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04.04.09 / Schlimmer als der Krieg / Die Geschichte der Spanischen Grippe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-09 vom 04. April 2009

Schlimmer als der Krieg
Die Geschichte der Spanischen Grippe

Sie schwächte die Menschen fast mehr als der sich dem Ende zuneigende Erste Weltkrieg: die Spanische Grippe. Wilfried Witte erinnert in „Tollkirschen und Quarantäne – Die Geschichte der Spanischen Grippe“ an die Grippe-Epidemie, die in den Jahren 1918 bis 1920 weltweit  bis zu 50 Millionen Menschen dahinraffte. Allein im Deutschen Reich starben 300000 Einwohner an dem keineswegs aus Spanien kommenden Erreger, wie der Autor, Anästhesist im Berliner Benjamin-Franklin-Klinikum, anführt. Wie viele Menschen starben, ist heute schwer nachzuvollziehen, da beispielsweise für das Riesenreich China keinerlei Daten vorliegen und in Afrika ganze Dörfer dahingerafft wurden, so daß es keine Zeugen gab, die von dem Ende berichten konnten.

Am Anfang seiner Ausführungen geht der Verfasser diverser Artikel zur Medizingeschichte auf die verschiedenen Wellen der Spanischen Grippe ein. Diese erhielt ihren Namen, weil der spanische Monarch als einer der ersten prominenten Erkrankten die Grippe in die Medien brachte. Dabei war die erste Grippe-Welle keineswegs so tödlich wie die zweite. Außerdem erwischte die Krankheit die Menschen regional unterschiedlich schwer.

Witte führt an, wie unterschiedlich die Ratschläge der Ärzte und Zeitungen, wie auf die Grippe zu reagieren sei, waren. Aderlässe, Blutegel oder Schutzmasken − die Vorschläge offenbarten meist die Hilflosigkeit der Mediziner weltweit.

Und noch heute stellt die Spanische Grippe die Forscher vor Rätsel. In den 90er Jahren wurden im Permafrost von Alaska konservierte Grippe-Opfer exhumiert und untersucht, doch neue Erkenntnisse blieben aus.

Leider überzeugt Wilfried Witte mit dem vorliegenden Buch nicht. Es erinnert zu sehr an eine Examensarbeit eines Studenten, der sich den Punkten Ausbreitung der Grippe, Folgewirkungen und Forschungsstand angenommen hat, ohne jedoch dem Leser die tiefe Bedeutung der Krankheit für die Menschen gegen Ende des Ersten Weltkrieges näherbringen zu können. Außerdem stört es, daß beispielsweise ein für dieses Thema so relevanter Begriff wie „Pandemie“ erst gegen Ende des Buches erklärt wird.

Wer sich intensiver mit der Spanische Grippe auseinandersetzen will, dem ist der gut recherchierte, leider zu Beginn etwas schwergängige Roman „Die Stadt am Ende der Welt“ von Thomas Mullen zu empfehlen.           Rebecca Bellano

Wilfried Witte: „Tollkirschen und Quarantäne – Die Geschichte der Spanischen Grippe“, Wagenbach, Berlin 2008, geb., 124 Seiten 16,90 Euro


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