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14.02.09 / Von Teufelsdreck und Gaumenfreuden / Eine Wanderausstellung informiert über die Kulturgeschichte der Gewürze

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-09 vom 14. Februar 2009

Von Teufelsdreck und Gaumenfreuden
Eine Wanderausstellung informiert über die Kulturgeschichte der Gewürze

Gewürze sind so alt wie die Menschheit. Bereits in den frühesten Hochkulturen nutzte man Pflanzen und Pflanzenteile in Kult und Religion, für medizinische und kulinarische Zwecke. Eine Wanderausstellung erzählt von der Geschichte der Gewürze und stellt einzelne Pflanzen vor.

„Backe, backe Kuchen“ sangen einst die Kinder und „Safran macht den Kuchen gel“, ohne ganz genau zu wissen, was das eigentlich bedeutet. Was ist Safran? Was ist „gel“? Letzeres war schnell geklärt: gel bedeutet gelb. Später lernte man in der Schule, daß Safran eine Krokus-Art ist, aus deren im Herbst erscheinenden violetten Blüten die Stempel als das ebenfalls Safran genannte Gewürz gewonnen werden. Um ein Kilogramm zu gewinnen, benötigt man etwa 120000 Blüten aus einer Anbaufläche von etwa 1000 Quadratmetern; die Ernte ist reine Handarbeit, ein Pflücker schafft 60 bis 80 Gramm am Tag. Safran kann nur einmal pro Jahr im Herbst geerntet werden, da die Pflanze nur dann zwei Wochen blüht. Kein Wunder also, daß Safran zu den teuersten Gewürzen zählt. Im Handel zahlt man zwischen 4 und 14 Euro pro Gramm.

Viel erfährt man über die Welt der Gewürze in dieser Ausstellung, die nach Oldenburg, Berlin und Göttingen zur Zeit in Stade zu sehen ist. Für die Schau unter dem Titel „Chili, Teufelsdreck und Safran“ hat man einen würdigen Platz gefunden – den zwischen 1692 und 1705 am alten Hafen in Stade errichteten Schwedenspeicher. Die damals in der Stadt an der Schwinge herrschenden Schweden hatten dort ihr Proviant gelagert. Ob sich allerdings Gewürze darunter befanden, mag bezweifelt werden, denn selbst Salz war zu dieser Zeit meist  nicht erschwinglich.

Pfeffer und Salz interessierten die Besucher der Ausstellung auch weniger, das waren alltägliche Gewürze, die schon die Mütter und Großmütter benutzten. Dazu kamen auch noch krause Petersilie, Dill und Schnittlauch, was man eben so im Garten hatte. Was aber hätten sie zu Teufelsdreck gesagt? Igitt! Die Soldaten Alexander des Großen waren da weniger wählerisch, sie entdeck-ten den Teufelsdreck, auch Asant, Stinkasant oder Stinkharz genannt, bei ihrem Ritt durch die karge Landschaft Afghanistans – und waren begeistert, erinnerte er sie doch an ein heimisches Gewürz, das Silphion. Es war sehr begehrt und wurde später sogar auf römischen Münzen abgebildet.

Der Teufelsdreck hat einen intensiven knoblauchähnlichen Geruch und wird in der indischen Küche für Curries als Knoblauch- und Zwiebelersatz benutzt. Verwendet wird der zu Harz verfestigte milchige Saft des Krauts, der austritt, wenn man die Stengel bricht. In der Medizin wirkt es wie einst auch das Silphion beruhigend, schmerzstillend, krampf-lösend und aphrodisierend. Außerdem regt es schleimlösenden Husten an und senkt den Blutdruck.

Zu den Gewürzen mit den interessanten Namen gehört auch Sassafras, ein Lorbeergewächs, das in Nordamerika beheimatet ist. Das aus der Wurzelrinde und den Früchten gewonnene Sassafrasöl wird als Parfüm oder Aromastoff verwendet und früher auch für die Herstellung von Root Beer.

Allerdings hat sich herausgestellt, daß das darin enthaltene Safrol krebserregend ist. Deshalb verwendet man jetzt künstliches Sassafras-Aroma für das Bier.

Wie exotisch heute diese Gewürze und Aromen auch anmuten, so waren es noch eine Generation zuvor Kräuter wie Basilikum, Salbei, Oregano, Thymian und Rosmarin, die in südlichen Ländern schon längst verarbeitet wurden. Fernreisen haben diese Kluft überbrückt, und heimgekehrte Urlauber können fremdländische Tafelfreuden meist ohne großen Aufwand wiederholen. Heute sind – zumindest in deutschen Großstädten – die Ingredienzien ausländischer Küchen gut verfügbar.

Selbst Chili hat mittlerweile das Herz so mancher deutschen Hausfrau erobert, wenn sie auch nur den gebräuchlichen roten Chili kennt und ihn meist in Pulverform verwendet. Doch besonders Mexiko und die Andenländer weisen eine riesige Vielfalt an lokalen Chilisorten mit unterschiedlichem Aroma und Schärfegrad auf. Die Schärfe des Chilis wirkt im Gehirn wie ein Verbrennungsschmerz, Endorphine werden ausgeschüttet, sie dämpfen den Schmerz und verursachen ähnlich wie Morphium ein Hochgefühl.

Das berühmte Gericht Chili con Carne, also Chili mit Fleisch, hat seltsame Blüten hervorgebracht, so gibt es in den USA Kochwettbewerbe, sogenannte „Cook Offs“, ja sogar Weltmeisterschaften im Kochen dieses Gerichts. Das erste Cook Off fand 1967 als Werbeveranstaltung für das Buch „A Bowl of Red“ von Frank Tolbert in Terlingua, einer Geisterstadt in Texas, statt. Der Texaner Wick Fowler – ein Verfechter des „Texas Style Chili“ ohne Bohnen – trat dabei gegen H. Allen Smith aus New York an, welcher ein Chili mit Bohnen zubereitete. Ein Prestigekampf, der jedoch unentschieden ausging.

Der sicherlich südlichste Chili-Kochwettbewerb findet jedes Jahr im Januar in der Antarktis statt. Auch gibt es Spaßwettbewerbe, in denen nicht nur das Chili im Mittelpunkt steht, sondern der bestaussehende, der häßlichste oder chaotischste Koch gesucht wird.

Es gibt Gewürze, die in den verschiedenen Kulturen unterschiedlich genutzt werden. Nelken zum Beispiel kennt man in Europa als Lebkuchengewürz, vielleicht auch als Beigabe in den Rotkohl, in Äthiopien braut man seinen Kaffee mit Gewürznelken, und in Indonesien nutzte ein eifriger Bastler zu Beginn des 19. Jahrhunderts die kleinen braunen Nelkenköpfchen, um das Modell eines Segelschiffes zu fertigen.

Daß Gewürze längst nicht nur zum Kochen benötigt werden, zeigte die kleine private Schnapsbrennerei Jac. Brümmer, die auf der Ausstellung mit Kräuterschnäpsen vertreten ist und auch demonstrierte, wie solche köstlichen Wässerchen entstehen. Das aber interessierte die jüngsten Besucher der Ausstellung überhaupt nicht. Sie waren mit Begeisterung dabei, bereitgestellte Gewürze im Mörser zu zerkleinern. Ob sie zu Hause genauso bereitwillig in der Küche helfen, bleibt dahingestellt. Silke Osman

Die Ausstellung „Chili, Teufelsdreck und Safran – Kulturgeschichte der Gewürze“ im Schwedenspeicher Museum Stade, Wasser West 39, kann bis zum 13. April dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr, am Wochenende von 10 bis 18 Uhr besucht werden.

Foto: Gewürze ausprobieren: Jung und Alt versuchten sich auf der Ausstellung im Mörsern und Bestimmen von getrock-neten Köstlichkeiten aus aller Welt.       Bild: Osman


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