19.04.2024

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Suchen und finden
31.01.09 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-08 vom 31. Januar 2009

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

nach einer mit den Feiertage und dem Jahreswechsel verbundenen kleinen Atempause hat das große Suchen wieder begonnen. Und da will ich gleich mit einem Suchwunsch einsteigen, der vielleicht nach langen Umwegen durch uns erfüllt werden könnte. Denn Frau Heidemarie Düring aus Berlin wurde erst jetzt durch eine Urlaubsbekanntschaft auf unsere Ostpreußische Familie aufmerksam gemacht. Das Schick­sal der 65jährigen Ostpreußin zeigt wieder einmal, wie Krieg und Nachkriegszeit mit der unseligen Teilung Deutschlands einen Lebensweg bestimmt haben, der voller Verlassenheit und Demütigungen als Flüchtlingskind war. Frau Düring blickt aber nicht zurück im Zorn, sondern sieht die Ereignisse jetzt als älterer Mensch differenzierter. Wenn da nicht die eine Frage wäre, die sie quält, immer gequält hat: Was wurde aus meinem Halbbruder Hans Joachim Düring?

Die Geschichte ihrer Familie ist durch frühe Todesfälle bestimmt. Heidemarie Helene Düring wurde am 11. November 1942 in Mlodzieszyn/Schröttersburg geboren. Sie entstammte der zweiten Ehe ihres Vaters Friedrich Wilhelm Düring, * 27. Januar 1897/98, mit Helene geborene Solies. Die erste Frau – Utta, wie sie genannt wurde – war nach der Geburt ihres Sohnes Hans Joachim schon Mitte der 20er Jahre verstorben. Auch Heidemarie und ihre eineinhalb Jahre ältere Schwester Gundula verloren früh die Mutter, und nicht nur sie: Die Eltern kamen im August 1943 gemeinsam ums Leben. Für ihre nun zu Waisen gewordenen Töchter übernahmen die jüngste Schwester ihres Vaters, Elisabeth, und deren Ehemann Ernst Nehm, Baustoffkaufmann in Lyck, die Pflege und Vormundschaft. Gemeinsam mit deren drei Kindern Rosemarie, Annemarie und Hans flüchtete Elisabeth Nehm nach Demmin (heute Mecklenburg-Vorpommern). Nach der Rück­kehr des Pflegevaters 1947 aus russischer Gefangenschaft und dessen Tod 1963 brach die Familie auseinander. Frau Nehm siedelte zu ihren Kindern nach Bremerhaven über, die alle inzwischen verstorben sind. Heidemaries Schwester Gundula gelang die Flucht über die grüne Grenze – zurück blieb Heidemarie und mußte nun, ganz allein auf sich gestellt, ihr Leben meistern. Als der Eiserne Vorhang fiel, begann ihre Suche nach dem Halbbruder Hans Joachim, genannt „Hanni“. Der erheblich Ältere – * 16. August 1924 in Lyck – war Kaufmann in Goldap gewesen und hatte dort am Markt gewohnt. Daß er Krieg und Flucht überlebt hat, ist sicher, denn er meldete sich bei einer Schwester seines Vaters, „Tante Frieda“ in der Ziegelstraße 34 in Lübeck. Er soll damals in den Nachkriegsjahren im Ruhrgebiet gewohnt haben. Trotz der Suche über die zuständigen Organisationen blieb „Hanni“ unauffindbar. Auch die in der Bundesrepublik wohnenden Verwandten versicherten Frau Düring, daß sie vergeblich nach Hans Joachim gesucht hätten. Wer kann das Schicksal von Hans Joachim Düring klären? Lebt der heute etwa 85jährige noch, hat er Nachkommen? Seine Halbschwester wäre für jeden Hinweis dankbar. (Heidemarie Düring, Ahrenshooper Straße 49 in 13051 Berlin, Telefon 030/92371802.)

Seine ehemaligen Kameraden von der Leistungsgruppe des Flieger-Jungvolks in Königsberg sucht unser Landsmann Heinz Plewka, aber er listet in seinem Schreiben nicht nur die Namen auf, sondern vermittelt zugleich viel Interessantes über den Modellflug und den hohen Stellenwert der Königsberger, denn sie standen oft auf der Rekordliste der deutschen Modellbauer. Gleich sein erster Modellfluglehrer, Manfred Budnowski, war vielfacher Sieger bei Deutschen Meisterschaften auf der Rhön und bis heute Inhaber eines Weltrekordes im Saalflugmodellbau, der in Königsberg erzielt wurde, in der Klasse papierbespannte Nurflügelmodelle. Sein Bruder Gert Budnowski war auch Deutscher Flugmodell-Rekordinhaber, zum Beispiel Motorflug eines Nurflügelmodells. Er leitete die Leistungsgruppe und wurde der beste Freund von Heinz Plewka, der an den Gebietsmeisterschaften 1942 in Deuthen bei Allenstein und 1943 in Rossitten teilnahm. Nach Gert Budnowski braucht Herr Plewa nicht zu suchen, sein Freund starb als Jagdflieger am Ärmelkanal. Aber es werden mit Sicherheit noch einige Ehemalige der Leistungsgruppe leben und – hoffentlich – diese Zeilen lesen. So gehen wir also auf die Suche nach Manfred Bowitz, Werner Zelinski, Ullrich Reifenstein, Hans-Joachim Knoop, Jürgen Herda und zwei Kameraden, von denen Heinz Plewka nur die Nachnamen weiß: Domscheit und Moser. Zu einigen der Gesuchten kann er nähere Angaben machen. Manfred Bowitz, * 1928, war Luft­waf­fen­hel­fer, wurde nach dem Krieg Flug­lotse. Heinz Plewka hat ihn in Glückstadt und Frankfurt/Main besucht, dann aber aus den Augen verloren. Luftwaffenhelfer war auch Werner Zelinski, der in der Cranzer Allee wohnte. Ullrich Reifenstein wurde Lufthansa-Pilot und lebte nach dem Krieg im Taunus. Hans-Joachim Knoop wohnte in Königsberg am Nachtigallenstieg und wurde dort ausgebombt. Mit ihm war Heinz Plewka 1943 bei den Deutschen Modellflugmeisterschaften in Quedlinburg. Sie wurden vierter Gesamtsieger von 41 Gebieten! Jürgen Herda wollte Physik studieren. Sein Bruder Manfred starb leider bei einem Motorradunfall bei Walsrode. – Soweit die Angaben von Herrn Plewka, die schon weiter helfen können. Wir wünschen ihm viel Glück! (Heinz Plewka, Neuer Achterkamp 38 in 22927 Großhansdorf.)

Eine E-Mail von Frau Andrea Strixner aus Salzburg: „Ich bin auf der Suche nach Informationen über meinen Großvater und seine Eltern, und da die entsprechenden Kirchenbücher alle nicht auffindbar sind, versuche ich es mit dem Ermitteln anderweitiger Spuren. So kam ich auf die Idee nach noch lebenden Zeitzeugen zu suchen, die sich an meine Vorfahren erinnern.“ Und die will Frau Strixner nun mit Hilfe unserer Ostpreußischen Familie finden, genauer gesagt: mit Landsleuten aus und um Gerdauen. Denn Großvater Robert Arthur Engel wurde am 24. August 1894 in Gerdauen geboren, sein Vater Hermann Engel war dort Schuhmachermeister. „Mein ostpreußischer Opa hat mir wenigstens den Gefallen getan, meine aus dem Bayerischen Wald stammende Oma Josefa am 30. August 1924 in Chemnitz zu heiraten. Und dort haben sich sogar noch die Aufgebotsunterlagen gefunden“, schreibt Frau Strixner weiter. So konnte auch geklärt werden, daß Großvater Robert Arthur Engel 1922 von Goldap nach Chemnitz verzog. Der Kraftfahrzeugführer verstarb am 9. März 1973 in West-Berlin. Durch Scheidung der Großeltern war der Kontakt zu Frau Strixners Großvater schon in den 50er Jahren abgebrochen, dadurch kam es zu der späten Suche. Die natürlich durch den Zeitabstand erschwert wird, denn ich glaube kaum, daß sich noch jemand an ihn und seine Eltern in Gerdauen erinnern wird, zumal Urgroßvater Hermann Engel schon vor 1924 verstarb. Urgroßmutter Rosalie Engel soll dagegen 1942 verstorben sein. Wahrscheinlich in Muldszen, wo sie nach dem Tod ihres Mannes gelebt hat. Vielleicht stammte die Hutmacherin auch aus dieser Gegend. „Rosa“, wie sie genannt wurde, war eine geborene Lippke. Aus den Gemeindelisten für Muldszen von 1939 ist zwar ihr Geburtsjahr 1866 ersichtlich, nicht aber der Geburtsort. Vielleicht gibt es noch entfernte Verwandte oder Bekannte, die sich an die Genannten erinnern? Frau Strixner wäre für jede Auskunft dankbar. (Andrea Strixner, Nußdorferstraße 3/6 in A 5020 Salzburg, Österreich, Telefon 43/662/8202973, Telefax +43/662/8202970.)

Immer wieder taucht in den Suchfragen das Wort „spät“ auf, so auch in dem Schreiben von Herrn Herbert John aus Völklingen. Seine Mutter ist auf dem Rücktransport aus einem russischen Gefangenenlager im Ok­tober 1946 verstorben. „Wir haben das alles leider viel zu spät erfahren, und inzwischen leben die Zeitzeugen nicht mehr“, schreibt Herr John. Oder sind nicht aufzufinden, und da ist nun die Ostpreußische Familie gefordert. Frau Marianne John geborene Thurneysen, * 5. Dezember 1897, wurde Ende Februar 1945 zusammen mit ihrer Tochter Rosemarie aus dem Gutshaus Moithienen bei Kobulten, Kreis Ortelsburg nach Rußland verschleppt. Sie war von April bis Oktober 1946 im Lager Nr. 463 in Tscheboksary in der Nähe von Kasan an der Wolga. Von dort muß der Heimtransport erfolgt sein. Auf diesem ist Frau John wohl schon auf russischem Gebiet verstorben, denn sie soll im Lager Kanasch bei Moskau begraben worden sein. Diese Angabe hat Herr John vom DRK-Suchdienst erhalten, sie beruht auf den Aussagen von Mitgefangenen, Frau Hedwig Klimmek – Adresse unbekannt – und Josef Warzecha. Letzterer soll in Eisenberg/Thüringen gelebt haben, aber eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt blieb ohne Erfolg. Verstorben ist leider ein weiterer Zeitzeuge. Herrn Johns damals 24jährige Schwester Rosemarie kam 1947 aus der Gefangenschaft, zusammen mit etwa gleichaltrigen Frauen und Männern. Da sicher auf dem Rück-transport, auf dem die Mutter verstarb, auch jüngere Frauen und Männer waren, kann es sein, daß sich jemand an Marianne John und ihren Tod erinnert. Es geht Herrn John vor allem um die Grabstätte, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) konnte die angegebene nicht bestätigen. (Herbert John, Eschenweg 10 in 66333 Völklingen, Telefon/Fax 06898/82671.)

Über den Maler und Grafiker Alexander Kolde haben wir schon oft berichtet und einige seiner Arbeiten gezeigt, vor allem, wenn diese mit Fragen verbunden waren, nun möchte ich auf eine Ausstellung hinweisen, die zur Zeit in Elmshorn zu sehen ist: Sie ist Alexander Kolde gewidmet und zeigt im Torhaus, Probstendamm, 51 seiner Arbeiten. Die vom Kunstverein Elmshorn gestaltete Ausstellung gewährt einen guten Überblick über das Lebenswerk Koldes, von seiner frühen abstrakten Schaffensperiode über die Königsberger Jahre bis zum späten Schaffen in Flensburg, wo der 77jährige 1963 verstarb. Der Hauptteil der Ausstellung ist den Lithos aus seinen Zyklen „Wandernder Christus“ und „Der Cherub steht vor Gott“ gewidmet. Seine Liebe zu Ostpreußen zeigt sich vor allem in den Bildern von Rastenburg, wo der 1886 in Neuhaldensleben Geborene seine Kindheit und Jugend verlebte – der Vater hatte dort eine Fabrik übernommen –, in den Aquarellen von der Samlandküste und in den Pferdebildern. Kolde studierte an den Akademien in Berlin, München und Königsberg, war Schüler von Lovis Corinth in Berlin, kehrte schwer verwundet nach dem Ersten Weltkrieg nach Königsberg zurück und wurde Gründer der Künstlervereinigung „Der Ring“. Heute verwalten seine Töchter Berta und Katharina Kolde das künstlerische Erbe ihres Vaters. Der Hauptteil seines reichen Schaffens ging leider durch Krieg und Vertreibung verloren, um so erstaunlicher ist die Vielfalt der in Elmshorn gezeigten Werke. Wir freuen uns mit den unserer Ostpreußischen Familie so verbundenen Schwestern Kolde, daß die Ausstellung, die leider nur noch bis zum 8. Februar dauert, einen regen Anklang findet. (www.kunstverein-elmshorn.de.)

Eure Ruth Geede

Foto: Hans Joachim Düring mit Stiefmutter und Vater (v.l.): Wer zur Klärung des Schicksals von „Hanni“ beitragen kann, wende sich an seine Halbschwester Heidemarie Düring, Ahrenshooper Straße 49 in 13051 Berlin, Telefon (030) 92371802.


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