© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-09 vom 28. März 2009
Die Pflichtbewußten
Angeritten kommt die Meute
aus der ganzen weiten Welt
auf der Jagd nach geiler Beute,
wie’s dem Publikum gefällt.
Viel zu knipsen und zu drehen
gibt’s beim Bilderschützenfest:
auf dem Speisezettel stehen
Mord, Versklavung und Inzest!
Dann ist schon die erste Hürde:
Gar nicht alle dürfen rein −
manche tragen dies mit Würde,
andre finden’s hundsgemein.
Doch Befriedigung vermissen
selbst die drinnen im Gericht,
denn das Monster hält verbissen
einen Ordner vorm Gesicht.
Außerdem ist’s Altbekanntes,
was der Staatsanwalt verliest,
nichts Geheimes und Brisantes −
also ehrlich, das verdrießt.
Und noch vor den Einvernahmen
− sowas macht erst recht verzagt −
werden alle, die da kamen
wieder aus dem Haus gejagt!
Folglich heißt’s, vorm Tor zu lauern:
Wer geht rein? Ein Opfer gar?
Ist ja wirklich zu bedauern −
wie nur solches möglich war!
Und so harrt man lange Tage −
schrecklich kalt ist ’s auch im Zelt,
wo als Trost in trister Lage
Würstchen man und Bier erhält.
Dann das Urteil und die Wende:
Glücklich wird der Wunsch erfüllt,
daß der Delinquent am Ende
nicht mehr sein Gesicht verhüllt!
Weiter zieht die Karawane −
eine Trauerfeier steht
gleich in Schwaben auf dem Plane,
und man ist doch so diskret ...
Pannonicus
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