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28.03.09 / Als Giftmischerin verurteilt / Holländische Autorin arbeitet einen Justizfall des Jahres 1767 auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-09 vom 28. März 2009

Als Giftmischerin verurteilt
Holländische Autorin arbeitet einen Justizfall des Jahres 1767 auf

Ein Mord ist geschehen in dem Dorf Doldersum. Der junge Bauer Jan Albers war mit Krämpfen zusammengebrochen, nachdem er seinen abendlichen Brei verzehrt hatte. Stunden später starb er unter Qualen vor dem Haus seiner Mutter, wohin er sich geschleppt hatte, da Elsjen, seine Frau, sich geweigert hatte, ihm in seiner Not beizustehen. Sofort fällt der Verdacht des Giftmords auf Elsjen, da diese merkwürdig teilnahmslos wirkte, als man sie schließlich fand. Sie wird in das Gefängnis des Landschaftshauses von Assen gesperrt. Auf diesen Justizfall aus dem Jahr 1767 wurde die holländische Autorin Janne Ijmker durch einen Zeitungsbericht aufmerksam, in dem über die Ausgrabung des ehemaligen Galgenfelds von Assen berichtet wurde. In diesem Zusammenhang wurde Elsjens Name genannt. Janne Ijmkers beschäftigte sich daraufhin intensiv mit den Prozeßakten im Drenther Archiv in Assen, und allmählich wurde ihr der Hintergrund des Geschehens klar. „38 Nächte“ heißt die deutsche Ausgabe ihres historischen Romans über Elsjens Leben. Es ist der Autorin gelungen, unter Einbeziehung historischer Gegebenheiten eine fesselnde und gleichzeitig herzbewegende Geschichte zu erzählen, die authentisch wirkt.

In der Wirtsstube von Doldersum verhört der Landschreiber Nachbarn, Verwandte und Freunde von Jan und Elsjen. Sie alle können das Geschehen nicht begreifen und bezeichnen Elsjen als eine freundliche und hilfsbereite Person. Doch welche Gefühle trug die junge Frau, die sich als unschuldig bezeichnet, insgeheim mit sich herum? In der Einsamkeit ihres Kerkers liest sie in der Bibel und vergleicht sich in ihrer Verzweiflung über die Trennung von ihren beiden kleinen Kindern mit der biblischen Gestalt Hiob. Allmählich jedoch gelangt sie zur Einsicht, daß dieser Vergleich nicht statthaft ist.

Viele Jahre lang hatte Otie, Elsjens Großmutter, den Vollbauernhof der Familie mit eiserner Hand geführt, nachdem Elsjens Vater, der Hofbesitzer, frühzeitig gestorben war. Das kleine Mädchen und die beiden älteren Brüder und hatten seitdem hart mitarbeiten müssen. Mit ihren fest gefügten Vorstellungen und ihrem strengen Gottesbild ließ Otie niemandem in der Familie Raum zur Entfaltung. Gemäß Oties letztem Willen verehelichten sich Elsjen und ihr Bruder Luit mit Jan und Hendrikje, den Erben eines anderen Vollhofes. So blieb der Besitz beider Höfe ohne Schuldverschreibungen erhalten, da sich Barteld, Elsjens Lieblingsbruder, gleichzeitig zur Ehelosigkeit verpflichtete. Damit verzichtete er auf die Auszahlung seines Erbteils. Der Plan war geschickt eingefädelt, doch er ging nicht auf. Elsjen kam nicht über ihre Liebe zu dem Kätner und Schäfer Leffert hinweg, dessen Werben sie hatte abweisen müssen. Streit kehrte ein auf dem Hof, zumal sich der neue Besitzer und sein Schwager nicht vertrugen.

Die Autorin entwirft das Bild eines von klein auf fremdbestimmten Menschen in einer Dorfgemeinschaft des 18. Jahrhunderts. Gleichzeitig erzählt sie von den Sorgen der Menschen über die häufig grassierende Viehpest und von der ländlichen Erweckungsbewegung dieser Zeit. Erst in der Kerkerhaft beginnt die junge Frau, über den schicksalhaften Verlauf ihres Lebens nachzudenken. Dabei hilft ihr die mütterliche Aufwartefrau Janna durch Gespräche und tröstende Zuwendung. Von ihr erfährt die Inhaftierte schließlich auch, daß sie aller Voraussicht nach zum Tode verurteilt werden wird. Es ist ein Buch, das nachdenklich und auch traurig stimmt, den Leser aber dennoch nicht ohne eine hoffnungsvolle Botschaft zurückläßt.      Dagmar Jestrzemski

Janne Ijmker: „38 Nächte – Die Geschichte von Elsjen“, Brunnen Verlag, Gießen 2008, geb., 239 Seiten, 14,95 Euro


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