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14.03.09 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-09 vom 14. März 2009

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

die ersten Frühlingsboten sind da, Schneeglöckchen blühen schon im Garten, Krokus und Primeln werden bald folgen. Und da kommt die Erinnerung wieder an die blauen Leberblümchenteppiche in unsern Wäldern, und die Sehnsucht nach der Heimat wächst. Viele Landsleute werden sie sich erfüllen mit einer Reise, einer „Heimkehr auf Zeit“, wie ich es nenne, und werden dabei wieder so manches Verborgene entdecken, das vom alten Ostpreußen erzählt, zumeist durch Zufall gefunden, manchmal aber auch von den heutigen Bewohnern darauf hingewiesen. So wurde unser aus Rosenau/Stollen bei Liebstadt stammende Landsmann Klaus Neumann aus Soest auf einer Heimatreise im vergangenen Jahr in Polkehnen von einem Polen auf eine Grabstelle hingewiesen, die versteckt hinter einem Zaun liegt. Der Garten ist verwildert, aber ein künstlicher Blumenschmuck auf der Steinplatte beweist, daß sich jemand um das Grab kümmert. Hier wurde Berta Kusch zur letzten Ruhe gebettet, 64 Jahre ist es jetzt her, denn die Tafel weist als Todesdatum den 28. November 1945 auf. Was nicht auf ihr vermerkt ist: Die damals 36jährige Berta Kusch wurde von den Russen ermordet, erschossen. Das berichtete der heute in Polkehnen lebende Pole dem Besucher. Was Herrn Neumann verwunderte, war der Grabschmuck – das künstliche Dahliengesteck und das Grablicht –, der beweist, daß sich jemand um die Grabstelle kümmert. Ob es sich um Verwandte von Berta Kusch handelt, ob es jemand aus Polkehnen ist, konnte Herr Neumann nicht erfahren. Und so wendet er sich an uns und bittet um Veröffentlichung eines seiner Fotos, denn es könnten Hinterbliebene von Berta Kusch leben, die sich für die Aufnahmen interessieren. (Klaus Neumann, Bischofstraße 2 a in 59494 Soest, Telefon/Fax 02921/3455933.)

Es zieht viele Landsleute auf die Kirchhöfe in der Heimat, um an den Gräbern ihrer Vorfahren zu stehen, aber sie finden sie nicht mehr – vor allem in Nordostpreußen. Herr Bernd Dauskardt hat auf seinen Reisen immer wieder feststellen müssen, daß es zwar noch gut erhaltene Friedhöfe mit deutschen und russischen Gefallenen aus dem Ersten Weltkrieg gibt, aber die deutschen Kirchhöfe verschwunden, zerstört, geplündert, verkommen, überwuchert, sind. Immerhin kann er noch an das mit einem Eisenkreuz gezeichnete Grab seiner 1909 verstorbenen Urgroßmutter im memelländischen Plaschken gehen, das von einer alten Ostpreußin gepflegt wird. Auf dem Deutschen Soldatenfriedhof an der Cranzer Allee in Königsberg kann er seines Vaters gedenken, dessen Gebeine hier vom Domfriedhof umgebettet wurden, auf dem die in den Lazaretten Verstorbenen beigesetzt worden waren. Empfindsam geworden für diese Problematik versucht Herr Dauskardt immer wieder, Spuren nachzugehen, die auf deutsche Friedhöfe hinweisen. Behilflich waren ihm zwei junge Russen, die fließend deutsch sprechen und auch die alten Ortsnamen kennen. Mit ihnen durchsuchte er das Gebiet zwischen Insterburg und Rominter Heide. Er wurde hellhörig, als er von einem deutschen Kirchhof erfuhr, der noch vollkommen erhalten sein sollte. So machte er sich mit seinem russischen Fahrer auf nach Langkischken/Lang­wasser im Kreis Goldap. Zu dem Friedhof war von der Straße aus kein Durchkommen, aber ein Russe fuhr ihn mit seinem Traktor bis zur Anhöhe, auf der sich die Totenstätte befinden sollte. Und er erlebte eine böse Überraschung. Alle Gräber waren aufgebrochen, die Gebeine lagen verstreut umher. Der Fahrer versicherte, daß der Friedhof noch vor einem Jahr unzerstört gewesen sei – ein Rätsel, wie die Plünderer diesen geheimen Ort gefunden hätten. Ein kleiner Trost: Bernd Dauskardt fand einige Tage später ein erhaltenes Grab von 1871 auf den Friedhof in Röden/Rödschen, Kreis Gumbinnen. Dort haben Vertriebene einen Gedenkstein errichtet, und das Eiserne Kreuz mit dem Namen Heinrich K. überlebte alle Zeiten und Schrecken.

Und dann machte Bernd Dauskardt auf seiner Spurensuche eine besondere Entdeckung, die mich besonders berührt hat. In Brakupönen, das 1938 in „Rosslinde“ umbenannt wurde, fand er ein Haus, in dem ein Deutscher, Edmund Schmatloch, bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr gelebt hat. Den Dokumenten nach, die seine russische Witwe dem Besucher überließ, hatte der 1930 Geborene während der letzten Kriegsjahre eine Schule in Oberschlesien besucht. Wie kam er aber in diesen Ort im Kreis Gumbinnen? Herr Dauskardt will sich mit seinem Schicksal näher beschäftigen. An der Außenwand des Hauses sah er eine Inschrift in deutscher Sprache: „Hier lebte bis 1944 die ostpreußische Heimatdichterin Toni Schawaller 1889–1961“. Unsere Toni Schawaller, der wir so viele liebevolle Geschichten und Gedichte verdanken, in denen sie die Heimat bewahrt hat. Ich liebe besonders ihre so warmherzige Schilderung einer ostpreußischen Kinderweihnacht vom „Tannenbaum in der Bedugnis“, die ich in mein Buch „Wo der Sprosser sang“ übernommen habe. Und nun freue ich mich, daß ihr Andenken so sichtbar in der von ihr geliebten Heimat bewahrt wird.

Gehen auch wir auf Spurensuche. Diesmal für Herrn Manfred Philipp aus Probsteierhagen, der Verwandte aus seiner väterlichen Linie sucht, die aus der Elchniederung stammt. Er selber wurde 1937 in Groß-Marienwalde geboren. Sein Vater Paul, * 1902, überlebte die Vertreibung und verstarb 1962 an dem heutigen Wohnort des Sohnes. Großvater Karl Philipp, der 73jährige 1939 in Groß-Marienfelde starb, hatte einen Bruder Rudolph, der den Namen seines um 1830 geborenen Vaters trug. Er soll sieben Söhne gehabt haben. Einer dieser Söhne hat die in der Elchniederung lebenden Verwandten aufgesucht, wie sich Herr Philipp erinnern kann. Es war mitten im Krieg, etwa 1942/43. Herr Philipp sucht nun Verwandte aus dieser Linie, mit berechtigter Hoffnung, denn bei sieben etwa um 1900 geborenen Rudolph-Söhnen, müßte es schon Nachkommen geben Urgroßvater Rudolph hatte mit Sicherheit auch noch mehr Kinder, bekannt ist eine Schwester von Karl und Rudolph mit Namen Berta, verheiratete Günther. Über jede Zuschrift, die seiner Familienforschung dient, würde sich Herr Philipp sehr freuen. Ich glaube schon, daß er Erfolg haben wird, wenn es auch nicht gleich 80 Verwandte sind, die einmal ein Leser auf Anhieb durch unsere Ostpreußische Familie fand – und er hatte zuvor von keinem gewußt! (Manfred Philipp, Schloßstraße 12 in 24253 Probsteierhagen, Telefon 04348/570.)

Es kommt immer wieder vor, daß Suchwünsche sich auf Themen beziehen, die schon lange zurückliegen, manchmal zehn Jahre und mehr. Die Beantwortung oder Bearbeitung fällt mir dann nicht leicht, weil die Unterlagen nicht mehr greibar sind, also muß man auf erneute Suche gehen. So für Herrn Udo Kalina, der sich auf ehemalige Rothensteiner bezieht, die sich vor zehn Jahren wiederfanden. Auch er kommt aus diesem Königsberger Vorort, die Familie, Vater Friedrich Kalina, Mutter Martha und ihre beiden Söhne, – wohnte im Stieglitzweg 7. Diese Straße ist auf den Plänen, die Herr Kalina zu Verfügung hat, nicht enthalten. So endet zum Beispiel der Königsberger Stadtplan von 1931 am Sperlingsweg. Besitzt noch jemand von alten Rothensteinern einen Plan, in dem auch diese Straße verzeichnet ist? (Udo Kalina, Am Kellerberg 10 in 88299 Leutkirch.)

Man sieht, selbst nach zehn Jahren wird auf Leserfragen Bezug genommen, da muß ich dann manche Fragesteller um Geduld bitten, wenn nicht gleich nach der Veröffentlichung eine Reaktion erfolgt. Vor allem durch die Präsentation im Internet ergeben sich Verzögerungen – da findet dann plötzlich der Enkel den Namen seiner Großmutter oder den ihres Heimatortes, und wenn sie keine Bezieherin unserer Zeitung ist, erfährt sie erst auf diesem Wege von der Veröffentlichung. Oft wird auch in Gruppen oder Heimen das Ostpreußenblatt herumgereicht, im Ausland kommt es erst mit reichlicher Verspätung beim Bezieher an – also etwas Geduld muß man schon haben. Und die Hoffnung nicht verlieren. Deshalb glaube ich auch, daß Frau Ute Eichler, deren Frage ich nach den ehemaligen Besitzern des Silbertellers aus Widminnen in Folge 7 veröffentlichte, eine Reaktion erwarten kann. Noch einmal: Auf dem gefundenen Silberteller sind die Namen der – vermutlichen – Geschwister Viktor, Waldemar, Josef, Maria, Lisbeth, Natalie und Annelise eingraviert, die wohl den Teller ihren Eltern schenkten. Da als Datum der 30. Oktober 1936 eingetragen ist, dürften einige der Betreffenden noch leben. Vor allem sind ehemalige Nachbarn und Bekannte gefragt, denn einige der Vornamen sind für Ostpreußen ungewöhnlich wie Waldemar oder Natalie. Das läßt auch die Frage offen, ob der zwar in Widminnen aufgefundene Teller überhaupt von einer dort ansässigen Familie stammt. Die Vermutung liegt nahe, daß es sich um Rußlanddeusche handeln könnte. Das würde natürlich die Suche erheblich erschweren.

Aber das ist nicht der eigentliche Anlaß, warum uns Frau Eichler erneut geschrieben hat, sondern ein Suchwunsch, der an die Archivarin der Kreisgemeinschaft Lötzen von Herrn Frank Mühle aus Droßdorf-Rippicha gerichtet wurde. Sie schreibt: Herr Mühle ist auf der Suche nach Verwandten eines Schiffsjungen, der am 21. September 1957 beim Untergang der „Pamir“ auf See blieb. Es gab damals 80 Tote, nur sechs Überlebende. Es handelt sich um Albrecht Hepe, * 9. November 1937 in Lötzen. Es wird vermutet, daß noch Geschwister von Albrecht leben könnten. Gesucht wird zur Vervollständigung der Totenliste der „Pamir“ auch ein Foto von Albrecht Hepe. Herr Mühle hat, um das Andenken an die bei diesem Schiffsuntergang ums Leben gekommenen Seeleute wach zu halten, die Internet-Seite www.segelschiff-pamir.de eingerichtet. Unter der Besatzung befanden sich mehrere junge Männer, die in Ostpreußen geboren wurden. Über jeden Hinweis auf Angehörige von Albrecht Hepe wäre Herr Mühle dankbar. Ein weitläufiger Verwandter der Familie Hepe, der in Buenos Aires lebt, sucht ebenfalls seit Jahren nach Angehörigen. (Zuschriften an Frank Mühle, Dorfstraße 11 in 06712 Droßdorf-Rippicha, Telefon 03441/210944, Fax 03441/210949, E-Mail: info@segelschiff-pamir.de)

Bei dem „Hilferuf“, den Herr Werner von Nieswandt vor einiger Zeit an uns sandte, ging es um das Gut seiner Vorfahren Polassen. Er war durch einen Film verunsichert worden, durch den die Frage auftauchte, ob es nicht ein zweites Polassen in Ostpreußen gibt. In diesem Zusammenhang wurde der Ortsname „Korzarki“ erwähnt. Herrn von Nieswandt erreichten mehrere hilfreiche Anrufe, die ihm Klarheit brachten. Einer von ihnen kam von Herrn Kurt Buttler aus Diez, der, weil er in Eichmedien geboren wurde, haargenau erklären konnte: Es handelt sich um den von den Polen „Koczarki“ genannten Ort Eichenhöhe, der bis 1938 „Kozargen“ hieß und zum Kirchspiel Eichmedien gehört. Seine Tochter hat mir dankenswerterweise auch eine E-Mail zukommen lassen.

Ich bin immer froh, wenn mir auch von Seiten der Auskunft Gebenden eine Information zuteil wird, denn dann bin ich über den Verlauf der betreffenden Angelegenheit informiert. So danke ich auch Frau Erika Jahr, Kreiskartei Mohrungen, die mir eine Kopie ihres Schreibens an Frau Waltraud Huty in Berlin übersandte, die auf dem Waldfriedhof Luckenwalde die Gedenkstätte für über 600 hier verstorbene Flüchtlinge aus dem Kreis Mohrungen entdeckt hatte. Frau Jahr konnte ihr Auszüge aus verschiedenen Heimatbriefen der Kreisgemeinschaft Mohrungen übersenden, in denen ausführlich über das damalige Geschehen von Betroffenen berichtet wird. Das Thema hat aber auch andere Leserinnen und Leser berührt, so daß wir darauf noch zurückkommen werden. Vorerst bin ich, wie auch Frau Jahr, erfreut, daß die Frage von Frau Huty so schnell und ausführlich beantwortet werden konnte.Eure Ruth Geede

Foto: Letzte Ruhestätte von Berta Kusch in Polkehmen: Wer weiß, von wem der Grabschmuck stammt, wende sich an Klaus Neumann, Bischofstraße 2 a in 59494 Soest, Telefon/Fax (02921) 3455933.


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