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07.03.09 / Falsche Voraussetzungen / Die Ostpolitik Brüssels und Berlins steckt in einer grundsätzlichen Krise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-09 vom 07. März 2009

Falsche Voraussetzungen
Die Ostpolitik Brüssels und Berlins steckt in einer grundsätzlichen Krise

Geht die Ostmitteleuropa-Politik der Bundesrepublik und der EU von falschen Voraussetzungen aus? Zwei Meldungen der vergangenen Tage, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, sprechen dafür.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Rufe der ostmitteleuropäischen Länder an die EU nach einem großen Osteuropa-Hilfspaket in Höhe von bis zu 190 Milliarden Euro zurückgewiesen. Das „Nein“ war gut begründet, denn die traditionellen Zahlmeister Europas – allen voran die Bundesrepublik – stecken selber bis zum Hals in der Krise und über beide Ohren in der Kreide. Außerdem wäre die Hilfe wohl versickert: Alles spricht dafür, daß neues Geld für Osteuropa die unvermeidlichen, teilweise aber bereits seit Jahren verschleppten Reformanstrengungen von Riga bis Belgrad sogar eher behindern würde.

So richtig das „Nein“ Brüssels und der Kanzlerin also war, so sehr zeigt es doch, daß die Ostpolitik der EU offenbar seit Jahren von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist. Die Balance zwischen großzügigen Milliardenhilfen einerseits und notwendigen Eigenanstrengungen andererseits war seit langem aus dem Lot. Auch in Ostmitteleuropa haben sich deswegen spekulative Blasen gebildet, Kartenhäuser wurden hochgezogen, die nun zusammenfallen. Heute gilt dieser Teil des Kontinents zusammen mit Großbritannien bereits als das europäische „Epizentrum“ der weltweiten Wirtschaftskrise.

Vermeintlich ein ganz anderes Thema ist der Streit, der seit bald drei Wochen parallel in Warschau und in Berlin um die Berufung der BdV-Präsidentin Erika Steinbach in den Beirat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ tobt. An sich geht es um dieselbe Frage: Soll Frau Steinbach diesem Gremium angehören oder nicht? Und dennoch scheinen die beiden Diskurse auf unterschiedlichen Sternen geführt zu werden. In Warschau überbieten sich Nationalisten jeglicher Couleur in Vorschlägen und Forderungen, wie diese in Polen vielfach als „falsche Vertriebene“, „blonde Bestie“ (!) oder „Gefahr für Polen“ titulierte CDU-Bundestagsabgeordnete politisch aus dem Verkehr gezogen werden kann. Jedem Beobachter ist reflex artig klar, daß ein Rückzieher Berlins in dieser Personalie einen Triumph der Erznationalisten über Nationalisten und Versöhnungsbereite bedeuten würde.

Doch die Gegner Steinbachs und des BdV in Berlin tun so, als wüßten sie das nicht – oder sie wissen es wirklich nicht. Deutsche Politiker und Medienvertreter reden viel von Versöhnung und wenig von den Fakten, wenn sie zu erklären versuchen, warum ausgerechnet die Initiatorin des in Berlin geplanten Zentrums in dessen Gremien nicht vertreten sein dürfe.

Der gemeinsame Nenner beider Themen sind die Wissenslücken der westeuropäischen Eliten über die andere Hälfte des Kontinents. Die Zeche dafür zahlen nicht nur die Vertriebenen.   K. Badenheuer


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