20.04.2024

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24.01.09 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-09 vom 24. Januar 2009

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

Erfreuliches gibt es zu berichten, sehr Erfreuliches sogar. Zwar sind keine Wunder geschehen, auch nichts Wundersames, aber die Bandbreite macht’s, denn es kamen positive Zuschriften zu den unterschiedlichsten Fragen. Und so läßt sich das Neue Jahr gut an, und das ist doch für uns alle sehr erfreulich. Als Volltreffer erwies sich die Frage nach dem ostpreußischen Gutshaus, das wir in der Folge 2 brachten. Spontan kamen die Antworten: Es ist das Reichsarbeitsdienstlager Arnstein im Kreis Heiligenbeil. Daß es sich um ein Lager für den weiblichen Arbeitsdienst handeln könnte, hatte ich auch schon in Erwägung gezogen, denn als Maiden waren einwandfrei die beiden in ihrem Kostüm Abgebildeten in der untersten Reihe zu identifizieren. Nicht erkennen konnte ich allerdings die Strickjacken, die zur Maidentracht gehörten, und die dazugehörenden Broschen, die viele der jungen Mädchen tragen. Unsere Leserin Ilsegret Böhm hat sie aber auf den ersten Blick erkannt und genaue Angaben über die Uniformierung der Maiden geliefert. Aber mich irritierten vor allem die Zivilpersonen auf dem Foto, unter denen auch Männer zu sehen sind. Hierzu kam nun eine präzise Erklärung von Frau Anita Brandtstäter aus Köln, die sich sogar auf einzelne Personen bezieht. Sie teilte uns mit, daß es sich um das RAD-Lager Schloß Arnstein handelt, das ihre Mutter, Dora Brandtstäter geborene Boß, einwandfrei erkennen konnte, weil sie dort im Winter 1942/43 im RAD war. Diese gibt nun folgende Erklärungen zu dem Foto ab:

„Das ehemalige Rittergut Arnstein war aufgesiedelt worden. Im Gutshaus befand sich das RAD-Lager 10/13. Auf der Aufnahme sieht man zum größten Teil Arbeitsmaiden, teils in Uniform, größtenteils aber in Arbeitskleidung: blaues Kleid, weiße Schürze mit roter Bordüre und darüber ein Berchtesgadener Jäckchen. Die große, runde Brosche am Kragen trugen alle Arbeitsmaiden. Bei den Zivilpersonen auf dem Bild handelt es sich um Siedler und deren Angehörige, die Arbeitsmaiden beschäftigten. Links im Bild sehe ich den Bürgermeister des Dorfes Arnstein. Der Herr mit der Brille ist Herr Mindt, bei dessen Familie ich auch einmal im Außendienst war. Das Gruppenbild ist auf der Freitreppe des Gutshauses zum Garten aufgenommen.“ Frau Brandtstäter besitzt auch noch Aufnahmen aus ihrer Zeit in Arnstein, so von der I. Kameradschaft im Winter 1942/43. Sie würde diese bei Bedarf zur Verfügung stellen. Auch andere Leser übersandten Aufnahmen von Arnstein, zum Teil als Kopien aus dem Buch von Wulf D. Wagner. Allen, die sich so prompt zu diesem Bild gemeldet haben, vielen Dank. Es dürften sicher noch mehr werden. Nebenbei: Der Name „Arnstein“ weckte in mir auch Erinnerungen. Aber nicht an eine tief verschneite, ostpreußische Winterlandschaft, sondern an glutheiße Sommertage in meiner Kindheit, wenn wir in die „Sommerfrische“ nach Montitten fuhren. In Arnstein hieß es dann aussteigen. Und das Ferienparadies mit der alten Wassermühle lag für vier herrlich freie Wochen vor uns. Ja, so geht es den meisten Leserinnen und Lesern unserer Familien-Kolumne: Ein Wort genügt manchmal, um eine Erinnerung aus der Tiefe längst vergangener Zeiten hervorzuholen.

Sicherlich hat auch das „arme Dorfschulmeisterlein“ dazu beigetragen, daß sich manche Leserinnen und Leser an das Lied erinnern, weil sie es aus ihrer Jugendzeit kennen. Vielleicht weil sie auch aus einem ländlichen Lehrerhaus stammen oder an ihre kleine Dorfschule zurückdenken. Das mußte auch Frau Gertrud Breuer anläßlich des letzten Geschichtsseminars der Landsmannschaft Ostpreußen im Ostheim in Bad Pyrmont feststellen, als dieses Gedicht, nach dem eine Teilnehmerin suchte, zum Gesprächsstoff wurde. Noch bevor bei uns die Frage auftauchte, hatte Frau Breuer den Text mit Hilfe des Internets schon gefunden. Sie sandte ihn mir sofort zu, und ich war verblüfft: Das Poem besteht aus 34 Versen! Meine Versionen, die ich vor langer Zeit – auch aufgrund einer Leserfrage – bekommen hatte, bestanden zum Teil nur aus Fragmenten. Geschrieben hat es Samuel Friedrich Sauer (1766–1845), es muß aber Ende des 19. Jahrhunderts umgedichtet oder ergänzt worden sein. Jetzt ist der volle Text also da, aber die Melodie? Die übersandte mir – handgeschrieben – unser Leser Hans Groeneveld. Und dann erhielt ich einen Anruf von Frau Ilse Conrad-Kowalski aus Lübeck: sie wird Herrn Liehs eine Choraufnahme mit dem Lied zusenden! Also soviel Hilfestellung hatte ich nicht erwartet. Übrigens: Der Schulmeister, der so herrlich selbstironisch sein schweres Dasein bedichtet hat, wurde wegen dieses lyrischen Ergusses seines Postens erhoben! Armes Dorfschulmeisterlein!

Auch die Erinnerung an die Schauspielerin Marion Lindt, deren Lebenslauf Herr Dr. Ulrich Heitger anläßlich des 100. Geburtstages der Königsbergerin erarbeitet hat, fand ein lebhaftes Echo. Eine interessante Ergänzung kam von Frau Dr. Hannelore Knopff aus Bad Pyrmont, die allerdings mit den bisherigen Angaben stark differiert. Die Mutter von Frau Dr. Knopff besuchte zusammen mit Marion Lindt die Krausesche Schule in der Jägerhofstraße, die damals das am meisten besuchte Lyzeum der Stadt war, und zwar ab April 1910. Die spätere Künstlerin hieß als Schülerin Lotte Leng. Da Frau Dr. Knopffs Mutter, * 1898, die Jüngste in der Klasse war, ergibt sich daraus auch das Geburtsjahr von Marion Lindt – und das wäre 1898. Beide Mädchen besuchten auch das Konservatorium, das sich in der Stadthalle befand, und hatten dort Unterricht bei der Klavierlehrerin Brenke. Sie gingen zusammen in das Königsberger Opernhaus und schwärmten dort für die nicht nur wegen ihrer Stimme, sondern auch wegen ihrer Schönheit verehrte Sängerin  Charlotte Uhr, so sehr, daß sie sämtliche Mignon-Vorstellungen besuchte. Diese Angaben hat Frau Dr. Knopff den Kindheitserinnerungen ihrer verstorbenen Mutter entnommen. Das Verblüffende ist, daß auch die Töchter der ehemaligen Schulkameradinnen auf einer Schule waren. Renate Krüger besuchte wie Hannelore Knopff das Bismarcklyzeum, nur durch eine Klasse getrennt. Also, das sind schon sehr persönliche Verbindungen, und wenn sie stimmen, müßte die Vita von Marion Lindt umgeschrieben werden. Zuerst einmal einen herzlichen Dank an Frau Dr. Knopff für diese interessanten Angaben. Wir bleiben hier mit Spannung am Ball.

Zwei sehr informative Briefe liegen schon seit längerem zur Veröffentlichung bereit, aber ich benötige für sie viel Platz, weil es sich um schicksalsschwere Themen handelt, die wir in unserer Kolumne angeschnitten hatten, und ich nicht nur wenige Sätze aus den seitenlangen Zuschriften bringen kann. Einen kurzen, aber um so herzlicheren Dank möchte ich Frau Evelin Kirchbach aus Erkelenz sagen, die mir mitteilt, daß sie für den geplanten Leseraum in der Heimatstube der Kreisgruppe Siegerland ein stattliches Bücherpaket auf den Weg gebracht. hat. Sie schreibt dazu: „Unser Ostpreußen darf nicht vergessen werden, und das kann man nur erreichen, wenn man es den Jungen vor Augen führt.“

Wer auch seinen Bücherschrank oder einen Literatur-Nachlaß durchforstet und dabei auf Bücher von Ernst Wiechert stößt, schaue einmal nach, ob darunter auch „Der weiße Büffel“ und „Die Majorin“ sind. Wenn er sie besitzt und bereit ist, diese abzugeben, könnte er damit unsere Frau Taruttis von der Landsmannschaft Ostpreußen, Kreisgruppe Köln, eine Freude machen. Herr Taruttis sucht diese Bücher nämlich und hat sich deshalb an unsere Familie gewandt. Wie immer bei Buchwünschen: Bitte nicht gleich absenden sondern vorher benachrichtigen. (Landsmannschaft Ostpreußen, Kreisgruppe Köln e. V., Dorothea Taruttis, Forstraße 42 in 50767 Köln, Telefon 0221/791616.)

Das Foto vom – nun identifizierten – Gutshaus Arnstein hat wohl unser Landsmann Heinz Czallner aus Frankfurt angeregt, uns ein ähnliches Bild zur Veröffentlichung zu überlassen. Ähnlich in dem Sinne, daß auf ihm ebenfalls viele junge Mädchen zu sehen sind, Aber diesmal handelt es sich weder um ein RAD-Lager, noch um ein Gutshaus, sondern um ein Schwesternheim in Königsberg. Es könnte sich um das am Weidendamm 16 gelegene Heim handeln, denn man sieht auch Nonnen auf dem Foto. Herr Czallner meint, daß dieses etwa in der dreißiger Jahre gemachte Foto ein wertvolles Zeitdokument sei, darüber hinaus könnte es für ältere Leserinnen auch ein Erinnerungsfoto bedeuten, falls sie sich auf der Abbildung wiedererkennen. Da dürfte er recht haben, und vielleicht werden das einige Leserinnen bestätigen. Würde uns freuen.

Nach Königsberg führt auch der Suchwunsch eines älteres Landmannes, der ihn aber nicht direkt an uns stellt. Unsere Leserin Irene Piotrowski aus Dobertin bekam diesen „Wunschzettel“ auf einem Ostpreußentreffen in die Hand gedrückt und meinte sofort, das sei doch etwas für die Ostpreußische Familie. Stimmt, denn der Handzettel ist „an alle Königsberger über 76 Jahre“ gerichtet, na, und da werden sich doch einige Leser und Leserinnen angesprochen fühlen. Eigentlich ist es ein Sammelwunsch, denn er besteht aus fünf Fragen, und wir bringen sie wie angegeben:

Hat jemand in Maraunenhof in der Aschmann-Allee gewohnt? / Ist jemand in den Jahren 1939 bis 1943 in die Ottokar-Schule in der Samitter Allee eingeschult worden? / Ist jemand Ende Januar 1945 von Pillau mit dem Frachter „Essberger“ bis nach Swinemünde geflüchtet? / Hat jemand den Straßenbahnführer Fritz Werner aus der Heidemannstraße 6 auf dem Sackheim gekannt? Er wohnte nach dem Bombenangriff 1944 auf dem Sportplatz in der Aschmann-Allee. Sein Schicksal ist unbekannt. / Kann jemand Auskunft geben über Johanna Hömke, wohnhaft Hansaring 38 auf dem Sackheim? / Ich glaube, da werden sich schon einige „Jemands“ melden. (Dieter Hömke, Morgenweg 5 in 19336 Bad Wilsnack, Telefon 038791/7103.)

Eure Ruth Geede

Foto: Wer erkennt sich wieder? Schwesternheim in Königsberg, möglicherweise das am Weidendamm 16


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