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21.02.09 / Leid der Frauen / US-Wissenschaftlerin befragte Opfer der Vertreibung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-09 vom 21. Februar 2009

Leid der Frauen
US-Wissenschaftlerin befragte Opfer der Vertreibung

„Wieviel Leid kann ein Mensch ertragen“, fragt am Beginn seines Vorwortes der amerikanische, jetzt in der Schweiz lebende Völkerrechtler Prof. Alfred M. de Zayas, und er fährt fort: „Wie viele Entbehrungen und Demütigungen haben Frauen während des Krieges ertragen – und in dem auf ihn folgenden Chaos?

Welche psychischen Verletzungen haben die Überlebenden und deren Kinder durch ihr ganzes Leben mitschleppen müssen? Und sind sie mit ihren Traumata überhaupt zurechtgekommen? Mit der kalten Gleichgültigkeit der Welt und der Unfähigkeit vieler anderer zum Mitleid oder deren Unfähigkeit, darüber überhaupt etwas hören zu wollen?“

So beginnt das schmale Buch, das, nachdem es zunächst in den USA erschienen ist, nun auch in einem deutschen Verlag herauskam. „Frauen und Vertreibung – Zeitzeuginnen berichten“ nannte die Professorin für Soziologie an der University of South Carolina, Brigitte Neary, die sich speziell mit Frauenstudien befaßt und besonderes Gewicht auf das Thema „Frauen und bewaffnete Konflikte“ legt, ihr Buch. Da ihre Eltern deutsche Heimatvertriebene waren, nahm sie sich auch des Schicksals der deutschen Frauen an. Es gelang ihr, Ende der 90er Jahre 15 Frauen, die zwischen Anfang 60 und Anfang 80 Jahre alt waren, zu bewegen, über ihr Schicksal zu berichten.

Und so wie sie es erzählten, so schrieb Brigitte Neary es auf, ungeschönt, ungeglättet, so daß die Berichte unmittelbar auf den Leser einwirken. Und es bedarf in der Tat keiner Dramatisierung, keiner Überspitzung, was Ostpreußinnen, Schlesierinnen, Sudentendeutsche, Karpatendeutsche, Jugoslawiendeutsche, Frauen aus Siebenbürgen und aus Polen in schlichten Worten berichten. Sie alle hatten sich mit ihren Familien auf die Flucht gemacht, waren aber von den Fronten eingeholt worden und mußten unter der Herrschaft der Sieger leben, unter Sowjets, Polen, Tschechen, Serben. Und das bedeutete Erniedrigung, Quälereien, Vergewaltigungen, Schläge.

Sie erlebten, wie neben ihnen Verwandte erschlagen wurden. Manche wurden, oft noch halbe Kinder, in die Sowjetunion deportiert und mußten unter extremen Bedingungen Zwangsarbeit leisten. Das alles ist viele Jahrzehnte nach den Ereignissen in ihnen immer noch lebendig, wie die Berichte erweisen. Aber kaum jemand will etwas davon hören. Man zerfließt vor Mitleid mit dem schweren Schicksal in fernen Welten, hört aber gleichgültig weg, wenn die eigenen Landsleute sich zu Wort melden wollen oder antwortet gar mit dem erbarmungslosen: „Selber Schuld.“

Inzwischen gelten Vergewaltigungen und Vertreibung aus der Heimat als Verbrechen gegen die Menschheit, wie de Zayas schreibt, und werden auch vor internationalen Kriegstribunalen geahndet. Aber die damaligen Täter hat niemand zur Rechenschaft gezogen. Vor Gericht gestellt wurden immer nur Deutsche. Wie der Verlag mitteilt, hat das Buch in den USA eine überraschend große Aufmerksamkeit gefunden. Sie ist ihm auch in Deutschland zu wünschen. Speziell bei der Generation der Enkel könnte das Buch Erkenntnisse auslösen. H.-J. von LeesenBrigitte Neary: „Frauen und Vertreibung – Zeitzeuginnen berichten“, Ares, Graz 2008, geb., 159 Seiten, 19,90 Euro

Alle Bücher sind über den PMD, Mendelssohnstraße 12, 04109 Leipzig, Telefon (03 41) 6 04 97 11, www.preussischer-mediendienst.de, zu beziehen.


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