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24.01.09 / Für Menschheit und Vaterland / Vor 75 Jahren starb der deutsch-jüdische Chemiker und Nobelpreisträger Fritz Haber

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-09 vom 24. Januar 2009

Für Menschheit und Vaterland
Vor 75 Jahren starb der deutsch-jüdische Chemiker und Nobelpreisträger Fritz Haber

„Im Frieden der Menschheit, im Krieg dem Vaterland.“ Getreu diesem seinem Motto revolutionierte der deutsch-jüdische Nobelpreisträger Fritz Haber in Friedenszeiten die Dünger- und in Kriegszeiten die Kampfgasherstellung.

In Breslau, einem Zentrum des Judentums in Preußen, kam Fritz Haber am 9. Dezember 1868 als Sproß einer Kaufmannsfamilie zur Welt. Indirekt hatte er bereits im Vaterhaus mit Chemie zu tun, denn sein Vater handelte mit Farben, Lacken und Drogen. Nach dem Abitur und einer kaufmännischen Lehre nahm Haber 1886 in Berlin ein Studium der Chemie auf, das er nach dem Militärdienst in Heidelberg und Zürich fortsetzte. 1891 beendete er das Studium mit der Promotion „Über einige Derivate des Piperonals“ in organischer Chemie.

Gerne hätte der Vater es gesehen, wenn der Sohn in seine Fußstapfen getreten und in sein Unternehmen eingestiegen wäre. Den Filius zog es jedoch in die Wissenschaft. Überhaupt war das Vater-Sohn-Verhältnis schwierig. Der Vater machte den Sohn für den frühen Tod der Mutter verantwortlich, die Fritz’ schwere Geburt nur zwei Tage überlebt hatte. Daß der Sohn 1893 wie viele Patrioten jüdischer Abstammung den Glauben der Väter aufgab und zum Protestantismus übertrat, erschwerte das Verhältnis zusätzlich.

1894 begann Haber sich auf einer Assistentenstelle an der Technischen Hochschule in Karlsruhe in physikalischer Chemie zu habilitieren. Nach dem Abschluß der Habilitation mit einer Arbeit über die Verbrennung von Kohlenwasserstoffen im Jahre 1896 wurde er 1898 an seiner Alma Mater zum außerordentlichen Professor für technische Chemie ernannt.

In Badens Hauptstadt baute der junge Professor ein Labor für physikalische Chemie auf, das internationales Renommee gewann. Hier machte er seine wichtigste Entdeckung. Mit der Synthese von Wasserstoff und Luftstickstoff zu Ammoniak fand er eine Möglichkeit zur Gewinnung beziehungsweise Bindung von Stickstoff aus der Luft. Nachdem er sein „Verfahren zur synthetischen Darstellung von Ammoniak aus den Elementen“ in der Reichshauptstadt hatte patentieren lassen und einen Mitarbeitervertrag mit der „Badischen Anilin- & Soda-Fabrik“ geschlossen hatte, entwickelte er im Jahre 1909 mit Carl Bosch bei BASF das Haber-Bosch-Verfahren. Mit diesem bahnbrechenden Verfahren gelang es, ohne Salpeter Düngemittel, aber auch Sprengstoff industriell herzustellen. Diese Entdeckung beziehungsweise Erfindung ermöglichte auf der einen Seite eine Erhöhung der Düngemittel- und damit auch der Nahrungsmittelproduktion, machte auf der anderen Seite aber auch Habers Vaterland im Kriegsfalle unabhängig von Salpeterlieferungen aus Übersee.

Ein neues Betätigungsfeld eröffnete sich Haber, als im Jahre 1911 die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, die heutige Max-Planck-Gesellschaft, gegründet wurde. Fritz Haber wurde der erste Direktor des ersten Instituts dieser Gesellschaft, des heutigen Fritz-Haber-Instituts, das sich der physikalischen Chemie und Elektrochemie widmet. Er gehörte mittlerweile zu den Spitzenchemikern des wilhelminischen Deutschlands, das in der Wissenschaft im allgemeinen und gerade in der Chemie im besonderen weltweit führend war.

Entsprechend seiner oben zitierten Devise stellte Haber sich und sein Institut, das hierfür noch vergrößert wurde, konsequent in den Dienst des Vaterlands, als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach. Da Stickstoff für die Sprengstoffherstellung benötigt wurde, Deutschland aber durch die britische Fernblockade von den chilenischen Salpetervorkommen abgeschnitten war, gewann das Haber-Bosch-Verfahren kriegswichtige Bedeutung, und Haber übernahm die Betreuung der großtechnischen Anwendung.

Ab dem Winter 1914 widmete sich Haber zusätzlich der Entwicklung von Gaskampfstoffen. Im darauffolgenden Jahr überwachte Haber den ersten deutschen Chlorgasangriff bei Ypern. Habers Ehefrau Clara geborene Immerwahr, mit der er seit 1901 verheiratet war, erschoß sich daraufhin mit seiner Dienstpistole. Fritz Haber hingegen sah sich im Recht. Er verwies darauf, daß der Gegner mit dem militärischen Einsatz von Gas angefangen habe, und argumentierte im übrigen ähnlich wie die USA nach dem Abwurf der Atombombe. Der Gaseinsatz verkürze den Krieg und rette damit Menschenleben. Allerdings hatte der Gaseinsatz im Gegensatz zum Atombombenabwurf Soldaten und nicht Zivilisten zum Ziele.

Deutschlands Kriegsgegner setzten Haber trotzdem auf die Liste der vom Reich auszuliefernden „Kriegsverbrecher“. Haber suchte deshalb kurzzeitig in der neutralen Schweiz Asyl, konnte jedoch schon bald zurückkehren, denn nach dem Ersten Weltkrieg dauerte die „Kriegsverbrecher“-Jagd nur ein paar Monate. Bereits ein Jahr nach Kriegsende wurde Haber nicht mehr als „Kriegsverbrecher“ verfolgt, sondern als Nobelpreisträger gefeiert. 1919 erhielt er den Chemienobelpreis für die Ammoniaksynthese.

Nach dem Vertrag von Versailles versuchte Haber sechs Jahre lang die Reparationslast durch das Extrahieren des im Meerwasser vorhandenen Goldes zu mindern. Dieser Versuch scheiterte. Außerdem hatte Haber schon während des Ersten Weltkrieges damit begonnen, sich mit der friedlichen Nutzung von Giftgas zur Schädlingsbekämpfung zu beschäftigen. Diese Arbeiten setzte Haber nach Kriegsende unter anderem als Leiter der 1919 gegründeten Deutschen Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung (Degesch) fort.

Seit der Gründung der IG Farben im Jahre 1925 saß Haber in deren Aufsichtsrat. Wie in der späten Kaiserzeit erfreute der getaufte Jude sich auch in der Weimarer Zeit höchster gesellschaftlicher Wertschätzung. Der Absturz kam nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten. Als im Zuge der Durchsetzung des Arierparagraphen an den Kaiser-Wilhelm-Instituten auch Mitarbeiter Habers entlassen wurden, ließ er sich 1934 resignierend in den Ruhestand versetzen und nahm einen Ruf nach Cambridge an.

Für einen Neuanfang in der Fremde war der Deutsche jedoch zu alt. Auf der Fahrt zu einer Kur verstarb der von seinem Vaterland Enttäuschte, der sich im Exil wieder dem Judentum zuwandte, am 29. Januar 1934 in Basel.  

Manuel Ruoff

Foto: Fritz Haber mit Studenten: Bei einer Chemie-Vorlesung in Berlin 1925


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