29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
21.02.09 / Noch nie vom Volk gewählt / Die SPD hat den Vorwahlkampf eröffnet – »Frank Steinmeier« ist eine harte Nuß für seine Wahlstrategen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-09 vom 21. Februar 2009

Noch nie vom Volk gewählt
Die SPD hat den Vorwahlkampf eröffnet – »Frank Steinmeier« ist eine harte Nuß für seine Wahlstrategen

Noch sitzt man in Berlin zusammen am Kabinettstisch, doch gar nicht so insgeheim wetzen SPD und CDU bereits die Messer gegen den jeweiligen Koalitionspartner. Frank „ohne Walter“ Steinmeier und Angela „Mutti“ Merkel und ihre Parteien befinden sich bereits im Vorwahlkampf – auch wenn sie es offiziell bestreiten.

Der Ort war fein säuberlich ausgesucht: In der Hamburger Handelskammer hat der SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier zum Angriff auf die CDU und Bundeskanzlerin Angela Merkel geblasen – gewissermaßen in der Herzkammer der hanseatischen Kaufmannsherrlichkeit und der Heimat des vorletzten SPD-Kanzlers Helmut Schmidt. „Das Neue Jahrzehnt“ lautete der Titel der Veranstaltung. Zutreffender wäre gewesen: „Direkter Kurs auf die Bundestagswahl“. Denn die Veranstaltung galt insbesondere der Neupositionierung der Marke Steinmeier – neudeutsch „Branding“ genannt. Bisher zwar beliebt – nicht weiter schwer für einen Außenminister –, aber in den Umfragen doch deutlich hinter Amtsinhaberin Merkel. Bisher verbindet die Bevölkerung mit ihm eher einen grauen Ober-Bürokraten, der in gestanzten, oft inhaltsarmen Floskeln über Nahost oder den Weltfrieden diplomatisiert, zwar seriös, aber humorlos, uncharismatisch und staubtrocken – „Doktor Aktendeckel“ nannte ihn sogar die ansonsten ihm gegenüber wohlwollende „Süddeutsche“.

Das soll sich nun ändern, und zwar schnell. Steinmeier lernt auf Anraten seiner Berater in der SPD-Zentrale gerade das Wort „ich“, bisher versteckte er sich meist hinter dem teambetonten „Wir“. Er lernt, kurze, an Müntefering erinnernde Hauptsätze zu sagen wie „Sozialdemokraten schlagen sich nicht in die Büsche“, und „Ich weiß, worauf es ankommt“. Er lernt den verbalen Frontalangriff auf die Koalitionskollegen von der Union: „In der Union herrscht Tohuwabohu“ und „Die CSU benimmt sich wie ein pubertierender Halbstarker“. Der bisher faltenfreie Diplomat übt aber auch die klassische SPD-Kuschel-Rhetorik: So wolle er eine „Zeit der ausgestreckten Hand statt der ausgefahrenen Ellbogen“. Im Tonfall war Steinmeier bei öffentlichen Reden ohnehin schon immer verdächtig nah am Schröder-Sound. Ab März dann soll er mit Halbwüchsigen über das Internet chatten – Obamas erfolgreiche On-line-Kampagne läßt grüßen.

Der neueste Clou der Parteistrategen: Sie haben dem Frank-Walter den Walter genommen. „Frank und frei“ statt Ver-Walter, kürzer, knackiger, weniger langatmig – das ist die Parole. Außerdem paßt der kurze Name besser auf die Plakate, und die Wähler können sich mutmaßlich zwei Namensteile besser merken als drei – so möglicherweise die dahinterstehende Überlegung (siehe Kommentar auf Seite 8). Das gibt den Blick frei auf ein interessantes Detail: Steinmeier war bisher noch nie für irgendein öffentliches Amt vom Volk gewählt worden. Er war nie Parlamentarier, war stets in Regierungsämtern im Windschatten von Gerhard Schröder. Erst jetzt bemüht er sich erstmals um ein Bundestagsmandat. Das hat er übrigens mit dem SPD-Bundesgeschäftsführer, Müntefering-Intimus und Wahlkampf-Chefstrategen Kajo Wasserhövel gemeinsam.

Der war all die Jahre seinem Mentor durch alle Instanzen gefolgt und kandidiert erst jetzt erstmals für den Bundestag. Die Wendung der SPD zum Wahlkampf, die Neuausrichtung des Außenministers zum Kanzlerkandidaten, die Posse um den verschwundenen Vornamen – all das riecht verdächtig nach Wasserhövels „Kampa“, die allerdings für Gerhard Schröder die Wahlsiege der Jahre 1998 und 2002 eingefahren hat. Im Schatten dieser Entwicklung steht der SPD-Generalsekretär und formale Wahlkampf-Chef Hubertus Heil. Der war ja 2005 als Kompromißkandidat zwischen Münteferings Wunschkandidat Wasserhövel und der Parteilinken Andrea Nahles ins Amt gekommen. Er konnte das Scheitern gleich zweier SPD-Vorsitzender, Matthias Platzeck und Kurt Beck, nicht verhindern und trägt somit ein Verlierer-Image.

Immerhin überlebte er die Scharmützel an der SPD-Spitze aber auch und durfte nun einige nichtssagende offizielle Statements zur Wahlkampfstrategie abgeben – etwa des Inhalts, daß Kanzlerin Merkel sehr wohl Ziel der SPD-Attacken, aber nicht Ziel einer Schmutzkampagne werden solle. Man tritt Heil sicher nicht zu nahe, wenn man ihn als Kellner, nicht als Koch der Wahlkampf-Strategie bezeichnet. Auf der anderen Seite der Arena, bei der Union, ist derweil weiter das Hickhack über die Grundausrichtung der Partei im Gange. Es geht CDU und CSU offensichtlich an die Nieren, daß sie im Zeichen der Krise starke Staatseingriffe in die Wirtschaft wie Konjunkturpakete und Bank-Verstaatlichungen beschließen müssen – wo doch noch im Leipziger Programm von 2005 dem Rückzug des Staates aus der Wirtschaft und der Entfesselung des Marktes das Wort geredet worden war.

Das nun kommende Wahlprogramm wird deutlich mehr auf staatliche Kontrolle der Wirtschaft ausgerichtet sein, obwohl es im Endeffekt zu einer bürgerlichen Politik an der Seite der FDP führen soll. Möglicherweise ein Umkehrschluß aus der Beinahe-Niederlage von 2005: Damals landete man mit marktliberalen Sprüchen in der ungeliebten Koalition mit der SPD. Nun versucht man, im SPD-Wählerteich zu fischen, um letztlich ein Bündnis mit der FDP hinzukriegen.

Derweil sorgen interne Äußerungen von CSU-Chef Horst Seehofer für Wirbel, der nach außen hin die große Eintracht mit der CDU verkündet. Innerhalb der vermeintlich schützenden Mauern der Münchner Staatskanzlei soll er bei einem Wutausbruch über die CDU geschimpft haben: „Die CDU krebst in manchen Ländern bei 20 Prozent rum und mokiert sich dreist über unsere 44 Prozent. Wenn wir in Bayern nicht deutlich über 45 Prozent kommen, dann ist Mutti die längste Zeit Regierungschefin gewesen“, zitiert der „Focus“ nach Angaben von Sitzungsteilnehmern. Seehofer dementierte dies umgehend als „Märchen“. Übrigens: „Mutti“ ist Angela Merkels Spitzname auf den Berliner Polit-Fluren. Anton Heinrich

Foto: Mehr Macher, weniger Bürokrat: Generalsekretär Hubertus Heil und andere Strategen versuchen, Steinmeiers Image zu optimieren. Bild: ddp


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren