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21.03.09 / Ein schmählicher Sonderfall

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-09 vom 21. März 2009

Ein schmählicher Sonderfall
von Harald Fourier

Stellen wir uns einmal vor, die Landesregierung von Baden-Württemberg, dem Land der Häuslebauer, würde 8900 Grundstücksbesitzer hinterrücks enteignen und sich selbst zum Eigentümer ihrer Länderein erklären. Einfach so. Würde es nicht einen Proteststurm geben? Vermutlich würde die Regierung, egal welche Partei sie gerade stellt, aus dem Amt gejagt.

Nicht so in Brandenburg. Dieses Land ist und bleibt ein Sonderfall in Deutschland. Kein anderes neues Bundesland produzierte einen vergleichbaren Skandal um das Bodenreform-Land wie Brandenburg, und trotzdem kommt die Landesregierung ungeschoren davon. Selbst die lokalen und nationalen Medien reagieren desinteressiert.

Im Parlament, das eigentlich dafür da ist, die Regierung zu kontrollieren, wird die Sache zurechtgekungelt: Die beiden Regierungsparteien SPD und CDU kehren die Enteignung von Tausenden von Grundstückseigentümern, die „eines Rechtsstaates unwürdig ist“ (Zitat Bundesgerichtshof), gekonnt unter den Tisch. Die größte  Oppositions­partei, die Linke, mauschelt kräftig mit und wird als Gegenleistung in den Rang eines gleichberechtigten Partners erhoben.

Ob Matthias Platzeck sich das bei Klaus Wowereit abgeschaut hat? So ähnlich haben es die SPD-Genossen in Berlin ja auch gemacht: Die PDS mußte lauter Kröten schlucken – zum Beispiel Sozialkürzungen und Einstellungsstopps – und wurde als Gegenleistung zum geachteten Kompagnon.

Kleinere Oppositionsparteien wie die Liberalen sind nicht im Parlament vertreten oder werden wie die DVU wegen ihrer Außenseiterrolle nicht ernstgenommen. Die Medien schweigen eisern zu dem Skandal. Darüber kann man sich nur noch wundern.

Warum solch ein Skandal ausgerechnet in Brandenburg so erschreckend geräuschlos über die Bühne geht? Umfragen melden, daß viele in der Mark „ihrer“ DDR nachtrauern und mit dem neuen Gemeinwesen wenig am Hut haben. Zehn Prozent der Brandenburger wollen laut einer aktuellen Erhebung die DDR zurück, 27 Prozent sehen die Einheit als Verlust.

Es gibt noch nicht einmal einen Stasi-Beauftragten in Brandenburg, auch das ein Sonderfall unter den neuen Ländern. Das Ausmaß an Dickfelligkeit und Ignoranz, das hier beispielhaft sichtbar wird, überschreitet das in einem Rechtsstaat Tolerierbare bei weitem. Daß auf brandenburgischem Boden einst die Grundlagen des seinerzeit beispielhaften preußischen Rechtsverständnisses gelegt   wurden, erfüllt den geschichts- wie rechtsbewußten Zeitgenossen umso mehr mit Empörung über die schmachvolle Gegenwart.


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