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21.03.09 / Erhebung der Mittelschicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-09 vom 21. März 2009

Erhebung der Mittelschicht
von Rebecca Bellano

Als Sieg für diejenigen, die für die Unabhängigkeit des Rechtswesens gekämpft haben, und als ersten Fall in der Geschichte Pakistans, daß eine von der Mittelklasse ausgehende Bewegung erfolgreich war, feierte der Anführer der Bewegung der Juristen, Tariq Mehmud, das Einlenken der pakistanischen Regierung. Jeder Erfolg der pakistanischen Mittelschicht kann auch die gerade einmal sechs bis sieben Flugstunden entfernten Deutschen hoffen lassen, daß das Land doch nicht dem Druck der Islamisten und machtgieriger Parteichefs nachgibt und zum neuen Krisenherd wird. Nicht nur, daß deutsche Soldaten im Nachbarland Afghanistan stationiert sind. Auch die Tatsache, daß Pakistan eine Atommacht ist, sollte in Berlin dafür sorgen, daß man dessen weitere Entwicklung fest im Blick behält.

Washington behielt natürlich das Land nicht nur im Blick, sondern mischte − trotz großer eigener Probleme − auch in der aktuellen Krise massiv mit. Derzeit wirkt es, als ob der Druck, den US-Außenministerin Hillary Clinton auf die pakistanische Regierung ausgeübt hat, die richtigen gestärkt habe, doch es kann auch ganz anders kommen. Durch die Wiedereinsetzung des von seinem Vorgänger Pervez Musharaf seines Amtes enthobenen Richters Chaudhry wird der sowieso schon schwache Präsident Asif Ali Zardari weiter geschwächt. Der inzwischen sogar in seiner eigenen Partei umstrittene Politiker − mit Informationsministerin Sherry Rehmann, einer Vertrauten seiner verstorbenen Frau Benazir Bhutto, verließ nun der dritte Minister seine Regierung − verliert massiv an Rückhalt in der Bevölkerung. Vor allem die Mittelklasse unterstützte ihn bisher, doch die hat er extrem enttäuscht, als er den radikalen Islamisten im Nordwesten des Landes das Swat-Tal, Pakistans beliebtes Ski-Gebiet, überließ und ihnen im Gegenzug für einen Waffenstillstand die Einführung der Scharia erlaubte.

Die Unterschicht des Landes votiert bereits jetzt mehrheitlich für den durch Zardaris Druck all seiner Ämter enthobenen Oppositionsführer Nawaz Sharif. Dieser hat, indem er sich an die Spitze der Chaudhry-Anhänger stellte, auch in der Mittelschicht an Zustimmung gewonnen. Doch beide, Zardari wie Sharif, sind wenig seriös. Weder den einen noch den anderen möchte man als Machthaber in einem Land mit Atomwaffen sehen. Beide sind bisher eher durch Korruption als durch Fähigkeiten aufgefallen, und auch wenn der Chef der Muslimliga Sharif in der britischen Zeitung „The Guardian“ Zardaris Regierungssystem zu Recht als „demokratische Diktatur“ bezeichnet, so ist doch zu bezweifeln, daß er anders regieren würde, wenn er denn an der Macht wäre. Da wundert es wenig, daß die von Wirtschaftskrise und Islamisten bedrohte pakistanische Mittelschicht all ihre Hoffnungen auf einen als unbestechlich geltenden Richter setzt. Auch die Tatsache, daß die in Pakistan starke Armee, die bereits mehrfach Konflikte durch Putsch „gelöst“ hat, derzeit ihre Soldaten in den Kasernen beläßt, ist ein Zeichen dafür, daß sie weder dem einen noch dem anderen die Führung des Landes zutraut.

Foto: Die pakistanische Mittelschicht demonstriert: Anwälte und Bürgerrechtler gingen in allen großen Städten des Landes auf die Straße und riskierten, verhaftet zu werden.


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