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07.03.09 / »Wie bei der SED« / Linke-Politiker stöhnen über ihre Partei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-09 vom 07. März 2009

»Wie bei der SED«
Linke-Politiker stöhnen über ihre Partei

Die Linkspartei hat sich auf ihrem Essener Europaparteitag im politischen Rückwärtsgang mehr mit der Systemüberwindung als mit Europathemen befaßt. Als ob es die Wende von 1989 nicht gegeben hätte, kam die Forderung „Der Kapitalismus muß überwunden werden“ zu programmatischen Ehren. „Das ist mit Sicherheit das linkeste Wahlprogramm, das wir jemals hatten“, schwärmte ein Parteivorstand. Zurück zu den kommunistischen Wurzeln, hieß das Motto. Zuvor hatte Oskar Lafontaine, Ko-Fraktionschef der Linken im Bundestag, den Kapitalismus heftig gegeißelt und „sein klägliches Scheitern“ festgestellt. Die weltweite Finanzkrise stellt die Linkspartei vor besondere Herausforderungen: An sich könnte sie sich bestätigt fühlen, doch das eigene Profil wird verwaschen, wenn auch die SPD für die Börsenumsatzsteuer ficht und CDU-Politiker neuerdings der Verstaatlichung, ja sogar der Enteignung von Banken das Wort reden. Die Genossen antworteten darauf mit einer Radikalisierung und der Reanimation eines längst verwesenden Ideologiebestandes. Die Delegierten machten den EU-Vertrag von Lissabon schnell als neoliberales Teufelszeug aus. Dementsprechend gerieten bei der Listenaufstellung jene Politiker unter die Räder, die eine differenzierte Haltung zur europäischen Integration einnahmen. Die in Kampfabstimmungen unterlegene Noch-Europaabgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann stellte resigniert fest: „Ich kam mir in Essen vor wie auf einer schlechten SED-Parteiversammlung.“ Die Ironie: Den strengen, altkommunistischen Haut-Gout verströmten weniger ehemalige SED-Genossen als vielmehr die Funktionäre der westdeutschen Landesverbände, allen voran der frühere DKP-Kader Wolfgang Gehrcke sowie der Musikunternehmer Diether Dehm. Zur Wahllokomotive für die Europawahl erkoren die Genossen ihren Vorsitzenden Lothar Bisky. Der wirkt eher moderat, doch die neue innerparteiliche Diskussion über den Unrechtscharakter der DDR versuchte er in altstalinistischer Manier abzuwürgen: Das Wort Unrechtsstaat sei ein „Kampfbegriff aus dem Konrad- Adenauer-Haus“ der CDU. J.V.


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