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14.03.09 / Berlins Grüne streben aus der Versenkung / Der Widerstand gegen 3,2 Kilometer Stadtautobahn soll der vergessenen Oppositionspartei Auftrieb geben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-09 vom 14. März 2009

Berlins Grüne streben aus der Versenkung
Der Widerstand gegen 3,2 Kilometer Stadtautobahn soll der vergessenen Oppositionspartei Auftrieb geben

Seit dem 9. März liegen die Pläne zur Weiterführung der Bundesautobahn A100 in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung aus, damit die Bürger sie einsehen und Einwände vorbringen können. Die zuständige Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) erklärte jedoch, daß die Entscheidung bereits gefallen sei – also noch bevor die Bürger die Gelegenheit hatten, ihre Einwände anzubringen: „Wir sind nach eingehender Prüfung und vielen Fach- und politischen Diskussionen zu einem sehr eindeutigen Ergebnis gekommen: Die Wohngebiete im Berliner Südosten müssen vom Durchgangsverkehr entlastet werden.“

Die Autobahn bedeute „weniger Unfälle in den Quartieren“, eine „deutliche Reduzierung von Umweltbelastungen für die Anwohner“ und eine „grundlegende Neuorganisation des Verkehrs in Berlin“, wirbt Junge-Reyer für das Projekt.

Die A100 ist der innerstädtische Autobahnring, um welchen Berlin alle anderen deutschen Metropolen beneiden. Er ergänzt den Außenring, der den Fernverkehr um die Stadt herumleitet. Der Innenring führt den Verkehr um den Stadtkern herum, bündelt so die Verkehrsströme und läßt sie rascher abfließen.

An dem Innenring baut die Stadt schon seit den 50er Jahren, und im ehemaligen Westsektor der Stadt ist er auch schon fast vollendet. Lediglich im Norden fehlt ein kleines Stück.

Gänzlich ohne Ringautobahn muß bislang der Ostteil der Stadt auskommen. Dies ist nicht etwa darauf zurückzuführen, daß Walter Ulbricht und Erich Honecker die ersten deutschen „Ökos“ gewesen wären, sondern daran, daß die untergegangene DDR immer klamm war. Insofern freuen sich die Marzahner, Hellersdorfer und Lichtenberger, daß sie nun endlich auch an das moderne Ringsystem der deutschen Hauptstadt angeschlossen werden.

Freude allenthalben auch im Senat, denn der Stadtsäckel wird mit dem 420 Millionen Euro teuren, 3,2 Kilometer langen Teilstück kaum belastet. Die Autobahn wird als Bundesfernstraße vom Bund finanziert. Außer den üblichen Anwohnerprotesten (ganze vier Mietshäuser sollen abgerissen werden) und einigen Laubenpiepern, die nun im Berliner Umland neue Parzellen bekommen, glauben indes die hauptstädtischen Grünen, hier ein Thema gefunden zu haben, mit dem sie sich wieder ins Gespräch bringen können. Auch das grüne Umfeld macht mobil: Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) fordert von allen Berlinern, sich in das Beteiligungsverfahren einzubringen: „Wir wollen erstens ein massives politisches Zeichen setzen, damit der Senat sieht, wie groß die Ablehnung ist. Alle, die gegen die Autobahn klagen wollen, müssen vorher eine Einwendung schreiben“, betont der Umweltverband und will eine Musterklage gegen die Autobahn unterstützen.

Der BUND lehnt die Autobahn grundsätzlich, man könnte auch sagen: aus ideologischen Erwägungen ab, weil „Straßenbau Verkehr nicht verringert, sondern vermehrt. Dies bedeutet unter anderem einen deutlich höheren CO2-Ausstoß, der mit den Klimaschutzzielen Berlins nicht zu vereinbaren ist.“ Auch der Grünen-Landesvorsitzende Stefan Gelbhaar fordert, „alle Berlinerinnen und Berliner auf, persönliche Einwendungen gegen den Weiterbau dieser Autobahn einzubringen“. Gelbhaar geißelt die A100 als  „Berliner Transrapid: teuer, unnütz, bekämpft.“

Die Grünen träumen sogar von einem erfolgreichen Bürgerbegehren. So wie CDU und FDP zuerst die Volksabstimmung um den Erhalt des Flughafens Tempelhof und nun für die Gleichberechtigung des Religionsunterrichts durchgesetzt hatten, glauben sie an die Zugkraft einer autobahnfeindlichen Politik.

Dabei ergab erst kürzlich eine Verkehrszählung, daß der bislang schon in Betrieb befindliche Teil der A100 die meistbefahrene Autobahn Deutschlands ist. Mit fast 200000 Autos täglich verwies die Berliner Stadtautobahn den Kölner Ring und das Frankfurter Kreuz auf den zweiten und dritten Platz. Das könnte den Grünen bei einer Abstimmung zum Verhängnis werden, denn: Die Berliner  Autofahrer sind bei einer Volksabstimmung auch stimmberechtigt.                      Hans Lody


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