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14.02.09 / Aus der Balance / Glos’ Abtritt macht alte Probleme der Union sichtbar und verursacht neue

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-09 vom 14. Februar 2009

Aus der Balance
Glos’ Abtritt macht alte Probleme der Union sichtbar und verursacht neue

Der nicht eben elegante Wechsel im Amt des Bundeswirtschaftsministers könnte die Machtbalance in Berlin gründlicher durcheinanderbringen, als es zunächst schien. FDP und SPD reiben sich die Hände.

Daß Michael Glos weng Spaß an seinem Amt hatte, war in Berlin ein offenes Geheimnis. Er hatte das Ressort nicht angestrebt und mußte seit Monaten zusehen, wie die Bundeskanzlerin die Auswirkungen der Weltfinanzkrise allein mit Bundesfinanzminister Peer Steinbrück von der SPD zu bewältigen versuchte. Das Abrücken der CDU-Vorsitzenden von Glos, der früher ein wichtiger und zuverlässiger Verbündeter für sie war, und mit dem sie sich früher als mit vielen Politikern ihrer eigenen Partei geduzt hat, nahm zeitweilig beklemmende Züge an. Sprach Glos im Plenum des Bundestages, schaute Merkel demonstrativ weg, plauderte oder las Unterlagen. Schon gegenüber dem politischen Gegner gilt das als schlechter Stil, gegenüber engen Partnern als offener Affront.

Und doch fragen sich viele, warum ein alter Fahrensmann und Vollprofi wie Michael Glos seinen politisch und menschlich verständlichen Rück­zug nicht anders durchgezogen hat. Mit der Übermittlung eines Fax an eine Adresse von CSU-Chef Horst Seehofer, bei der Glos wissen mußte, daß Seehofer die Rücktrittsankündigung nicht erhalten würde, mitsamt anschließender öffentlicher Bloßstellung des eigenen Parteichefs – das erinnert schon an den unsäglichen Abgang Oskar Lafontaines vom Amte des Bundesfinanzministers im Frühjahr 1999. Daß Glos kurz danach den „Streß“ seines Amtes eigens erwähnte und nach vollzogenem Wechsel massiv gegen die Bundeskanzlerin nachkarte, maximiert den enormen politischen Flurschaden, den der unterfränkische Müllermeister in nur drei Tagen angerichtet hat.

Innerhalb der Union kann dadurch zwar im Rückblick das Verständnis für Merkels eiskalte Behandlung ihres Bundeswirtschaftsministers wachsen, aber nach außen ist der Effekt fatal. Die Union steht als in Wirtschaftsfragen nicht voll kompentente Kraft da, bei der sich zusätzlich die Spitzenleute streiten wie die Kesselflicker. Denn Glos’ Abgang hat ja zu allem Übel für die Union auch noch die Gegensätze und Differenzen zwischen den beiden Parteichefs Merkel und Seehofer schonungslos offengelegt.

Auf die beiden neuen Leute,  Karl-Theodor zu Guttenberg als Bundeswirtschaftsminister und Alexander Dobrindt als neuem CSU-Generalsekretär, kommt mehr als nur harte inhaltliche Arbeit zu, in Zeiten der tiefen Krise vor allem natürlich auf den Bundeswirtschaftsminister. Nur wenn es ihnen gelingt, nach innen tiefe Zerwürfnisse zu überwinden und nach außen neues Vertrauen zu sichern, kann verhindert werden, daß die rabenschwarze Woche der Union zu einer dauerhaften Veränderung der Machtstatik in Berlin führt.

Konrad Badenheuer


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