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07.02.09 / Von Kant bis Hawking / Dilemma der Kosmologie: Viele Antworten und noch mehr Fragen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-08 vom 07. Februar 2009

Von Kant bis Hawking
Dilemma der Kosmologie: Viele Antworten und noch mehr Fragen

Seit der Mensch denken kann, denkt er darüber nach, wie wohl dieser Kosmos, der ihn umgibt und dessen Teil er ist, entstanden sein mag. Die älteste uns geläufige Kosmologie lautet schlicht und einfach „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“. Laut Genesis 1 brauchte er dafür sechs Tage.

Längst wissen wir, daß diese Zeitangabe, die aber wohl nie wörtlich gemeint war, nicht stimmt. Sechs Tage – viel zu kurz, lehren uns kluge Kosmologen; die Entstehung der Erde aus kosmischem Staub, die Entwicklung des Lebens auf diesem Planeten, das hat bislang schon über vier Milliarden Jahre gedauert.

Sechs Tage – viel zu lang, lehren uns noch klügere Kosmologen; die Entstehung des Universums hat sich in weniger als dem Milliardenstel Bruchteil einer Sekunde vollzogen. Sie nennen es „Urknall“, geschehen vor 13,7 Milliarden Jahren. Mit ausgefeilter Technologie – Radio- und Weltraumteleskopen, Infrarot- und Mikrowellensatelliten – blicken sie bis an den fernsten Rand des Weltalls (das ist zugleich der Blick in die fernste Vergangenheit). Was sich in diesen Jahrmilliarden physikalisch abspielte, haben sie recht genau erforscht – bis wenige Sekundenbruchteile nach dem Urknall.

Dieser selbst aber entzieht sich hartnäckig menschlichem Forscherdrang. Niemand kann ihn beschreiben oder gar mit physikalischen Gesetzen erklären. Und erst recht weiß niemand eine Antwort auf die Frage: Was war denn eine Sekunde vor dem Urknall?

Stephen Hawking, der seit Jahrzehnten mit bewundernswerter Kraft nicht nur sein eigenes Schick-sal, sondern auch größte wissenschaftliche Herausforderungen meistert, sucht zur Zeit einen Ausweg aus dem Dilemma einer in immer mehr Wissen erstickenden Ratlosigkeit: Vielleicht war der Urknall nicht Nullpunkt, sondern Wendepunkt, von dem an die Zeit umgekehrt ablief?

Immer neue Fragen stellen sich: Verlieren sich Anfang und Ende des Universums im Unendlichen? Gibt es davor und danach irgendetwas oder nur absolutes Nichts?

Schon der ostpreußische Denker Immanuel Kant hatte intensive kosmologische Überlegungen angestellt, gestützt auf eigene Himmelsbeobachtungen. Dank Kepler und Galilei wußte er, daß weder die Erde noch die Sonne Mittelpunkt der Welt waren. Doch Kant dachte bereits weiter. Die Milchstraße, in der unsere Sonne mitsamt unserer Erde nur einer von Abermillionen Sternen ist, erkannte er weit vorausschauend als nur eine von „Welten über Welten und System über System“. 1920 bewies Edwin Hubble, daß die ominösen „Nebel“ am Firmament tatsächlich eigenständige Galaxien sind, die sich auf der nächsthöheren Ordnungsebene in Galaxienhaufen zusammengefunden haben. Und nun überrascht uns Stephen Hawking mit der Idee, dieses unser Universum mit seinen Milliarden Galaxien sei vielleicht gar nicht das einzige.

Vorstellen kann man sich das alles nicht, dafür sind die Zahlen entweder zu klein oder zu groß. Gewiß ist nur eins in der Kosmologie: Jede neue Antwort kommt einher mit einem Bündel neuer Fragen.                          H.J.M.


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