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28.02.09 / »Zwei Weiber voller Liebreiz« / Henriette Fromme war die Geliebte des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-09 vom 28. Februar 2009

»Zwei Weiber voller Liebreiz«
Henriette Fromme war die Geliebte des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen

Johann Gottfried Schadow, Hofbildhauer unter Friedrich Wilhelm II. und III., Baumeister und Akademiedirektor, hat neben so bekannten Skulpturen wie der Quadriga auf dem Brandenburger Tor und der Prinzessinnengruppe mit Luise und Friederike auch rund 2000 graphische Blätter hinterlassen. Ein Aquarell zeigt das Doppelporträt zweier Damen aus dem Berliner Bürgertum.

Entstanden ist das Aquarell, das sich jetzt in der Kunstsammlung der Berliner Akademie der Künste befindet, im Jahr 1804. Schadow hat es lediglich mit dem Hinweis signiert: „Madame Börger geb. Fromm und ihre Schwester“. Mit Madame Börger (links) war Louise Charlotte Elisabeth Fromme gemeint, die den Bankier und Kaufmann Johann August Börger geheiratet hatte. Die mit abgebildete Schwester war Henriette Fromme (1783–1828), die zu Lebzeiten bekannt war wie heutzutage etwa Camilla Parker-Bowles. Schadow jedoch hatte ihren Namen nicht genannt, vermutlich um keinen Skandal heraufzubeschwören.

Als Geliebte des 1806 in der Schlacht bei Saalfeld gefallenen Prinzen Louis Ferdinand von Preußen bewegte Henriette lange Zeit die Gemüter. Doch während viele historisch Interessierte das Bild des Prinzen als das eines wagemutigen jungen Mannes vor Augen haben (Theodor Fontane dichtete: „Blauäugig, blond, verwegen, und in der Hand den alten Preußendegen“), so konnte man sich von der schönen Henriette, die das Herz des Prinzen zumindest für einige Jahre an sich band, keine Vorstellung machen, denn bislang war kein Bildnis des anmutigen Mädchens bekannt. Die Kunsthistorikerin Claudia Czok hat jetzt im „Museums Journal“ (1/2009) die zweite Schöne auf Schadows Aquarell als Henriette Fromme vorgestellt. Kennengelernt hatten sich der Prinz und die Bügerstochter wohl im Sommer 1799 auf Gut Schricke bei Magdeburg, wo Henriette die Zeit bis zu ihrer geplanten Eheschließung im Haus ihres Großvaters Conrad Wilhelm Fromm verlebte. Die Königsbergerin Fanny Lewald beschrieb in ihrem 1850 erschienenen Roman über „Die Abenteuer des Prinzen Louis Ferdinand“ die Begegnung der beiden so verschiedenen Menschen: „Unberührt von dem zügellosen Leben der großen Welt … hatte sie den Glauben an Gott, an Menschen und Tugend bewahrt, der dem Prinzen durch seine Erfahrungen in einer verderbten Gesellschaft schon lange entrissen war.“ Am Vorabend der Hochzeit verließ Henriette heimlich das Haus, um dem Prinzen nach Berlin zu folgen. Sie gebar ihm zwei Kinder, Sohn Louis (1803–1874) und Tochter Blanche (1804–1887), die bei der Schwester des Prinzen, Luise Radziwil, aufwuchsen und in den Adelsstand erhoben wurden. Man sollte meinen, daß Henriette sich an der Seite des Prinzen etabliert hätte und ein zufriedenes Leben hätte führen können. Der heißblütige Preuße jedoch konnte sich den Verführungen der Salons und anderer gesellschaftlichen Treffpunkte nicht entziehen, zu sehr war er den Frauen zugeneigt. Auch hatte sich Henriette in Berlin verändert. Zwei Schwangerschaften hatten aus dem Mädchen eine Frau gemacht, die zudem die „unschuldige Ruhe und Heiterkeit ihrer Seele“ (Fanny Lewald) verloren hatte. „Die frische Feldblume konnte nicht in der künstlichen Atmosphäre des Treibhauses gedeihen.“

Noch während der zweiten Schwangerschaft Henriettes machte der Prinz eine neue Eroberung. Seine neue Favoritin war Pauline Wiesel (1778–1848), eine stadtbekannte Schönheit, die zuvor schon einige Liebschaften hatte. Louis Ferdinand aber war von ihr derart angetan, daß er darauf bestand, sie und Henriette sollten ein freundschaftliches Verhältnis pflegen. Der Prinz hatte sich schließlich „heiß und heftig“ in Pauline verliebt, hing aber gleichzeitig mit „Innigkeit und Zärtlichkeit“ an der „himmlisch guten, lieben“ Henriette.

Lange ging diese „ménage à trois“ nicht gut. Beide Frauen waren unsäglich eifersüchtig; Henriette wollte dem Prinzen beziehungsweise seiner Schwester sogar die Kinder entziehen. Selbst Louis Ferdinand klagte in einem Brief an Rahel Varnhagen: „... diese beiden Weiber voller Liebreiz, voller Annehmlichkeiten verschiedener Art, doch beide nicht das würck-lich Liebenswerthe, auch vielleicht nicht mal das Liebenswürdige in mich lieben, da mein Herz meine Liebe sie so ganz umfaßet.“

Henriette resignierte und warf Louis Ferdinand vor: „Es war mir süß und lieb, mich von Ihnen täuschen zu lassen. Nun sehe ich klar. Ihren Sinnen bedeute ich nichts und sehr wenig ihrem Herzen. – Warum also sollen wir uns gegenseitig lästig fallen ... Ich kann noch glücklich werden und fern von Dir meine Jugend genießen ...“

Ob Henriette nach dem Tod des Prinzen wirklich glücklich wurde, weiß man nicht. Sie heiratete später und zog nach Königsberg. Dort verloren sich ihre Spuren. Ihre Schönheit aber blieb durch Schadows Arbeit erhalten.  Silke Osman

 

Das kurze Leben des Prinzen Louis Ferdinand

Louis Ferdinand von Preußen, der Neffe Friedrichs des Großen, gilt als eine der begabtesten Figuren des preußischen Königshauses. Er wurde am 18. November 1772 in Schloß Friedrichsfelde bei Berlin als dritter Sohn des Prinzen Ferdinand von Preußen und seiner Gemahlin Anna Elisabeth Luise von Brandenburg-Schwedt geboren. Louis Ferdinand tat sich besonders musikalisch und politisch hervor. Der Prinz verkehrte im Salon der Rahel Levin und hinterließ mehrere Kompositionen und politische Denkschriften. 1805 gehörte er zu dem Kreis von Personen um Königin Luise und Freiherr vom Stein, die gegen Napoleon aufstehen wollten. Als Kommandant einer preußischen Vorhut fiel Prinz Louis Ferdinand am 10. Oktober 1806 im Gefecht bei Saalfeld, vier Tage vor der Schlacht bei Jena und Auerstedt.

Der feinsinnige Frauenfreund eroberte das Herz so mancher Dame im Sturm. Auch Friederike von Mecklenburg-Strelitz, die Schwester von Königin Luise, hatte sich in den schönen Prinzen verguckt. Der aber hatte andere Pläne.             Os

Fotos: Prinz Louis Ferdinand von Preußen; Johann Gottfried Schadow: Die Schwestern


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