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07.02.09 / Das neue Bild der Welt / Das »Internationale Jahr der Astronomie 2009« erinnert an Kepler und Galilei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-08 vom 07. Februar 2009

Das neue Bild der Welt
Das »Internationale Jahr der Astronomie 2009« erinnert an Kepler und Galilei

Das Jahr 2009 wurde von der Unesco und der Internationalen Astronomischen Union zum „Jahr der Astronomie“ deklariert: Vor 400 Jahren hatten Johannes Kepler und Galileo Galilei das Bild der Welt total verändert.

„Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.“ Mit diesen Worten, die Immanuel Kant in seiner „Kritik der praktischen Vernunft“ 1788 zu Papier brachte, gab er – freilich ohne dies selbst zu ahnen – ein wunderschönes Motto für das „Internationale Jahr der Astronomie“ vor. Heute blicken wir 400 Jahre zurück, auf das Jahr 1609, den Beginn der modernen Astronomie, die uns später unter anderem die Erkenntnis bescherte, daß unsere Erde 4,5 Milliarden, unser Universum gar 13,7 Milliarden Jahre alt ist.

Bis ins 17. Jahrhundert galt das ptolemäische Weltbild: Die Erde als Mittelpunkt der Schöpfung, umrundet von Sonne, Mond und Sternen. Da das göttliche Werk nichts weniger als perfekt zu sein hatte, mußten deren Bewegungen natürlich auf Kreisen und Kugeln angeordnet sein. Doch schon die alten Griechen beobachten, daß ein paar Störenfriede die himmlische Harmonie immer wieder durcheinanderbrachten. Um etwa die merkwürdigen Schleifen des Mars mathematisch beschreiben (und damit vorausberechnen) zu können, entwarf Aristoteles um 350 v. Chr. ein komplexes System von 57 Sphären; ein halbes Jahrtausend später setzte Ptolemäus zur Verfeinerung des Systems noch ein paar Subsphären obendrauf.

Immerhin konnte dieses geozentrische Weltbild noch gut 1500 Jahre unangefochten überdauern. Dies allein mit katholischem Dogmatismus zu erklären, ist aber zu kurz gedacht. Vor allem in der arabischen Welt war dieses System eingebettet in ein in sich schlüssiges naturwissenschaftliches Gesamtbild.

Ins Wanken brachten es zunächst die Beobachtungen der seefahrenden Entdecker um Columbus, obwohl die Kugelgestalt der Erde bereits vor der Entdeckung Amerikas entgegen einem schier unausrotbaren Gerücht bekannt war. Dann preschte Nicolaus Copernicus, Domherr im ostpreußischen Frauenburg, vor: 1543 präsentierte er in seinem Werk „De Revolutionibus Orbium Coelestium“ (Von den Drehungen der Himmelskreise) ein heliozentrisches Weltbild und degradierte, zum Leidwesen der etablierten Mächte in Kirche und Wissenschaft, die Erde zum einfachen Planeten.

Der entscheidende Durchbruch ließ noch einmal 65 Jahre auf sich warten. Verbunden ist er mit zwei Namen: Johannes Kepler und Galileo Galilei. Der Schwabe Kepler kam beim Vergleich der Systeme von Ptolemäus und Copernicus zu einem merkwürdigen Ergebnis: Beide erlaubten es, die Bahndaten von Sonne, Mond und Planeten recht genau zu berechnen. Das alte System aber versagte, wenn man diese Bewegungen auch wissenschaftlich erklären wollte. Dies aber war sein Ziel.

Unabhängig davon präsentierte auf der Frankfurter Herbstmesse 1608 der deutsch-holländische Brillenmacher Johannes Lipperhey ein zunächst als Kuriosum belächeltes Rohr, mit dem man entfernte Gegenstände wie von Nahem sehen konnte. Fern in Padua vernahm der italienische Naturforscher Galileo Galilei von diesem wundersamen Fernrohr, baute es nach – und richtete es statt auf irdische Gegenstände gen Himmel.

Als erstes geriet ihm der Mond ins Visier. Er entdeckte Details, die vor ihm noch nie ein Mensch gesehen hatte: Täler, Ebenen, Gebirge. Und je nach dem Winkel, den Erde, Mond und Sonne bildeten, unterschiedliche Schattenwürfe. Er baute ein zweites und bald schon ein drittes Teleskop, sein Blick drang immer weiter in die Tiefen des Universums vor. Höhepunkt dieses Schicksalsjahres der modernen Astronomie war die Entdeckung der vier galileischen Jupitermonde Ende 1609. Zeitgleich veröffentlichte Kepler seine Himmelsphysik mit den beiden ersten der nach ihm benannten und bis heute gültigen Gesetzen. Sein Werk nannte er „Astronomia Nova“ – selten war ein Buchtitel wahrer.

Hans-Jürgen Mahlitz

Weitere Informationen und Termine zum „Jahr der Astronomie“ finden Sie unter www.astonomie 2009.de.

 

Zeitzeugen

Galileo Galilei – Der italienische Forscher (1564–1642) war der erste Astronom, der den Weltraum mit Hilfe eines Teleskops erforschte. Die entscheidenden Entdeckungen gelangen ihm 1609. Freilich war er nicht der von der Kirche erbittert bekämpfte heldenhafte Vorkämpfer der Wahrheit, als der er gern dargestellt wird. Vielmehr galt er als stur, aggressiv und stets auf seinen Vorteil bedacht. Durch hinhaltendes Lavieren konnte er sich lange die Protektion seines Gönners Papst Urban VIII. versichern; erst 1633 wurde er von der Inquisition unter – in der Praxis nicht allzu beschwerlichen – Hausarrest gestellt.

 

Edwin Hubble – Der amerikanische Astronom (1889–1953) bestätigte die Vermutung Immanuel Kants, daß der sogenannte Orionnebel in Wahrheit eine Galaxie ähnlich unserer Milchstraße ist. Ferner entdeckte er aufgrund der sogenannten Rotverschiebung im Licht der Sterne, daß die Galaxien, je weiter von uns weg, sich um so schneller entfernen, sich das Universum also mit zunehmendem Tempo ausdehnt. Mit der nach ihm benannten Hubble-Konstanten läßt sich die Distanz ferner Galaxien bestimmen. Der hochverdiente Nobelpreis blieb ihm – wie anderen bedeutenden Kosmologen – versagt. Dafür wurde er als Namensgeber des Weltraumteleskops geehrt.

 

Stephen Hawking – Der britische Astrophysiker, am 8. Januar 1942 in Oxford geboren, ist seit 1979 Inhaber des Lucasischen Lehrstuhls für Mathematik an der Universität Cambridge, den einst Isaac Newton innehatte. Seit 1963 leidet er an einer zu vollständiger Lähmung führenden unheilbaren Nervenkrankheit. Obwohl an den Rollstuhl gefesselt und auf einen Sprachcomputer angewiesen, gilt Hawking heute als der weltweit führende Astrophysiker und Kosmologe. Wegweisend sind seine Forschungen über Schwarze Löcher. Mit „Eine kurze Geschichte der Zeit“ verbuchte er einen in der Wissenschaftsliteratur einmaligen Welterfolg.

 

Johannes Kepler – Der schwäbische Mathematiker und Astronom (1571–1630) arbeitete ab 1600 als Assistent des dänischen Sternforschers Tycho Brahe in Prag. Dessen Sammlung von Planetenbahndaten machte Kepler zur Grundlage seiner „Neuen Astronomie“, die er 1609 publizierte. Schon früh stand er im Kontakt mit Galilei, dessen Fernrohr er technisch weiterentwickelte. Der Begründer der bis heute gültigen Himmelsphysik wird von Zeitgenossen als bescheiden, zurückhaltend und gutmütig beschrieben. Anders als Galilei wurde er immer wieder um seine Besoldung und den verdienten Ruhm betrogen.


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