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14.02.09 / Wurzel der Probleme

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-09 vom 14. Februar 2009

Wurzel der Probleme
von Hinrich E. Bues

So erfolgreich sie in den Tagen des Aufschwungs und der sprudelnden Steuereinnahmen agiert haben mag, so sehr scheint Angela Merkel in dieser Zeit der Weltwirtschaftskrise zunehmend orientierungslos. Was soll gelten? Solider Staatshaushalt oder neue Schulden, staatlicher Interventionismus oder privates Unternehmertum, die Förderung der traditionellen Familie oder das zeitgeistige Ja zu alternativen Lebensformen? Welche Werte sind eigentlich noch verbindlich für die CDU, welcher Kompaß leitet die Bundeskanzlerin?

Ein Kompaß hat mit den zentralen Werten des Lebens eins gemeinsam. Er ist beständig. Seine Nadel zeigt immer auf den magnetischen Nordpol. Die wichtigen Werte des menschlichen Lebens wie Liebe, Glaube oder Hoffnung sind ganz ähnlich. Sie haben keinen Neuigkeitswert, aber wir brauchen sie lebensnotwendig.  Werte brauchen Bindungskraft, sonst sind sie keine, und Bindungskraft entsteht meist aus der Religion. Das sah man zuletzt in Berlin, wo 307000 Menschen für die Initiative „Pro Reli“ stimmten. Damit hatte kaum einer gerechnet.

Die Richtigkeit von Werten kann man nicht beweisen, aber ohne sie bleibt das Leben – und auch das einer Partei – irgendwie blutleer und leidenschaftslos. Die aktuell eher schwachen Umfragewerte der CDU sprechen hier eine deutliche Sprache. Analytisches Denken und taktische Brillianz sind in der Politik natürlich unverzichtbar, und hier glänzt die Kanzlerin. Wo aber jenseits von Einzelinteressen in Notsituationen gehandelt werden muß, wo ein ganzes Leben einer Aufgabe gewidmet oder auch geopfert wird, sind tiefere und aus der Sicht der Politik womöglich sogar irrationale Begründungen gefragt. Jeder, der sich auf die Gründung einer Familie eingelassen hat, kennt diese Dimension des Lebens.

Als sich Angela Merkel als „Protestantin“ zum Ärger vieler Katholiken und auch zum Entsetzen von Papst Benedikt in die Angelegenheiten der katholischen Weltkirche einmischte, wurde schlaglichtartig eins deutlich. Der protestantischen Pfarrerstochter fehlt in diesem für ihre Partei grundlegenden Bereich die Sensibilität. Sonst hätte sie einen solchen Vorstoß, der weder sachlich noch politisch angebracht war, unterlassen. Ganz abgesehen davon, ob es einer Politikerin ansteht, sich in die Belange einer weltweiten Religionsgemeinschaft einzumischen, offenbart sich hier überdies eine fortbestehende Fremdheit gegenüber den Wurzeln ihrer eigenen Partei. Die CDU ist nicht irgendeine Partei der „Mitte“, sondern verdankt ihre Gründung, ihre Bedeutung und ihren Bestand als Volkspartei dem christlich-sozialen (und meist katholischen) Milieu, national-konservativen und wirtschaftsliberalen Kräften. Zu allen drei Säulen der CDU bewahrt die Bundeskanzlerin einen merkwürdigen inneren Abstand, der jetzt in der Krise auffällig wird.

Foto: Hat sie damals schon geahnt, daß der Papst es wagen würde, sich über die Beschlußlage der CDU hinwegzusetzen? Angela Merkel und Benedikt XVI. bei dessen Deutschlandbesuch im September 2006


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