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21.02.09 / Wenig Chancen auf mehr Frieden / Israel steht vor einer schwierigen Regierungsbildung – Sorge vor neuen Konflikten mit den Nachbarn

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-09 vom 21. Februar 2009

Wenig Chancen auf mehr Frieden
Israel steht vor einer schwierigen Regierungsbildung – Sorge vor neuen Konflikten mit den Nachbarn

Israel hat gewählt, und wieder einmal wird die Bildung einer Koalitionsregierung schwierig. Gleich drei Politiker riefen sich nach der Wahl zu Siegern aus, insgesamt zwölf Parteien werden in der neuen Knesset vertreten sein. Das nationale Lager ist deutlich gestärkt aus den Wahlen hervorgegangen. Daher werden Oppositionsführer Benjamin Netanjahu die größten Chancen auf den Posten des Ministerpräsidenten eingeräumt. Netanjahus „Likud“-Partei konnte ihre Parlamentssitze von zwölf auf 27 mehr als verdoppeln und liegt nun knapp hinter Außenministerin Tzipi Livnis „Kadima“-Partei mit 28 Sitzen, die einen Sitz verlor. Der dritte „Sieger“, Avigdor Liebermann von der rechtspopulistischen „Israel Beitenu“-Partei machte vier Sitze gut und stellt nun 15 Parlamentarier im israelischen Parlament.

Als eindeutigen Verlierer der Wahl läßt sich bisher nur die sozialdemokratische Arbeiterpartei von Verteidigungsminister Ehud Barak ausmachen, die sechs Sitze verlor und nur noch 13 Parlamentarier stellt. Alle anderen Parteien, religiöse und arabische Vereinigungen, konnten nur zwischen drei und neun Abgeordnetenmandate erobern. Damit konnten auch die beiden großen Parteien, Likud und Kadima, jeweils nur weniger als ein Viertel der Parlamentssitze von insgesamt 120 erringen.

Das israelische Wahlrecht zeigt einmal mehr seine Tücken. Durch die niedrige Zwei-Prozent-Hürde können zahlreiche Splitterparteien in das Parlament einziehen und schaffen „Weimarer Verhältnisse“ mit kurzlebigen und schwachen Regierungen. Israels Staatspräsident Schimon Peres ist frei, derjenigen Parlamentsfraktion den Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen, der die größten Erfolgsaussichten auf eine Koalitionsregierung eingeräumt werden. Ob dies die Kadima-Partei Livnis ist, der Peres selbst angehört, ist keineswegs sicher, obwohl sie die stärkste Fraktion stellt. Livnis Erfolgsaussichten sind klein, da ihr 17 Sitze für die Regierungsbildung fehlen. Weder Netanjahu noch Liebermann werden sich in eine Koalitionsregierung unter Livnis Führung einbinden lassen. Schließlich war Netanjahu aus Protest gegen die Räumung des Gaza-Streifens 2005 aus der Regierungkoalition ausgeschieden. Und genau dieser Entscheidung verdankt er seinen jetzigen Wahlerfolg.

Das Erstarken des konservativen, religiösen und nationalistischen Lagers führen politische Beobachter auf die letztlich gescheiterte Kriegs- und Versöhnungspolitik unter Ehud Olmert/Tzipi Livni zurück. Netanjahus „Prophezeiung“ aus dem Jahr 2005, daß nach einem Rückzug aus dem Gaza-Streifen mit der umstrittenen Räumung der israelischen Siedlungen sich ein Raketenhagel auf Israel ergießen würde, traf schließlich ein. Allerdings ist die Regierungsbildung auch für Netanjahu schwierig. Bei einer Mehrheit von nur fünf Sitzen erhält jede Splitter-Partei die Möglichkeit, das Zünglein an der Waage zu spielen. Auch die orthodoxe Schas-Partei mit ihren neun Sitzen ist nicht gerade als einfacher Koalitionspartner bekannt. Wie stabil solch eine rechtsgerichtete Regierung – angesichts des kriegerischen Umfeldes – sein wird oder ob bald wieder Neuwahlen nötig werden, das wagt in Israel derzeit niemand vorherzusagen. Ausgeschlossen scheint, daß die drei kleinen arabischen Parteien mit zusammen elf Mandaten in die Koalitionsverhandlungen einbezogen werden könnten.

 Diese islamischen, marxistischen beziehungsweise nationalistischen Splitterparteien, die von der arabischen Bevölkerung Israels gewählt werden, gelten den anderen Fraktionen in der Knesset als „Terroristen“ und Illoyale zum Staat Israel. Vor der Wahl betrieb eine große Koalition der Knesset-Parteien sogar den Ausschluß dieser Parteien, konnte sich aber schlußendlich mit einem Verbot vor dem Obersten Gericht Israels nicht durchsetzen. Wer immer der nächste Ministerpräsident ist, die politische Rechte wird ein großes Gewicht in der nächsten Regierung haben. Einen wenn nicht den Schlüssel hält Avigdor Liebermann in der Hand. Die Palästinenser befürchten daher eine Stagnation im Friedensprozeß. Netanjahu will die in Annapolis begonnenen Friedensgespräche mit den Palästinensern erst einmal zur Seite legen. Liebermann ist zwar nicht unbedingt gegen eine Zwei-Staaten-Lösung, will aber den Druck auf Palästinenser und sogar israelische Araber erhöhen. Von letzteren erwartet er eine formelle Loyalitätserklärung gegenüber dem israelischen Staat. Bei Außenministerin Livni hat sich nach dem ersten Jubel der Wahlnacht Ernüchterung eingestellt. Ihrer Partei wurde für eine Regierung der nationalen Einheit unter Netanjahu bereits das Außen- und das Verteidigungsministerium angeboten.

Zurückhaltend bis feindlich fallen die Kommentare zur israelischen Wahl aus dem Lager der Palästinenser aus. Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erekat sagte, Israel habe „für einen Zustand der Lähmung gestimmt“. Er äußerte sich besorgt, daß die neue israelische Regierung „ungeachtet ihrer Zusammensetzung nicht in der Lage sein wird, den Friedensprozeß mit den Palästinensern oder Syrien voranzutreiben“. Hamas-Sprecher Fausi Barhum erklärte, der Wahlerfolg von Livni, Netanjahu und Liebermann zeige, „daß die Zionisten die radikalsten Terroristen gewählt haben. Wir haben nun mit drei Köpfen zu tun, die für Radikalismus und Terror stehen.“ Hinrich E. Bues

Foto: Israels Staatspräsident Peres (r.) hatt sich das Wahlergebnis anders vorgestellt: Statt seiner Parteichefin Tzipi Livni drängt deren Widersacher Benjamin Netanjahu (l.) auf den Posten des Ministerpräsidenten. Bild: imago


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