch, bei der Zusammensetzung der Listen die Bevölkerung widerzuspiegeln, nicht gerecht. Der Selbständigenanteil ist sehr hoch, Arbeiter finden sich hingegen kaum. Auch Hausfrauen und Rentner sind unterrepräsentiert. Der Autor kritisiert die programmatischen Leerstellen: „In der überwiegenden Mehrheit wird in den Leitlinien viel Kritik deutlich, ohne daß jedoch konkrete Gegenvorschläge gemacht werden.“

Wie bereits gesagt: Je größer Gemeinden sind, desto geringer fällt der Stimmenanteil der Wählergemeinschaften aus. In mittleren und größeren Städten seien die Listen Freier Wähler oftmals mittelständische Interessenvertretungen von Selbständigen und Freiberuflern.

Dieser altliberale Honoratiorencharakter macht die Freien Wähler in den baden-württembergischen Gemeinderäten schon seit Jahren zur stärksten Kraft. Mindestens seit 1975 sind sie hier mit einer Ausnahme stärkste Kraft in den Gemeinderäten (bezogen auf ihre Mandate). In Bayern stellen die Freien Wähler nach eigenen Angaben aktuell 15 Landräte und 800 Bürgermeister. In kleineren Gemeinden, wo die Parteien relativ schwach sind, spielen sie teilweise eine dominierende Rolle.

Der bisher einzige Erfolg auf Landesebene gelang den „Freien“ bei der bayerischen Landtagswahl im vergangenen September, womit sie allerdings in gewisser Weise ihre „kommunalpolitische Unschuld“ verloren.

Nun sei nicht auszuschließen, daß auch die Freien „verstärkt parteiähnliche Strukturen herausbilden werden, um auf Landesebene dauerhaft erfolgreich zu sein“, erläutert Weitzker. Zweifel an weiteren Erfolgen sind allerdings angebracht, denn die Situation in Bayern, wo die CSU 46 Jahre lang allein regiert hat und wo den Freien Wählern zudem mehrere landesweit bekannte Kandidaten zur Verfügung standen, ist singulär. Die Freien Wähler eignen sich deswegen auch nicht dazu, endlich wieder verstärkt konservativen Positionen Gehör zu verschaffen.           Ansgar Lange


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