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14.02.09 / Endlich mit Schuldenbremse / In Berlin gelang eine abgespeckte Föderalismusreform – Jetzt fehlt noch die Neugliederung der Länder

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-09 vom 14. Februar 2009

Endlich mit Schuldenbremse
In Berlin gelang eine abgespeckte Föderalismusreform – Jetzt fehlt noch die Neugliederung der Länder

Nur von wenigen erwartet,  gelang eine Einigung über die Föderalismusreform II. Zwar blieb die angestrebte große Durchforstung der unübersichtlichen Finanzbeziehungen von Bund und Ländern aus, doch wurde immerhin eine „Schuldenbremse“ beschlossen. Wirklich komplett wäre die Föderalismusreform aber erst mit einer mutigen dritten Stufe: dem Neuzuschnitt der Bundesländer.

Macht keine Schulden und gebt nicht mehr aus, als ihr einnehmt – an dieses Vermächtnis Friedrich Wilhelms I., von 1713 bis 1740 König in Preußen, haben sich dessen Nachfolger zumindest in Friedenszeiten einigermaßen gehalten; erst der Erste Weltkrieg besiegelte das Ende preußischer Haushaltsdisziplin.

Derweilen baute weiter südlich Bayerns Märchenkönig Ludwig II. reihenweise Schlösser auf Pump – damals ein finanzpolitzischer Albtraum, heute eine traumhaft sprudelnde Einnahmequelle für die demokratischen Nachfahren des verschwenderischen Monarchen.

Man sieht: Diesseits und jenseits des Weißwurstäquators gab es schon immer tiefgreifende Differenzen über Sinn und Unsinn staatlicher Schuldenberge. Allerdings sind heute die Vorzeichen umgekehrt: München glänzt mit einem ausgeglichenen Haushalt, Berlin dreht rekordverdächtig an der Kreditschraube.

Zurück zu den – im besten Sinne preußischen – Wurzeln, dies war das unausgesprochene Motto der sogenannten Föderalismusreform II, die nun endlich den parlamentarischen Gremien beschlußreif vorliegt. Sie soll, längst überfällig, das schier undurchschaubare Finanzgewebe zwischen Bund und Ländern entwirren und neu ordnen. Und zugleich soll, erstmals in der deutschen Geschichte, eine Schuldenbremse verfassungsrechtlich verankert werden.

Auf den ersten Blick handelt es sich bei dem Entwurf der Föderalismuskommission sogar um ein striktes Schuldenverbot. Bei näherem Hinsehen entdeckt man jedoch einige Hintertürchen. So darf bei großen Naturkatastrophen oder schweren Konjunktureinbrüchen (wie der jetzigen Finanz- und Wirtschaftskrise) doch wieder zum „bewährten“ Mittel der Kreditaufnahme gegriffen werden. Einzige Bedingung in diesen Fällen: ein nachvollziehbarer Tilgungsplan.

Außerdem soll das grundgesetzliche Schuldenverbot erst im Jahre 2020 in Kraft treten. Ein Jahrzehnt Zeit also, in dem niemand ausschließen kann, daß sich nicht doch irgendwann eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit findet, mit der sich die Bremse wieder lockern läßt, bevor sie noch richtig angezogen wurde.

So ist der steuerzahlende Bürger, der schließlich für den derzeit 1,5 Billionen Euro hohen Schuldenberg geradestehen muß, gut beraten, sorgsam darauf zu achten, daß die durchaus begrüßenswerten Regelungen dieser zweiten Föderalismusreform in der Praxis eingehalten werden und nicht nur schöne Verfassungstheorie bleiben.

Von den Segnungen der Föderalismusreform I jedenfalls haben die Bürger im politischen Alltag noch nicht allzuviel bemerkt. Das Jahrhundertwerk, am 1. September 2006 in Kraft getreten und von seinen Protagonisten Edmund Stoiber und Franz Müntefering als „Mutter der Reformen“ gepriesen, regelt die gesetzgeberischen Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern. Unter anderem wurde die Zustimmungskompetenz des Bundesrates von 60 auf unter 40 Prozent aller neuen Gesetze reduziert. So sollte verhindert werden, daß die Ländervertretung mißbraucht wird, um die Bundespolitik zu blockieren. Zur Nagelprobe wäre es beinahe nach der Hessen-Neuwahl gekommen: Die zum Regierungspartner aufgerück­te FDP wollte Änderungen am Konjunkturpaket II erzwingen. Doch dank grüner Tricksereien – im Bundestag ablehnen, im Bundesrat zustimmen – fiel die mit Spannung erwartete Vorführung aus.

In wichtigen Bereichen, zum Beispiel der Umweltpolitik, wurde das erklärte Ziel nicht erreicht: Der Bürger weiß durch die Reform keineswegs besser als vorher, wer wo für was zuständig ist. Stattdessen mußte er jüngst das Trauerspiel um das Umweltgesetzbuch mit den Hauptdarstellern Horst Seehofer und Sigmar Gabriel erleben.

Kritische Beobachter sind sich weitgehend einig: Die Neuordnung des staatlichen Finanzsystems und die Begradigung des föderalen Kompetenzwirrwarrs können nur dann zu spürbaren Erfolgen führen, wenn den Föderalismusreformen I und II ein dritter Schritt folgt: die Neugliederung der Bundesländer. Deutschland leistet sich 16 Länder mit Regierungen, Parlamenten und üppigen Ministerialbürokratien. Das verursacht nicht nur unnötige Kosten. Hinzu kommt, daß einige dieser Länder wirtschaftlich und finanziell nicht leistungsfähig genug sind und auf Dauer am Tropf des sogenannten Länderfinanzausgleichs hängen. Aus Sicht der „reichen“ Länder bedeutet das: Wer schlecht wirtschaftet, wird belohnt, wer gut haushaltet, wird bestraft.

Eine Zusammenlegung auf sieben annähernd gleich starke Bundesländer würde nicht nur enorme Verwaltungskosten sparen, sondern auch einen Finanzausgleich überflüssig machen. Zudem würde der gesetzgeberische Flickerlteppich – siehe Nichtraucherschutz – wenigstens etwas übersichtlicher.

Das Grundgesetz fordert für einen neuen Zuschnitt der Länder zwingend Volksabstimmungen. Darin sehen Kritiker das entscheidende Hindernis; offenbar trauen sie dem Volk grundsätzlich keine vernünftigen Entscheidungen zu.

So könnte der neue Länderzuschnitt aussehen: Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen bleiben unverändert, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland schließen sich zusammen, im Osten bilden Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt eine Einheit, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen bilden den neuen Nordstaat, Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern fusionieren zum neuen Bundesland Preußen, das beispielhaft für ganz Deutschland den guten Teil der preußischen Tradi­tionen wiederbeleben würde – nicht nur, wenn es – wie eingangs erwähnt – um die Schulden des Staates geht.  Hans-Jürgen Mahlitz


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