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07.03.09 / Alles eckig, alles Beton / Berlin: Das Neue Museum auf der Museumsinsel ist wieder da – als schmuckloser Klotz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-09 vom 07. März 2009

Alles eckig, alles Beton
Berlin: Das Neue Museum auf der Museumsinsel ist wieder da – als schmuckloser Klotz

Auch 20 Jahre nach der Revolution sind die Sanierungsmaßnahmen auf der Berliner Museumsinsel längst noch nicht abgeschlossen. Am Donnerstag vergangener Woche wurde das Neue Museum der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zurückgegeben. Im Oktober soll es wiedereröffnet werden. Das Haus wird die Exponate des Ägyptischen Museums und des Museums für Vor- und Frühgeschichte beherbergen. Ob die Berliner mit dem neuen „Neuen Museum“ zufrieden sein werden?

Kaum eine Baumaßnahme auf der Museumsinsel ist so umstritten wie die am Neuen Museum. Es beginnt mit der äußerlichen Rekonstruktion. Im Bauzaun sind kleine Löcher eingelassen, durch die ein altes, ein aktuelles und ein zukünftiges Bild von diesem Teil der Museumsinsel betrachtet werden kann. Die Bilder finden großen Anklang, viele Leute kommen vorbei und werfen hier einen Blick in die Zukunft nach Abschluß der 233-Millionen-Euro-Sanierung.

Sonntagnachmittag: Eine Frau schaut durch das dritte Loch „in die Zukunft“ – auf der Zeichnung ist abgebildet, wie dieses zentrale Gebäude der deutschen Hauptstadt einmal aussehen soll. Die erste Reaktion könnte kaum aussagekräftiger sein: „Puh, ist das häßlich“, schnaubt die Berlin-Besucherin.

Sie hat einen glatten Betonpavillon gesehen. Die Säulen, die das Dach tragen, sind nicht rund, sondern eckig. Daneben führt eine breite Treppe nach oben zu einer Fensterfront aus riesigen flachen Scheiben. Es gibt keine Rundungen, nur rechte Winkel. Wäre nicht im Hintergrund das alte Neue Museum zu sehen, dann könnte der unbelehrte Betrachter das Fantasie-Bild auch für eine Agentur der Vereinten Nationen in Kalkutta oder ein VW-Autohaus in Bottrop halten.

Die Innenansicht paßt dazu: ein Treppenhaus ohne Fresken, Gewölbe ohne klassischen Zierrat, unverputzte Wände. So hat David Chipperfield, ein britischer Stararchitekt und Norman-Foster-Schüler (Erfinder der gläsernen Reichstagskuppel), das Gebäude wiedererrichtet.

Der eigentliche Architekt Fried­rich August Stüler (ein Schinkel-Schüler) hatte das Gebäude im Auftrag von König Friedrich Wilhelm IV. als „Mittelpunkt für die höchsten geistigen Interessen des Volkes“ erdacht und entworfen. 1939 wurde das Haus wegen des Kriegsausbruchs geschlossen, und blieb infolge immenser Bombenschäden bis heute verriegelt.

Der Wiederaufbau des Neuen Museums ist nur ein Schritt auf einer langen Reise. Die Sanierung der von der Unesco 1999 zum Weltkulturerbe erhobenen Museumsinsel ist ein Mammutprojekt, das noch Jahre dauern wird. Vor gut zwei Jahren machte das Bode-Museum wieder auf. Zur Zeit wird nicht nur am Neuen Museum gewerkelt. Rund um die Alte Nationalgalerie, die erst 2001 wiedereröffnet worden ist, ist schon wieder eine Großbaustelle entstanden. Und wenn das Neue Museum erst einmal eingeweiht ist, dann kommen die nächsten Sanierungsfälle dran: Das Pergamonmuseum und das Alte Museum müssen überholt werden.

Wenn alles fertig ist, dann soll es einen zentralen Eingangsbereich geben. Diese nach dem Kunstmäzen James Simon benannte Halle soll nach den Vorstellungen der Verantwortlichen einen „zeitgenössischen Akzent“ auf die Museumsinsel setzen. Zu deutsch: Die Galerie wird streng modernistisch sein und zu Chipperfields Betonpavillon passen.

Jetzt ist aber erst einmal das Neue Museum dran. An diesem Wochenende dürfen die Berliner und ihre Gäste das runderneuerte Gebäude in Augenschein nehmen. Dann kann jeder für sich entscheiden, ob sich die Arbeit von David Chipperfield gelohnt hat – oder nicht.   Harald Fourier

Das Neue Museum auf der Berliner Museumsinsel ist vom 6. bis zum 8. März täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet und gewährt einen ersten Blick auf die „nackten“ Räume. Am gleichen Wochenende gibt es spezielle Entdeckungstouren auf der Museumsinsel unter dem Motto „Zwanzig Jahre Mauerfall, Berlin im Wandel“, die auch einen Blick hinter die Bauzäune ermöglichen. Dauer: 90 Minuten. Preis: 5 Euro. Weitere Informationen und Anmeldung unter: (030) 2663666.


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